Den Doktor abschaffen?

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Die Debatte um die Titelgaunereien einiger (wenn nicht gar vieler, wir werden sehen) Politiker[1] habt ihr sicher mitbekommen, das Thema hat es gestern sogar in eine dieser Quatschsendungen geschafft. Florian diskutiert bei sich im Blog inzwischen sogar die ganz radikale Lösung, nämlich den Doktortitel[2] gleich ganz abzuschaffen.

Die Überlegung die dahinter steht, finde ich absolut richtig. Das hat gar nicht mal nur etwas mit den Plagiaten zu tun, sondern mit dem Doktor an sich. Das ganze Bohei um die zwei Buchstaben vor dem Namen ist inzwischen zu einer echten Belastung für die Wissenschaft geworden.

Das Schindluder, das aus Karrieregründen mit diesem akademischen Grad getrieben wird, fällt gleich in Doppelter Weise auf die Wissenschaft zurück – einerseits in Form des Ansehensverlust, der mit diesen dauernden Fällen wissenschaftlicher Fälschung einhergeht, und der sicher keineswegs unberechtigt ist. Andererseits aber auch in Form von haufenweise Knallköpfen, die bis zum bitteren Dissertationsende die wissenschaftliche Ausbildung verstopfen, obwohl sie an Wissenschaft nicht das geringste Interesse haben. Die nämlich verschlechtern die Bedingungen für alle Studenten mit echtem Interesse am Fach und nehmen begabteren oder auch nur motivierteren Bewerbern sogar Studienplätze weg. Die Profilneurose von Leuten wie Guttenberg oder Koch-Mehrin entzieht der Wissenschaft knappe Ressourcen.

Die Strukturen innerhalb der Wissenschaft zu ändern, weil es in der weiteren Gesellschaft ein Problem gibt, ist natürlich selbst wieder etwas unglücklich. Die Karrieredoktorenschwemme muss man wohl als Nebeneffekt des allgemeinen Universitätszugangs hinnehmen. Bei weitem nicht jeder, der nach dem Abschluss der Forschung den Rücken kehrt, hatte das am Anfang des Studiums auch vor und umgekehrt.

Dagegen wäre es wohl sinnvoll, akademisches Plagiat schlicht zur Straftat erklären und dafür sorgen, dass die Täter ihre Unredlichkeit bitter bereuen. Da bin ich sogar sehr für. Musik- und Filmindustrie versuchen schließlich auch mit unverhältnismäßig hohen Strafen für Filesharer einen Abschreckungseffekt zu erzielen, ohne dass Politiker das anrüchig finden. Da sehe ich nicht warum man nicht bei, sagen wir, Koch-Mehrin ausrechnet, wie viel ihre Ausbildung wohl gekostet hat (wie man diese Zahlen hochtreibt kann man sich ja bei der Musikindustrie angucken) und die volle Summe wieder zurückfordert oder dergleichen.

Aber ich finde, man sollte darüber hinaus mal über den Doktortitel, seinen Stellenwert und das Promotionsverfahren allgemein nachdenken. Die Zeiten, zu denen die Doktoranden ihrem Prof am Wochenende den Garten umgraben mussten, sind zwar vorbei, aber natürlich sind derlei Frondienste nach wie vor häufig. nur dass es heute wissenschaftsnahe Aufgaben sind, die Professoren ihre Untergebenen nebenher erledigen lassen. Und das Thema mit den Arbeitskreisleitern, die ihre Leute für umsonst schuften lassen und dafür zum Sozialamt schicken, das ging vor einiger Zeit ja auch rum.

Der Grund für derartige Exzesse und für die allgemein schlechten Arbeitsbedingungen bei Jungwissenschaftlern ist das Geflecht aus Hierarchie und Abhängigkeit, das die Wissenschaft bis heute prägt. Und ganz ehrlich, ihr glaubt doch nicht dass der Doktortitel deswegen so begehrt ist, weil so viele Leute damit angeben wollen, dass sie mal wissenschaftlich gearbeitet haben – es geht ganz allein um die überkommene Hierarchie, die der Doktortitel symbolisiert. Und genau diese Hierarchie ist in der Wissenschaft so fehl am Platze wie nirgends sonst. Der Doktortitel ist der Schnittpunkt einer ganzen Latte gesellschaftlicher und wissenschaftlicher Missstände, und deswegen sollte man die Gelegenheit nutzen, ihn mal sorgfältig unter die Lupe zu nehmen.
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[1] Ihr wisst ja, aus dem politischen Lager, in dem alle paar Jahre groß von Werten geschwafelt wird.

[2] Ich weiß, der Doktor ist streng genommen kein Titel. Derlei Haarspaltereien haben aber noch niemanden davon abgehalten, das Ding als Titel zu führen.

