Zeitreise nach 1911 – Die Welt vor 100 Jahren

BLOG: Einsteins Kosmos

Vom expandierenden Universum bis zum Schwarzen Loch
Einsteins Kosmos

Nachdem ich einen spekulativen Blick 100 Jahre in die Zukunft gewagt hatte, möchte ich unsere Gegenwart des Jahres 2011 nun der Vergangenheit von vor 100 Jahren gegenüberstellen. Wie war das Leben um 1911? Was wusste ein Zeitgenosse aus dem Jahr 1911 von der Welt und wie bewegte er sich darin?

Politik
Die Welt stand am Abgrund. 1911, das war kurz vor dem 1. Weltkrieg, der 1914 ausbrach. Verschiedene Mächte der Welt waren auf Konfrontationskurs und kämpften schließlich um die Vormachtstellung. Rückblickend betrachtet war 1911 ein Jahr in einer Zeit des Umbruchs, aus der viele neue Staaten hervorgingen. Wie war die politische Großwetterlage?

Nun, die USA waren bereits entdeckt (1492), für unabhängig (1776) und für vom “Wilden Westen” befreit (1890) erklärt worden. Das Attentat auf US-Präsident Abraham Lincoln lag schon 46 Jahre zurück. Die USA erfreuten sich größter Zuwanderungszahlen, die dank großer Dampfschiffe vor allem aus Europa eingeschippert wurden. Am 06.02.1911 kam der spätere Schauspieler und US-Präsident der 1980er Jahre, Ronald Reagan, auf die Welt.

In Deutschland herrschte der letzte Kaiser, Wilhelm II. (übrigens ein Enkel der britischen Queen Victoria), in einer Staatsform, die konstitutionelle Monarchie genannt wird. Diese durch eine Verfassung eingeschränkte Monarchie läutete den Übergang in die heutige Bundesrepublik Deutschland ein. Nach 1918 gab es den Reichstag und den Reichskanzler, die später zu Bundestag und Bundeskanzler wurden. Übrigens dürfen erst seit 1919 auch Frauen wählen gehen – ein weiblicher Kanzler sollte in Deutschland erst im Jahr 2005 möglich werden. Ganz ohne Quote. Nur mit dem Charisma von hängenden Mundwinkeln.

Und sonst in Europa? Großbritannien war die führende Seemacht, die im Zeitalter des Kolonialismus viele Kolonien in Asien und Afrika einheimste. Über die sog. Triple-Entente war das British Empire mit Russland und Frankreich verbunden. Dem gegenüber stand der Block aus Deutschem Reich, Österreich-Ungarn, Königreich Italien und Osmanischem Reich. Deutschland geriet in Konflikt mit Großbritannien, Frankreich und Russland.

Als Auslöser des 1. Weltkriegs wird das “Attentat von Sarajevo” am 28.06.1914 angesehen, bei dem der österreichisch-ungarische Thronfolger Franz Ferdinand und seine Gattin von serbischen Aktivisten ermordet wurden, Aktivisten, die dem serbischen Geheimbund “Schwarze Hand” nahe standen. In der Konsequenz stand der Gegenschlag von Österreich-Ungarn gegen das Königreich Serbien und über die zahlreichen Bündnisverflechtungen die Einschaltung von Deutschland und Russland bis zur weltweiten Auseinandersetzung.

Und im fernen Osten? Zum Jahresende 1911 führten Aufstände zum Ende des Kaiserreichs China und zur Gründung der Republik China am 01.01.1912. Noch ein Kaiser, der gehen musste.

Klima
Die Worte “Treibhauseffekt”, “CO2” oder “Ozon-Loch” gab es 1911 natürlich noch nicht. Obwohl – CO2 müsste man gekannt haben, denn Kohlendioxid wurde 1754 entdeckt; sogar flüssiges und festes Ze-o-Zwo kannte man schon vor 1911.

Die Luft war also trotz Industrialisierung noch weitgehend rein. Vorhandene Energiequellen waren Dampfkraft, Wasserkraft (Wassermühlen) und Windkraft (Windmühlen). Sprüche wie “Atomkraft, nein Danke!” und Sitzblockaden gegen Castor-Transporte waren noch Zukunftsmusik. 1911 machte das Weltklima den Menschen noch keine Sorgen.

Energie
Die Kraftwerke um die Wende des 19. zum 20. Jahrhunderts hatten im wesentlichen Dampfkessel, in denen Wasserdampf durch die Verbrennung konventioneller Treibstoffe wie Kohle, Öl oder Erdgas erzeugt wurde. Der Dampf trieb eine Turbine an, aus deren Drehung elektrischer Strom erzeugt werden konnte.

Elektrischer Strom wurde schon im 19. Jahrhundert entdeckt und erforscht. Einen Durchbruch im physikalischen Verständnis der Elektrizität und des Magnetismus markiert die Formulierung der klassischen Elektrodynamik in den 1860er Jahren durch James Clerk Maxwell.

Die Elektrifizierung startete dann bald um 1880 und bereits 1913 gab es 4040 Elektrizitätswerke in Deutschland, wobei damals ein E-Werk eine Leistung von 2.100 Megawatt hatte. Übrigens hatte nicht der US-Amerikaner Thomas A. Edison (1847 – 1931) die Glühbirne erfunden, denn vor ihm war das der Brite Joseph W. Swan (1828 – 1914) – aber Edison erfand diejenige, die praktisch von besserem Nutzen war. Schließlich verbündeten sich die beiden Genies, und so gründeten Edison und Swan Ende des 19. Jahrhunderts gemeinsam eine Firma.

Seit 1890 führten Antoine Henri Bequerel und die das Ehepaar Curie Experimente mit Radioaktivität durch und entdeckten somit die Kernenergie, die seit den 1930er Jahren militärisch und zivil eingesetzt wurde. Die Freisetzung von Energie aus der Kernfusion, die das Zentrum der Sonne heizt, fand erst 1952 mit der Zündung der ersten Wasserstoffbombe statt.

Das Geheimnis der Kernfusion sowie der Ursprung der leichten chemischen Elemente waren 1911 noch nicht verstanden. Erst 1948 veröffentlichten Alpher, Bethe und Gamow ein Papier dazu, wobei Bethes Autorenschaft von den anderen beiden hinzugedichtet wurde. Der Gag eines papers von “Alpha, Beta und Gamma” war zu verführerisch.

Gesellschaft
Laut Statistischem Bundesamt lag die Lebenserwartung im Jahr 1910/11 bei Jungen bei 47 und bei Mädchen bei 51 Jahren. Und heute? Tja, leben wir gut 30 Jahre länger und werden 78 (Jungen) bzw. 83 Jahre (Mädchen) alt – mit allen Konsequenzen für die Alterspyramide, den Generationenvertrag und unser Rentensystem. Diese “Explosion hin zum Älterwerden” erstaunt zunächst sehr, aber ich kann mir vorstellen, dass er vor allem durch große Entdeckungen, wie dem Bakterien tötenden Penizillin (1928) in der Medizin zu erklären ist. Vielleicht gibt es dazu ein paar Dissertationsplagiate.