7 Kommentare

  1. Zustimmung und Ablehnung

    Die These, Weg mit den Doktoren!, hat jemand doch schon gut eine Woche voor Freistetter auf den SciLogs vertreten. 🙂 Und dieser jemand hat dort auch erklärt, wie das mit dem “Titel” ist.

    Ich verstehe aber nicht, was du damit meinst, jemanden davon abzuhalten, das “Ding als Titel zu führen”. Den akademischen Grad eines Doktors kannst du wie jeden anderen, beispielsweise den eines Diplom-Chemikers, auf deinen Briefkopf setzen, auf deine Visitenkarte und wenn du willst auch auf dein Türschild. Wenn dich das glücklich macht, dann kannst du dich so auch am Telefon melden, wenn dich jemand anruft; du hast eben nur keinen Rechtsanspruch darauf (vielleicht mit einigen arbeitsrechtlichen Ausnahmen), dass man dich auch so nennt.

    Eine meiner Thesen ist, dass die Verwirrung über die “Titel” dadurch entsteht, dass man nach Personalausweisgesetz den Doktorgrad als Namenszusatz in den Ausweis eintragen lassen kann. Manche denken fortan, sie hießen jetzt so; aber nicht jeder macht von dieser Möglichkeit Gebrauch.

    Ich kriege inzwischen sogar schon Post an Prof. Schleim. Ich weiß gar nicht, wer das ist. Ich streiche das jedenfalls jedes Mal durch. Die Leute, die das schreiben, wollen sich doch nur einschleimen. 🙂

    Im Übrigen stimme ich deinem Beitrag voll und ganz zu. Eine ausgefuchste Kommentatorin hat in meinem Beitrag allerdings das Argument gebracht, man brauche den Doktorgrad, um Menschen trotz der schlechten Arbeitsbedingungen zum Promovieren zu motivieren. Alles klar, Problem gelöst.

  2. @Stephan

    Stimmt. Ich bin die letzte Woche nicht so richtig dazu gekommen, hier mitzulesen.

    Mit “als Titel führen” meine ich gar nicht so sehr irgend eine formale Benutzung sondern den Umstand dass – wie im Artikel geschrieben – der Doktor genutzt wird um eine gesellschaftliche Hierarchie zu simulieren.

    @Anton Maier
    Das bist du von mir gar nicht gewohnt, wie? :-p

  3. Einfach Abschaffen.

    Natürlich kann man den Doktorgrad[1] abschaffen, weil einige wenige damit Schmu getrieben haben. Genauso sollte man das Autofahren verbieten, oder Autos und LKW, wenn man [2,3] sieht. Und Küchen[4], natürlich. Andererseits: Wenn mal wieder ein AKW durchglüht, ist das nicht sooo schlimm, und wenn [5] passiert, kümmert sich auch niemand drum (ausser @Fischblog).

    Der Doktorgrad ist eine materialisierte Anerkennung eigenständiger wissenschaftlicher Leistung. Und der Respekt, der einem Träger dieses Grades entgegengebracht wird, beruht auf dieser Leistung.

    Wenn man mit Adels- und Amtstiteln und mit Graden so skurril umgeht, wie das zum Beispiel unseren Österreichischen Nachbarn gerne nachgesagt wird, ist das wohl kaum der Fehler desjenigen, der den “zweiten Vornamen” trägt, sei es nun ein ererbtes “von und zu Hintermotzingen” oder ein erarbeiteter “Dr. rer. nat.”. Wenn die rohe Karriere so stark davon abhängt, ob man sich mit Zusatzvornamen verziert, dann ist das ein Problem derjenigen, die diese Karriere zulassen und fördern. Sei es durch aktive Handlungen, wie die Ernennung in einen Ministerposten oder in den Aufsichtsrat, oder durch dumm-dämliche, kritikfreie Bewunderung des so Dekorierten.

    Und nicht jeder der nur will, bekommt seinen Doktor[6], selbst, nachdem er eine, sagen wir, gewisse Menge an Arbeit[7] investiert hat. Denn gerade die Professoren (m/w) wissen, daß der Erfolg, und in jedem Fall der Mißerfolg (a la Guttenberg et al.) auf sie zurückfällt. Und auf ihren Lehrstuhl, auf ihr Institut, auf ihre Fakultät und auf ihre Uni. Und auf ihr Fach, und damit auch auf alle diejenigen, die in diesem Fach abgeschloßen haben.

    Denn damit schaden sie ihrem eigenen Anliegen, nämlich Menschen so auszubilden, daß sie in ihrer weiteren Laufbahn mehr Wissen und Fähigkeiten zur Verfügung haben, und diese auch sinnvoll einsetzen können. Und das geht natürlich auch nur dann, wenn man diesen Menschen, gerade den Promovierten, aufgrund ihres Grades auch diese höheren Fähigkeiten zutraut, die sie sich gerade während der Promotion in Zusammenarbeit mit ihren Betreuern angeeignet haben.