Es verwundert nicht, dass im Jahr 1911 der Begriff “Arschgeweih” bzw. “Schlampenstempel” nur Schulterzucken auslöste.

Medizin
Was war überhaupt der Stand der Medizin um 1911? Kurios: Die erste Herztransplantation fand bereits vorher statt, und zwar 1905 in Wien, allerdings an einem Hund (man munkelt, dass aus diesem “heart dog” viel später der weltberühmte “hot dog” wurde). Die erfolgreiche Herztransplantation am Menschen gelang erst 1967 – nicht in den USA, nicht in Europa, nein, in Kapstadt. “Erfolgreich” ist hier ein sehr dehnbarer Begriff, weil der Patient 18 Tage später an einer Lungenentzündung verstarb.

Seuchen wie die Pest beherrschten Europa im Mittelalter. Die letzte Pestepidemie in Europa datiert auf das 18. Jahrhundert. Im Winter 1910/11 traf eine Lungenpestepidemie die Mandschurei, also China, und forderte ca. 60.000 Menschenleben. So flammte die “Geißel der Menschheit” in der Neuzeit wieder auf.

Sieben Jahre nach 1911, nämlich 1918-1929, hielt eine neue Pandemie die Welt in Atem: die Spanische Grippe, die eine besonders tödliche Form des Influenzavirus hervorbrachte. Experten schätzen, dass sie weltweit mindestens 25 Millionen Todesopfer forderte – damals war das 1% der Menschheit!

Die Menschen in Deutschland hielten im Jahr 1911 sehr viel vom Lebensziel, eine monogame Partnerschaft zu führen und eine Familie zu gründen. Im Vergleich zu 2011 waren die Familien recht kinderreich, ein Umstand, der sicher auch an der hohen Kindersterblichkeit lag. Kein schönes Thema, aber reden wir ‘mal Tacheles und staunen retrospektiv: Im Mittelalter wurde nur knapp die Hälfte der Kinder älter als 14 Jahre alt – damals war die Pubertät wirklich tödlich und heute fühlt sie sich nur noch so an. Im Jahr 1870 betrug die Kindersterblichkeit in Deutschland 250 pro 1000 Lebendgeburten; 1910 waren es 160 von 1000, im Jahr 1970 schon nur noch 25 von 1000 und im Jahr 2006 nur 3,8 pro 1000. Was uns Menschen der Moderne zu denken geben sollte: Im afrikanischen Angola liegt die Kindersterblichkeit auch heute noch bei 180 (Daten von 2008; CIA Word Factbook), also so wie in Deutschland vor 100 Jahren. Die Gründe: Unterernährung, Durchfall, Malaria, Tuberkulose – gar nicht mal so sehr wegen Aids. Die durchschnittliche Lebenserwartung in Angola liegt bei 38,2 Jahren – nicht mal die Hälfte des aktuellen deutschen Werts und noch weit unterhalb des deutschen Werts von 1911 (siehe oben).

“Gentechnik” war 1911 natürlich noch kein Thema, denn sie begann professionell erst in den 1970er Jahren. Das 21. Jahrhundert wird sicherlich im Zeichen der Gentechnik und von BioTech stehen. Der Begriff des “Gens” allerdings stammt witzigerweise genau aus der Zeit um 1911. Die Grundlagen stammen natürlich von Godfather-Mista-Inheritance-himself, Gregor Mendel (1822 – 1884), der schon um 1850 die ersten Erbsen miteinander pimpern ließ. Und Leute, haltet Euch fest: Der Mann war katholischer Priester – nicht auszudenken, was heute los wäre, wäre der Mann Protestant gewesen.

Schöpfer der “Gene” war ein Däne. Der Mann war gut zu Blumen und hörte auf den Namen Wilhelm Johannsen. Johannsen (1857 – 1927; weder verschwistert noch verschwägert mit Scarlett, zumal diese sich hinten mit “son” schreibt) erfand 1909 das Wort “Gen”. Seither müssen wir uns Witze anhören, dass Frauen beispielsweise über das Einkaufen-Gen oder das Denganzentagvielsa-Gen verfügen, Männer hingegen über das Betrü-Gen oder das Gen “Lassen”.

Brustimplantate haben wir erst seit dem späten 20. Jahrhundert? Von wegen! Schon 1895 wurde einer Frau eine Fettgeschwulst in die Brust verpasst, allerdings klappte es seinerzeit noch nicht mit der Durchblutung. Die heftigen Abstoßreaktionen – selbstverständlich die medizinischen und nicht die des Gatten – bekam man seit etwa 1950 in den Griff, als feste Implantate zum Einsatz kamen. Das ebnete den Siegeszug der Silikon-Brust, wie sie besonders schön mit einer roten Rettungsboje anzusehen ist. Ganz sicher war das auch der Wegbereiter für den männlichen Implantat-Hintern, gerne geschmückt mit einem “Hier-geht’s-lang-Arschgeweih”. Übrigens, die gern genommene Alternative zur Brustvergrößerung bei der Frau ist die Handverkleinerung beim Mann.

Zu den Fragen, die die Welt nicht braucht, gehört vielleicht die Frage, ob es 1911 schon eine Krankenversicherung gab. Wie man sich vage an den schulischen Geschichtsunterricht erinnern mag, führte der gute, alte Bismarck die Sozialversicherungsgesetze in Deutschland schon ab 1883 ein. In der Tat wurde 1911 dieser Versicherungsschutz ausgebaut und vom Deutschen Reich gesetzlich verankert. Dass man sich hundert Jahre später mit einer Zwei-Klassen-Versorgung in “gesetzlich” und “privat” herumärgern muss, hatte sicherlich der gute, alte Bismarck nicht voraussehen können.

Unterhaltung & Trivia
Zum Spocht: Im Januar 1911 fand erstmals die Rallye Monte Carlo mit Ziel Monaco statt.

Mode: Während vor 1911 frau noch im Kleid oder im Rock rockte, bekamen die Frauen 1911 ihre Hose. Rockhosen waren damals sehr weit und bodenlang. Seit 1911 haben die Frauen also die Hosen an und geben sie auch 2011 dank Alice Schwarzer & Co. nicht mehr her.

Wie war das mit Radio und TV um 1911? Nix. “Elektronische Unterhaltungsindustrie” war noch ein zusammengesetztes Fremdwort. Der öffentliche Rundfunk startete in Deutschland zwölf Jahre später, also 1923. Und Fernsehen wurde erst seit 1935 ausgestrahlt. 1907 gelang dem Russen Boris Rosing allerdings die erste Übertragung eines Fernsehbildes, was er patentierte. Beides setzten die Nazis erfolgreich für ihre Propaganda ein: seit 1933 mit dem für jedermann erwerbbaren “Volksempfänger” und bei den Olympischen Spielen 1936 in Berlin, die per Rundfunk im Fernsehen erstmals übertragen wurden. Ein sprachliches Schmankerl: “Public Viewing” hieß damals in Berlin noch “Großbildstelle”. Ich war zwar nicht dabei, aber wer lesen kann, ist im Vorteil.

Fußball und Fußballmeisterschaften gab es selbstverständlich schon. Fußball trat schon seit Mitte des 19. Jahrhunderts seinen Siegeszug von England aus an. 1911 war die FIFA gerade mal sieben Jahre alt. Tatsächlich dauerte es dann bis 1930, bis die erste Fußball-WM in Uruguay stattfand. Zuvor fanden die Turniere zusammengelegt mit den Olympischen Spielen statt.

Auch die Tour de France war 1911 mit acht Jahren eine junge Veranstaltung. 1911 ging es erstmals in die Alpen. Sehr interessant ist übrigens, dass die Durchschnittsgeschwindigkeit der Tour-de-France-Sieger seit etwa 1930 recht kontinuierlich nach oben kletterte: 1911 waren es noch schleppende 27 km/h und 2006 flotte 42 km/h – ein übler Verdacht, wenn man dabei an Doping denkt.

Kleine Lokalnachricht: In München wurde 1911 der Tierpark Hellabrunn eröffnet, eine Geschichte, bei der seither vor allem die Kids tierisch viel Spaß haben.

Technologie
1911 gab es noch keine Computer. Konrad Zuses Z1 wurde erst viel später, 1938, fertig gestellt, Aber immerhin wurde im indo-germanischen Kulturkreis um 1100 v.Chr. der Abakus, das älteste bekannte Rechenhilfsmittel erfunden. Den gab’s auch noch 1911.

1911 stand das höchste Gebäude der Welt in New York, hieß “Metropolitan Life Tower”, war 213 Meter hoch und hatte 50 Stockwerke.

Robotik gab es 1911 noch nicht, weil der Begriff “Roboter” erst 1920 vom Schriftsteller Karel Capek für einen Androiden erfunden wurde. Zuvor war vielmehr von “Automaten” die Rede. Pioniere waren arabische Ingenieure, die schon ab 1200 erstaunliche, mechanische Apparaturen entwarfen. Sie inspirierten sogar den berühmten Leonardo da Vinci im 15. Jahrhundert zu seinen Androidenskizzen.

Die mithilfe der Lichtmikroskopie erfassbare Mikrowelt lag Anfang des 20. Jahrhunderts bei wenigen Zehntel Mikrometern. Etwa zur gleichen Zeit wurde die Quantenphysik erfunden – oder wurde sie entdeckt? Dazu mehr später.

Das damals größte Teleskop der Welt war ab 1845 das irische Leviathan-Teleskop (Spiegeldurchmesser 2 m), was aber schon vor 1911 für ein Londoner Museum abgebaut wurde. Leviathan wurde 1917 vom 100-Zöller (2,5 m) auf dem 1742 Meter hohen Mount Wilson in Kalifornien abgelöst, das seinerseits 30 Jahre lang das größte der Welt war. Der US-amerikanische Astronom Edwin Hubble entdeckte mit diesem Superteleskop im Jahr 1925, dass die Andromeda-Galaxie eine eigenständige Galaxie außerhalb der Milchstraße ist. So begründete er die Extragalaktik.

Und sonst? Viel Entdeckergeist. Der Norweger Roald Amundsen erreichte am 14.12.1911 mit vier Begleitern als erste Menschen den Südpol. Wenn der gewusst hätte, dass es dort verdammt kalt, weiß und öde ist…

Verkehr
Nach den sog. Dampfwagen des 18./19 Jahrhunderts erfand Carl Benz den ersten Motorwagen 1885 in Mannheim, den er auch gleich zum Patent anmeldete. Damit begann die bis heute andauernde Erfolgsgeschichte der selbstbestimmten Mobilität mit einem Automobil. Früher hießen sie Auto-Mobile, weil sie “von selbst fahren” – heute heißen sie Auto-Mobile, weil sie “selbst fahren, obwohl schon so viel E10 im Tank ist”.

Grob geschätzt gab es um 1911 nur ein paar tausend Autos in Deutschland; 1975 waren es schon 20 Millionen und im Jahr 2005 46 Millionen Autos, d.h. heute hat mehr als jeder zweite Deutsche ein Auto. Ein netter Zufall: Seit etwa 1911 wurde bei Daimler der typisch deutsche “Mercedes-Stern” zum Erkennungszeichen (den Markennamen Mercedes-Benz gibt es erst seit 1926).

Dampflokomotiven gab es schon lange – in Deutschland fuhr die erste schon 1816, allerdings ging die Stückzahl erst Anfang des 20. Jahrhunderts in die tausende. Die Lokomotive mit Elektroantrieb wurde von Werner von Siemens 1879 erfunden; seit 1900 gab es dann auch solche mit Otto- oder Dieselmotor. Die letzten Dampflokomotiven “im regulären Dienst” fuhren in Deutschland in den 1970er Jahren.

Flugverkehr: Die Zeit der Flugpioniere lag 1911 noch gar nicht so lange zurück. Otto von Lilienthal (1848 – 1896) führte die ersten erfolgreichen Gleitflüge durch; Clement Ader gelang der erste (ungesteuerte, 50m weite) Motorflug 1890. Die berühmten Gebrüder Wright vollführten den ersten gesteuerten Motorflug im Jahr 1903. Der Ärmelkanal wurde im Juli 1909 erstmals von Louis Blériot in einem 37-Minuten-Flug überquert. Im April 1911 fliegt Pierre Prier als erster Mensch von London in das ca. 400 km entfernte Paris. 1911 war die Geburtsstunde des Luftkrieges, als ein italienischer Pilot ein türkisches Militärlager aufklärte und auch mit Bomben angriff. Es ist ja bekannt, dass im 1. Weltkrieg (1914 – 1918) Luftaufklärung und Luftkrieg eine wichtige Rolle spielten.

Schifffahrt (1911 noch mit ff geschrieben): Die berühmte Titanic wird als größtes Schiff der Welt erst im April 1912 in den Dienst gestellt. Sie kann bis zu 2400 Passagiere befördern. Die Titanic sank auf ihrer Jungfernfahrt am 14.04.1912 vor Neufundland.

1911 – das war auch die Zeit, als die Geschichten des französischen Schriftstellers Jules Verne die Welt inspirierten. Berühmt sind “Die Reise zum Mittelpunkt der Erde” (1864), “20.000 Meilen unter dem Meer” (1869/70), “Reise um die Erde in 80 Tagen” (1873) oder “Von der Erde zum Mond” (1873) – Verne war einer der Pioniere der Science Fiction.