    Natürlich können wir jetzt die Promotion restlos abschaffen. Und damit auch einer großen Menge von Menschen die Möglichkeit nehmen, wissenschaftlich zu arbeiten, zum Teil unter erbärmlichen Bedingungen, für die sonst niemand auch nur den Hof kehren würde, und Ergebnisse zu bringen, die die Forschung voran bringen, und sich diesen Erfolg für in die weitere Laufbahn bestätigen zu lassen, sei es in der universitären Forschung, oder in der freien Wirtschaft. Und die Arbeit am Lehrstuhl, Vorlesungen, Seminare, Prüfungen, Praktika, Veröffentlichungen, das macht der Prof ja alleine.

    Und gerade die Fälle der jüngsten Zeit – Guttenberg, Koch-Merin, und Veronika Saß – zeigen, daß man – inzwischen, dank Internet, dank Online-Archiven und Suchmaschinen – bei jedem Plagiatsversuch ernste Gefahr läuft, als Plagiator enttarnt zu werden. Auch, wenn der Betreuer der Diss bereit ist, sämtliche Augen zuzudrücken. Gerade jetzt kommt eher ein Raser am Bielefelder Berg ungeschoren davon, als daß ein titelgeiler Hochstapler langfristig seine Karriere macht.

    Gerade jetzt stehen die Chancen hervorragend, daß der Doktorgrad auch in den Schmuddelbuden wieder zu dem wird, was er eigentlich sein soll. Und währenddessen wird weiter geglüht, gerast, totgefahren, gemordet und manipuliert.

    [1] Ja, jetzt haben wir das Haar ja doch erfolgreich gespaltet.
    [2] http://www.kanzlei-hoenig.info/es-lohnt-sich
    [3] http://themen.t-online.de/news/verkehrsunfaelle
    [4] http://www.merkur-online.de/…aft-mm-1111625.html
    [5] http://www.wissenslogs.de/…g.-heute-ghostwriting
    [6] http://www.danisch.de/…adele-und-die-fledermaus/
    [7] http://danisch.de/dok/Dissertation.pdf

  4. Was ist die Alternative?

    Einerseits kann ich ja verstehen, wenn man das Hierarchie-Gehabe abschaffen will. Aber sollte man deshalb wirklich die Doktorarbeit abschaffen und vor allem was ist die Alternative?

    Die Promotion soll doch die Möglichkeit bieten, erstmals ein größeres wissenschaftliches Thema eigenständig zu bearbeiten. Dabei sollte der Betreuer beratend zur Seite stehen und den Doktoranden als Lernenden ansehen – und nicht als billige Arbeitskraft.

    Leider ist aber gerade letzteres inzwischen die Regel. Dazu kommt, dass die Bedeutung von wissenschaftlichen Publikationen gestiegen ist, sowohl für den Betreuer, als auch für den Doktoranden. Damit stehen beide unter einem deutlichen Druck, zumindest ein (möglichst gutes) Paper zu bekommen.

    Solche Veröffentlichungen sind für den Doktoranden wichtig, um sich nach der Promoton um eine neue Stelle zu bewerben. Aber noch viel wichtiger sind sie für den Betreuer – um Geldmittel einzuwerbeben und die weitere Forschung zu finanzieren.

    Die Geldknappheit der Arbeitsgruppen und der zumindest offizielle Ausbildungscharakter sind doch die wesentlichen Gründe, warum man Doktoranden in chemischen und biomedizinischen Bereich mit einer halben Stelle für mehr als volle Arbeit abspeisen kann, während sie den Großteil der (praktischen) Forschungstätigkeit ausführen.

    Würde man Doktorarbeiten komplett abschaffen, müsste man dennoch Leute dafür bezahlen, dass sie Forschung machen. Diese ließen sich dann aber nicht mit halben Stellen abspeisen, so dass man mehr Geld aufwenden müsste bzw. weniger Leute in der Forschung hätte. Ob das im Sinne der akademischen Forschung ist, würde ich bezweifeln…

  5. der Betrug mit dem Dr.titel

    16 Tausend Doktortitel wurde Letzen Monaten in Saudiarabien Verkauft,Doktortitel heißt beschtechung beziehung, Plagiat handeln,betrug, das soll abgeschafft werden Nummerusklausus Naive Philosophie,Jusistischenoten eine Schikane Noten hat mit intelligent nchts zutun, intelligent Kann man nicht Lernnen Viele intelligente menschen haben Schlechte Noten,auch Viele Deutsche Politiker

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