Einer derjenigen, die von Jules Vernes Phantasie angeregt wurden, war Konstantin E. Ziolkowski (1857 – 1935). Er schrieb daraufhin selbst Geschichten über die interplanetare Raumfahrt und entdeckte 1903 die Raketengleichung. Sie beschreibt physikalisch den Raketenantrieb durch den Ausstoß von Gasmassen, die ihrerseits aus verbrannten Treibstoffen entstehen. Ziolkowski machte sich auch visionäre Gedanken über Mehrstufenraketen und Raumstationen und war somit der Begründer der modernen Raumfahrt. Bis zur Mondlandung 1969 war es aber noch lange hin.

Kommunikation
Sprache wurde zunächst nicht elektrisch übertragen, und es gab schon im 17. Jahrhundert erste Anstrengungen für rein akustische Übertragungen. Noch im 19. Jahrhundert kamen Sprechrohrleitungen in der Dampfschifffahrt zum Einsatz – kennt man ja, wenn der Kapitän in die Röhre zum Maschinenraum brüllt. Doch schon 1837 erfand der US-Amerikaner Samuel Morse den nach ihm benannten Morsetelegraphen, bei dem die Signale elektrisch übertragen wurden. 1876 brachte Alexander G. Bell das erste Telefon auf den Markt. Um 1911 herum kamen in Deutschland und den USA erstmals die Nummernschalter bei Telefonen zum Einsatz – endlich wählen!

Die mechanischen Vorläufer der CD-Player in Gestalt des Grammophons gab es schon seit 1887. Damals wurde auch der Begriff der “Schallplatte” erfunden. Später wurde dieses Gerät elektrisch und zum (Schall-) Plattenspieler. Dabei kamen Kristalle wie der Saphir zum Einsatz, der über den piezo-elektrischen Effekt mechanische Schwingungen einer Metallnadel in elektrische Spannungen umwandelt, die verstärkt und auf eine Lautsprechermembran geleitet werden, um diese zum wiederum Schwingen zu bringen. Die durch die Membran zum Schwingen angeregte Luft dringt an das menschliche Ohr, et voila, hört man Helge Schneiders “Käsebrot”.

In der Fotografie gab es entscheidende Durchbrüche im 19. Jahrhundert, wie die chemische Fotoentwicklung und das Negativ-Positiv-Verfahren. Die Kleinbildkamera gibt es erst seit 1924, und die winzigen DigiCams mit fünf Megapixels waren natürlich noch Zukunftsmusik.

Wirtschaft
Heute besteht die Weltbevölkerung aus fast 7 Milliarden Menschen – 1911 waren es noch ungefähr 1,75 Milliarden Menschen. Viermal mehr Menschen in nur 100 Jahren. Da kann man schon ein Gefühl dafür bekommen, wie es auf den Kontinenten immer enger wird.

Die moderne Globalisierung gab es noch nicht; zu sehr waren die Mächte noch in ihrem Kolonialdenken verhaftet; zu sehr war man auf die eigene Vormachtstellung in der Welt bedacht, was Konkurrenzdenken förderte. Dies war sicherlich mit ein Auslöser des 1. Weltkriegs, nur drei Jahre nach 1911.

Womit bezahlte man in Deutschland? Die Reichsmark gab es noch nicht, weil sie erst 1924 eingeführt wurde (und 1948 wieder verschwand). Die vorangegangene Papiermark galt von 1919 bis 1923 als Zahlungsmittel. Und noch früher gab es seit der Gründung des Deutschen Reiches 1871, nämlich nach dem gewonnen Krieg gegen die Franzosen, die “Mark” (ab 1914 als “Goldmark ” bezeichnet) bis ins Jahr 1915. Wann der Spruch “Haste ma ne Mark” geprägt wurde, ist nicht überliefert.

Erkenntnisse in Physik und Astronomie
Im Mai 1911 stellte der neuseeländische Physiker Ernest Rutherford sein Atommodell vor, nach dem ein Atom aus Hülle und Kern besteht. Dies war ein Resultat seiner Streuversuche von Alphateilchen an Goldfolien. Damit widerlegte er das Thomsonsche Atommodell, nach dem die Massenverteilung im Atom gleichmäßig sein sollte. Auf Rutherford geht auch die Teilung der Radioaktivität in Alpha-, Beta- und Gammastrahlung zurück, je nachdem, wie die Strahlung in einem Magnetfeld abgelenkt (links, rechts, gar nicht) wurde. Er erfand auch das Wort “Halbwertszeit” und bekam 1908 den Nobelpreis für Chemie.

Im Jahr 1911 fand auch die berühmte Solvay-Konferenz zur “Theorie der Strahlung und Quanten” zum ersten Mal statt. Gesponsert wurde diese Konferenz von dem Unternehmer Ernest Solvay. Dort trafen sich viele berühmte und kompetente Physiker ihrer Zeit: von Max Planck, Ernest Rutherford und Arnold Sommerfeld, über Maurice de Broglie, Marie Curie bis Albert Einstein und Henri Poincaré. Inhaltlicher Schwerpunkt war die Quantenphysik, insbesondere Plancks um die Jahrhundertwende gemachte Entdeckung von der Quantisierung der Wärmestrahlung. 1911, das war eine phantastische Gründerzeit für die bislang erfolgreichsten und berühmtesten, physikalischen Theorien, nämlich der Quantentheorie und der Relativitätstheorie – zu letzterer gleich mehr.

Der niederländische Physiker Heike Kamerlingh Onnes war auch bei der Solvay-Konferenz dabei. Er entdeckte 1911 die Supraleitung, nachdem er 1908 als erster flüssiges Helium, das entsprechende Kühlmittel, hergestellt hatte. Für diese erstaunlichen Entdeckungen gab es 1913 den Nobelpreis für Physik. Was hätte Onnes dazu gesagt, hätte er absehen können, dass etwa 100 Jahre später seine Entdeckung der Supraleitung wichtige Anwendungen in Wissenschaft und Technik findet: vom Supermagneten im LHC, über den Kernspintomographen bis zum Kernfusionsreaktor, der all unsere Energieprobleme lösen könnte?

Der britische Physiker Joseph J. Thomson (1856 – 1940) baute 1911 den ersten Massenspektrographen, ein Gerät zur präzisen Bestimmung der Massen kleinster Teilchen. Heute wird dieses Verfahren in der Medizin, Materialanalyse und sogar Kriminalistik angewandt.

Am 11.01.1911 wird in Berlin die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft e.V. gegründet, aus der später die Max-Planck-Gesellschaft (MPG) hervorgeht. Heute gibt es rund 80 Max-Planck-Institute (MPIs) mit verschiedenen Schwerpunkten aus Natur- und Geisteswissenschaften, die weltweit wichtige Forschungsbeiträge liefern. Vom Charakter her sind die MPIs außeruniversitär.

Am 09.07.1911 kommt der spätere Physiker und Relativitätstheoretiker John Archibald Wheeler auf die Welt. Sein Einfluss auf die Erforschung und Anwendung der Relativitätstheorie – insbesondere nach Einsteins Tod – war immens. Gut bekannt ist Wheeler als das “W” in “MTW”, dem dicksten Buch über “Gravitation” gleichen Titels, das von den Relativisten Misner, Thorne und Wheeler (daher “MTW”) verfasst wurde. Wheeler verstarb 2008.

Am 28.03.1911 kommt der spätere deutsche Physiker und Gründer des Forschungsinstituts “Maier-Leibnitz-Laboratorium” (MLL) in Garching bei München, Heinz-Maier-Leibnitz, auf die Welt.

Marie Curie erhält den Nobelpreis für Chemie; schon 1903 erhielt sie mit ihrem Gatten Pierre Curie den Nobelpreis für Physik für die Erforschung der Radioaktivität – ein Wort, das sie erfunden hatte. So mancher Physiker bekommt nie einen Nobelpreis, und sie bekam gleich zwei – und das als Frau in einer Männerdomäne. Beide bezahlten ihre Pionierarbeiten mit dem Leben, denn sie erforschten ungeschützt die lebensgefährliche Radioaktivität, vor allem des Elements Radium.

Und was waren die 1911 bekannten Planeten im Sonnensystem? Es waren nur acht anstelle von neun, denn Pluto wurde erst 1930 entdeckt. 76 Jahre lang war er dann einer der klassischen Planeten, bis ihm die Internationale Astronomische Union 2006 diesen Status aberkannte und zum “Zwergplaneten” degradierte. Dies geschah vor dem Druck neu entdeckter Himmelskörper jenseits von Pluto, die man sonst hätte zu Planeten machen müssen.

1911 war die “Extragalaktik” noch nicht bekannt. Hubble entdeckte die Andromeda-Galaxie 1925 außerhalb der Milchstraße (siehe oben).

Einsteins berühmte Relativitätstheorie gab es 1911 nur in Gestalt der Speziellen Relativitätstheorie. Allerdings arbeitete er schon jahrelang an deren Verallgemeinerung. Dieser Durchbruch gelang dann erst 1915 mit der Allgemeinen Relativitätstheorie, einer neuen Theorie der Gravitation, die Newtons alte Theorie von der Schwerkraft ablöste. Bis heute ist Einsteins Theorie das Beste was wir haben, um Neutronensterne, Schwarze Löcher, selbst die Dynamik des Universums und das Phänomen Gravitation an sich zu beschreiben.

Teilchenbeschleuniger ist ein vermeintlicher Begriff des ausgehenden 20. Jahrhunderts. Tatsächlich gab es schon 1929 den sog. Van-de-Graaff-Generator, ein Bandgenerator zum Erzeugen extrem hoher, elektrischer Spannnungen. Daraus ging 1930 der Van-de-Graaff-Beschleuniger hervor, der erste Teilchenbeschleuniger überhaupt.

Was war der Stand der Teilchenphysik? Elektronen waren schon bekannt, denn der oben erwähnte J.J. Thomson konnte diese elektrisch negativ geladenen, nicht weiter teilbaren Teilchen 1897 experimentell nachweisen.

Protonen wurden 1898 als Bestandteil von Ionenstrahlen in Gasentladungsröhren entdeckt. Es war der schon erwähnte Rutherford, der 1919 das Proton als Bestandteil des (Wasserstoff-) Atomkerns identifizierte.

Noch länger hat es beim Neutron gedauert, das im Entdeckungsjahr von Pluto (1930), gefunden wurde. Zunächst sprach man von “Berylliumstrahlung”, weil die rätselhafte Strahlungsform bei der Bestrahlung des Elements Beryllium mit Alphateilchen freigesetzt wurde. Rutherfords Schüler James Chadwick war es schließlich, der erkannte, dass die “Berylliumstrahlung” aus Teilchen bestehen musste, die elektrisch neutral, aber ungefähr so schwer wie Protonen sein mussten. Er nannte sie 1932 Neutronen, d.h. sie waren 1911 ebenfalls noch nicht bekannt.

Dass Proton und Neutron aus noch fundamentaleren Teilchen, den Quarks, bestehen könnten, lag damals nicht auf der Hand. Dieses Wissen erarbeitete man sich erst in den 1960er Jahren, und sogar erst 1995 gelang der experimentelle Nachweis des sechsten und schwersten Quarks, dem Top-Quark.

Die Nobelpreise gab es 1911 auch noch nicht so lange, denn die ersten Nobelpreise – zu Ehren des Erfinders Alfred Nobel (1833 – 1896) – wurden erst 1901 verliehen. Nobelpreise gibt es nur in den Kategorien Physik, Chemie, Medizin und Literatur sowie den Friedensnobelpreis. Sie werden nur an lebende Persönlichkeiten verliehen. Der allererste Nobelpreis für Physik ging 1901 an niemand geringerem als Wilhelm Conrad Röntgen für seine Entdeckung der “X-Strahlen”, heute Röntgenstrahlung genannt. Der Nobelpreis für Physik 1911 ging an Wilhelm Wien für die Entdeckung spezieller Gesetze der Wärmestrahlung (“Wiensches Verschiebungsgesetz”), was ebenfalls Thema bei der oben erwähnten Solvay-Konferenz war.

Zur Kosmologie: Das Wort “Dunkle Energie” gab es damals noch nicht, aber kurz nachdem Einstein seine Allgemeine Relativitätstheorie 1915 verkündete, erfand er 1917 seine “kosmologische Konstante”, das berühmte Lambda. Heute wissen wir, dass es sich dabei um eine Form von Dunkler Energie handelt, die erstaunlicherweise die beobachtete beschleunigte Expansion des Universums am besten beschreibt. Wie man die kosmologische Konstante physikalisch interpretieren muss und was die Natur der Dunklen Energie ist, wissen wir auch fast 100 Jahre nach Einsteins Geniestreich nicht!

Die Kosmologie, die vor 100 Jahren als “sexy” empfunden wurde, war ganz anders als heute. Damals favorisierten die Kosmologen ein statisches Universum, d.h. der Kosmos war schon immer da und sah schon immer so aus. Heute wissen wir, dass es einen Ursprung im Kleinen und Heißen gab, den “Hot Big Bang”, kurz, den Urknall.

Von Dunkler Materie, der zweiten dunklen Komponente im Kosmos, hatten die Leute in 1911 noch keine blasse Ahnung. Es dauerte noch gut 20 Jahre, bis Fritz Zwicky in den 1930er Jahren die Existenz dieser rätselhaften, dunklen Massenform anhand von Galaxienbeobachtungen forderte. Wissenschaftshistorisch gibt es da eine verblüffende Parallele: Während der österreichische Quantenphysiker Wolfgang Pauli in den 1930er Jahren das Neutrino erfand, d.h. mutig seine Existenz forderte, ohne es direkt nachgewiesen zu haben, forderte etwa zur gleichen Zeit Zwicky die Existenz Dunkler Materie, ebenfalls ohne sie direkt nachgewiesen zu haben. Das versuchen die Physiker heute noch mit Experimenten wie dem LHC, CRESST oder XENON – bislang ohne Erfolg.

Visionen
Was soll das Ganze? Warum diese Rückschau in eine längst vergangene Epoche? Nun, es ist nicht nur eine lehrreiche Geschichtsstunde. Es ist kein Zufall, dass ich diesen Beitrag direkt hinter der “Vision 2100” bringe. Unternehmen wir doch den Versuch und versetzen uns in die Gemüts- und Wissenswelt eines Menschen im Jahre 1911. Welche Vision hätte er/sie sich damals vom Jahr 2011 ausgemalt? Wäre er auf das Computerzeitalter und das Internet gekommen? Hätte er sich vorstellen können nur 100 Jahre später nahezu doppelt so alt werden zu können? Hätte er eine Vision von Handys, Flachbildschirmen und der Mondlandung gehabt? Hätte er die Globalisierung und die Hypothese vom Urknall vorausgeahnt? Hätte er sich träumen lassen, dass man noch weitere Elementarteilchen findet?

Faszinierend ist doch, dass sich bei diesem Blick aus der Vogelperspektive über die Grenzen von Raum und Zeit hinweg ein wunderbarer Gesamtzusammenhang auftut: Viele Entwicklungen sind auf wundersame Weise verzahnt, verlaufen parallel, bedingen und beflügeln sich gegenseitig. Viele alte Ideen werden neu gefunden oder erfunden oder weitergesponnen und verbinden uns Menschen des 21. Jahrhunderts auf wundersame Weise mit unseren Vorfahren und Vordenkern aus dem Jahr 1911 und den vielen Epochen davor. Das hat mich sehr beglückt, und es passt dazu ein schönes Zitat des englischen Naturforschers Sir Isaac Newton (sinngemäß):

“Wenn es einen Grund dafür gibt, weshalb ich weiter geschaut habe als andere, dann, weil ich auf den Schultern von Riesen stand.”

Wir stehen immer noch auf den Schultern von Riesen, und bald werden andere auf unseren Schultern stehen. Und die Welt, die uns in 100, 1000 oder 10.000 Jahren hier auf der Erde und ganz bestimmt auch anderswo erwartet, wird vollkommen anders sein, als das, was wir uns in den kühnsten Visionen heute ausmalen können.

Quellen und Danksagung: 

Herzlichen Dank an die Wikipedia. Als Quellen dienten vor allem die Schlagworte: 1911, Alpher-Bethe-Gamow-Theorie, Elektrifizierung, Flugzeug, Spanische Grippe. Außerdem Dank an www.chroniknet.de.

 

Update 21.02.2016: Das Buch zum Blog post

Titel: Zeitreisen und Zeitmaschinen: Heute morgen war ich noch gestern
Autor: Andreas Müller
Verlag: Springer Spektrum, Heidelberg (2016)
Taschenbuch mit 332 Seiten
ISBN 978-3662471098
Kapitel 5 entwickelt die hier vorgestellte “Rückschau 1910” weiter.

 

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Die Astronomie ist faszinierend und schön – und wichtig. Diese interdisziplinäre Naturwissenschaft finde ich so spannend, dass ich sie zu meinem Beruf gemacht habe. Ich bin promovierter Astrophysiker und befasse mich in meiner Forschungsarbeit vor allem mit Schwarzen Löchern und Allgemeiner Relativitätstheorie. Aktuell bin ich der Scientific Manager im Exzellenzcluster Universe der Technischen Universität München. In dieser Tätigkeit im Forschungsmanagement koordiniere ich die interdisziplinäre, physikalische Forschung in einem Institut mit dem Ziel, Ursprung und Entwicklung des Universums als Ganzes zu verstehen. Besonders wichtig war mir schon immer eine Vermittlung der astronomischen Erkenntnisse an eine breite Öffentlichkeit. Es macht einfach Spaß, die Faszination am Sternenhimmel und an den vielen erstaunlichen Dinge, die da oben geschehen, zu teilen. Daher schreibe ich Artikel (print, online) und Bücher, halte öffentliche Vorträge, besuche Schulen und veranstalte Lehrerfortbildungen zur Astronomie, Kosmologie und Relativitätstheorie. Ich schätze es sehr, in meinem Blog "Einsteins Kosmos" in den KosmoLogs auf aktuelle Ereignisse reagieren oder auch einfach meine Meinung abgeben zu können. Andreas Müller

17 Kommentare

  1. “Auf den Schultern von Riesen”

    Unlängst fragte mich ein sehr junger Kollege, ob ich nicht veröffentlichungen zu dem und dem Thema kenne. Zufällig hatte ich zu genau diesem Thema etwas geschrieben, aber noch weit im vorigen Jahrhundert, und zwar 1988.

    Er hatte seine Frage noch nicht einmal zuende gestellt, da griff ich bereits mit einer Geste von unvergleichlicher Coolheit in den Bücherschrank, zog – Tadaaa! – mein altes, bereits leicht vergilbtes Paper heraus und hielt es ihm vor die Nase.

    Dafür wurde ich auch mit einem bewundernden “I am standing on the shoulders of giants.” belohnt.

  2. Das Alpha-Beta-Gamma-Paper

    Soweit ich weiß, war die Idee, Hans Bethe als Co-Autor einzuladen, auf George Gamows Mist gewachsen. Hauptautor Ralph Alpher, damals Doktorand bei Gamow, fand das gar nicht gut, weil er zwar die ganze Arbeit gemacht hatte, sich aber zu Recht durch die Anwesenheit zweier so eminenter Physiker in der Autorenliste an den Rand gedrängt fühlte. Er wurde allerdings nicht wirklich gefragt, so etwas entschied der Doktorvater nach eigenem Gutdünken.

    So etwas passiert ja bekanntlich heutzutage gar nicht mehr.

    George Gamow hat übrigens in jungen Jahren den Abstand zwischen Himmel (als Wohnsitz Gottes) und Erde exakt berechnet. Grundlage der Berechnung war die Tatsache, das die japanische Kriegsmarine 1904 die russische Niederlassung in Port Arthur in China überfiel, woraufhin in Russland verbreitet um die göttliche Bestrafung Japans gebetet wurde. 1923 wurde Tokio durch ein schweres Erdbeben verwüstet.

    Gamows Überlegung war wie folgt: Wenn sich nichts schneller als die Lichtgeschwindigkeit fortbewegen kann, können sowohl die Gebete wie auch der rächende Zorn Gottes sich nur mit Lichtgeschwindigkeit bewegen. Da nun zwischen Missetat und Strafe 19 Jahre lagen, muss der Abstand zwischen Himmel und Erde logischerweise 9.5 Lichtjahre betragen.

  3. Amüsant und interessant!

    Eine faszinierende Zusammenstellung. In mancher Hinsicht sah die Welt von 1911 wohl anders aus, als wir uns das heute meistens vorstellen.
    Ich greife da mal auf eine kulturhistorische Marginalie zurück:
    Es verwundert nicht, dass im Jahr 1911 der Begriff “Arschgeweih” bzw. “Schlampenstempel” nur Schulterzucken auslöste.
    Das stimmt fraglos. Allerdings waren Tätowierungen damals, anders als man es heute vielleicht annehmen möchte, kein Merkmal der Unterschichtler. Z. B. trug sogar Kaiser Wilhelm II. eine Tätowierung, eine bekannte (und modeprägende) Tattoo-Trägerin des späten 19. Jahrhunderts war Kaiserin Elisabeth von Österreich (besser bekannt als “Sissi”). Über die Gründe, wieso ab dem Ende des 1. Weltkrieges Tattoos ziemlich bald als “unfein” galten, kann ich nur spekulieren, ebenso, wieso ab etwa 1980 Tattoos wieder in Mode kamen.

    Manchmal hält sich “alte Technik” auch länger, als man denkt:
    Die letzten Dampflokomotiven “im regulären Dienst” fuhren in Deutschland in den 1970er Jahren. Für die “Deutsche Bundesbahn” stimmt das – ihr letzter regulärer Dampfzug fuhr am 23. Oktober 1977. Die Deutsche Reichsbahn der DDR stellte erst fast genau 11 Jahre später den planmäßigen Dampfbetrieb auf Regelspurgleisen ein: Am 29. Oktober 1988 fuhr der offiziell letzte reguläre Dampfzug der DDR. Aber hin und wieder wurde auch später noch auf Dampfloks zurückgegriffen – das letzte Mal schon nach der Einheit und für die Deutsche Bahn AG: am 6.November 1994 zog die Dampflok 52 8134 (EDV-Nummer bei der DB AG: 052 134-4) den Eilzug 3159 von Rheinsberg nach Berlin-Lichtenberg.
    Auf einigen Schmalspurbahnen ist das Dampflokzeitalter in Deutschland noch lange nicht vorbei, und 2008/9 baute das Dampflokwerk Meinigen sogar eine neue Schmalspurdampflokomotive für die Mecklenburgische Bäderbahn Molli – die zwar eine “Touristenbahn”, aber keine Museumsbahn ist.

  4. Blick nach vorne – damals

    Um diese Zeit machten sich einige auch Gedanken um die Zukunft und versuchten, zukünftige Entwicklungen abzuschätzen, was schon damals nicht einfach war.

    “Flugzeuge sind interessante Spielzeuge, aber haben keinen militärischen Nutzen.”
    Marschall Ferdinand Foch, 1911

    “Schwerer als Luft? Flugmaschinen sind unmöglich.”
    Lord Kelvin, 1895

    und hier mein Favorit:

    “Ich glaube an das Pferd. Das Automobil ist nur eine vorübergehende Erscheinung.”
    Kaiser Wilhelm II

  5. 1911 – Gravitationslinseneffekt entdeckt

    Hi Andreas, Du hast ja bereits erwähnt, dass es 1911 die ART noch nicht gab, sondern nur die SRT. Allein mit dieser Theorie hat Einstein jedoch den Gravitationslinseneffekt entdeckt: Er veröffentlichte einen Aufsatz “Über die Schwere der Energie”, in der er diesen herleitet.

    Schon Newton selbst hatte die Frage gestellt, ob nicht auch Licht von schweren Körpern (also “Massen”) aus der Ferne beeinträchtigt wird. [Opticks, 1704]

    Im Laufe der Zeit gab es viele Spekulationen zum Thema (Laplace, Soldner u.a.). Sie alle behaupteten den Effekt einfach und rechneten dann etwas aus, konnten aber nichts begründen.

    Einstein hingegen hatte in der SRT die Formel E = mc² gefunden, in der man lernt, dass jede Energie in eine Masse “umrechenbar” ist. Licht hat zweifellos eine Energie, also kann man ihm via E = mc² auch eine Masse zuordnen. Diese Masse ist eine träge Masse, keine schwere Masse, weil Licht ja in Bewegung ist.

    In seinem Aufsatz von 1911 leitet Einstein die Äquivalenz von träger und schwere Masse her und mithin die im Titel angekündigte “Schwere der Energie”. Wenn also Licht, d.h. Energie, an einer schweren Masse (z.B. einem Himmelskörper) vorbei geht, dann wird es ablenkt: “Ja, Sir Newton.”

    Im Rahmen dieser Theorie haben wir allerdings “nur” den Grund für die Lichtablenkung: die richtige Größe des Ablenkwinkels zu berechnen – dazu brauchte es die ART. 1911 konnte er im Rahmen dieser Theorie leider auch nur den (zu kleinen) Wert von Johann G. Soldner bestätigen. Wie man ca fünf Jahre mit der ART erfuhr, ist der Winkel in Wirklichkeit doppelt so groß.

  6. Klima um 1911?

    “Die Luft war also trotz Industrialisierung noch weitgehend rein.”

    – im Gegenteil, in einer Zeit, wo direkte Kohlefeuerung/Dampfmaschinen noch viel verbreiteter waren als in einer späteren, weitergehend elektrisierten Gesellschaft, gab es so bekannte Phänomene wie den Londoner Nebel. Damals ist wohl auch das Wort Smog aufgekommen (obwohl Wikipedia mindestens eine frühere Sichtung erwähnt), als “something produced in great cities which was not found in the country, and that was smoky fog, or what was known as ‘smog'”.

  7. @Susanne M. Hoffmann

    Deinen Kommentar finde ich an mindestens zwei Stellen ziemlich irreführend:

    “Im Laufe der Zeit gab es viele Spekulationen zum Thema (Laplace, Soldner u.a.). Sie alle behaupteten den Effekt einfach und rechneten dann etwas aus, konnten aber nichts begründen.” – wie man’s nimmt. In diesen Rechnungen steckt natürlich auch das Äquivalenzprinzip mit drin, die machen also in wesentlichen Teilen das gleiche wie Einstein und nutzen aus, dass bei Gravitationseffekten näherungsweise nur die Gravitationsbeschleunigung eine Rolle spielt, denn die Masse kürzt sich ja heraus.

    “Im Rahmen dieser Theorie haben wir allerdings “nur” den Grund für die Lichtablenkung:” – nö, nicht einmal das, denn in der vollständigeren Betrachtung im Rahmen der Allgemeinen Relativitätstheorie ist der Zahlenwert ja deswegen anders, weil es eben noch einen anderen Grund für die Lichtablenkung gibt, nämlich Raumkrümmung.

  8. @all

    Vielen Dank an alle, die mit ihrem Kommentar diesen Beitrag bereichert haben. Finde ich alles sehr aufschlussreich.

    Beste Grüße,
    Andreas Müller

  9. @Markus Pössel

    Danke für die Präzisierung! – Ja, der “zweite Grund” für die Lichtablenkung ist’s doch aber, der den Term schließlich doppelt so groß macht. Was ich meinte (im Kontext der “Newtonschen Lichtablenkung”, wenn ich das mal abkürzend so nennen darf) war doch, dass bis 1911 die Lichtablenkung an sich bloße Spekulation war oder quasi Behauptung/ Postulat. Einsteins Artikel über die “Schwere der Energie” gab ihr einen “Grund” respektive Rechtfertigung.

    Dies war der Auslöser dafür, dass man ernsthaft danach gesucht hat: SoFi-Expedition 1914 auf die Krim (gescheitert am 1. WK, aber immerhin auf Einsteins Drängen hin ausgerichtet).

  10. sorry, vorhin ‘nen Pkt vergessen

    das Äquivalenzprinzip sagt in beiden Fassungen (starkes und schwaches) aus, dass Koordinatensys. äquivalent sind – das eine bezieht sich auf Beschleunigungen, das andere auf Geschwindigkeiten. (oder reden wir über verschiedene Sachen?) Das hat aber erstmal noch nichts mit der Massenanziehung zu tun.

    Wenn ich Licht als Korpuskelstrahl betrachte (Newton), dann muss ich newtonsch erstmal behaupten, dass diese Korpuskel eine Masse m haben, damit die newtonsche Gravi-kraft F = gamma mM/ r² darauf wirken kann. Falls nämlich diese Korpuskel keine (schwere) Masse haben und mithin m = 0, dann verschwindet auch F. Dabei ist es ziemlich egal, ob gamma M/r² = a im Gravi-Kraftfeld dem (starken) Äqui-prinz gehorcht.

    Ich glaube daher, lieber Markus, wir redeten hier über verschiedene Sachen.

    Natürlich braucht man beides – natürlich ist das Äqui-prinz indiskutabel wichtig, in erster (schwacher Form) ja auch bereits durch Galilei formuliert (Discorsi, glaub ich). Aber die Sache mit der schweren Masse des Lichts (also der “Schwere der Energie”) ist eben der Coup von 1911, den ich ansprechen wollte. 🙂

    Beim zweiten Beitrag von der Raumkrümmung sind wir ja einig, haben’s nur unterschiedlich formuliert.

  11. @Susanne

    Nee, so einfach, wie du mit “m=0, also keine Gravitationskraft” argumentierst, ist es eben nicht.

    Das (schwache) Äquivalenzprinzip in seiner Inkarnation als Universalität des freien Falls heißt, dass ich mir um Masse in so einer Situation nicht unbedingt Gedanken machen muss.

    Ich kann meine ganze Rechnung vollständig mit Gravitationsbeschleunigungen durchführen, ohne, dass da überhaupt die Masse m des Korpuskels auftritt.

    Ganz abgesehen davon, dass Newton, Soldner & Co. meines Wissens nach überhaupt keinen Grund hatten, m=0 in Betracht zu ziehen.

    Man kann dementsprechend ja auch ohne den Schritt, Licht eine (relativistische) Masse zu verpassen, den Zahlenwert für die besagte Hälfte der Lichtablenkung ableiten (ich hatte das ja auf Einstein Online auch mal gemacht).

    Richtig ist, dass Rechnungen, wie Soldner sie durchführte, mit Einführung der Speziellen Relativitätstheorie problematisch wurden – aber das vor allem wegen der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit; in üblichen Newton’schen Rechnungen sollte das Licht ja durch die Gravitationsbeschleunigung schneller bzw. langsamer werden.

    Dieses Problem hat Einsteins Arbeit von 1911 aber auch nicht gelöst – da war wirklich die vollständige Allgemeine Relativitätstheorie gefragt.

    Dass 1911 der “Coup” gewesen sein soll, während Soldner & Co. den Effekt nur behauptet, aber nicht abgeleitet hätten, finde ich daher nach wie vor eine irreführende Aussage.

  12. Etwas mehr zu 1911

    Einige wenige Schlaglicher noch zur Welt vor einhundert Jahren, die mir so einfallen:

    In Berlin, dessen Einwohnerzahl sich in einem Jh. mehr als verzehnfacht und allein in den drei jahrzehnten davor um gut 200% erhöht hatte, erschien 1911 das damals unter literarisch Interessieren sofort massiv einschlagende Gedicht von Jacob van Hoddis “Weltende”:

    Dem Bürger fliegt vom spitzen Kopf der Hut,
    In allen Lüften hallt es wie Geschrei.
    Dachdecker stürzen ab und gehn entzwei
    Und an den Küsten – liest man – steigt die Flut.

    Der Sturm ist da, die wilden Meere hupfen
    An Land, um dicke Dämme zu zerdrücken.
    Die meisten Menschen haben einen Schnupfen.
    Die Eisenbahnen fallen von den Brücken.

    (Georg Heym kündigte in seinem Gedicht “Der Krieg” kurz darauf gleich in den ersten Zeilen hellsichtig dessen Resurrektion an:
    Aufgestanden ist er, welcher lange schlief,
    Aufgestanden unten aus Gewölben tief.
    In der Dämmrung steht er, groß und unerkannt,
    Und den Mond zerdrückt er in der schwarzen Hand.)

    Kurt Hiller, der in Berlin junge Poeten dieser Art in “Neopathetischen Cabaret”s nachgerade “promotete”, rief 1911 den “Expressionismus” als neue Stil- und damit Kunstrichtung aus – allerdings nicht in Berlin, sondern in der Heidelberger Zeitung, wo er sie als “Die Jüngst-Berliner” explizit als “Expressionisten” vorstellte.

    Dort in der damals schon weltberühmten Neckarstadt wurde 1911 auch – bemerkenswerter Weise unter Mitarbeit der späteren Nobelpreisträger Otto Meyerhof und Otto Warburg und anderer wie Karl Jaspers – von dem Hiller-Freund Arthur Kronfeld im Jahr des “1. Internationalen Psychoanalytischen Kongresses” in Weimar die erste wissenschaftstheoretische Kritik der “psychologischen Theorien Freuds und verwandter Anschauungen” erarbeitet und Ende d.J. – datiert auf das Jahr darauf – veröffentlicht. (Sie wurde zwar weltweit rezipiert und 1913 sogar ins Russische übersetzt, konnte aber wegen des bald darauf ausgerufenen Weltkrieges und seiner Folgen keine weitere Wirkung entfalten: der erste Ansatz streng wissenschaftlicher Theoriebildung in den Psychowissenschaften war damit verpufft. Jaspers bewusst antitheoretische Haltung gilt heute noch in der Psychiatrie als das wissenschaftliche Nonplusultra und die Psychoanalye setzte ihren “Siegeszug” weiter fort, wenn auch ohne Alfred Adler, der sich 1911 von Freud getrennt hatte… )

    1911 erschien auch das erst “Handbuch der Sexualwissenschaft” (von Albert Moll), während in Dresden der “Internationaler Bund für Mutterschutz und Sexualreform” gegründet wurde – auf Initiative u.a. Helene Stöcker, tatkräftige Vertreterin der Frauenemazipation und Gründerin vom “Bund für Mutterschutz” mit dem Ziel der Gleichstellung nichtehelicher Kinder, der Beseitigung der Diskriminierung ihrer Mütter – usw. …

  13. 1911, 2011, 2111 – und immer so weiter?

    Der Rückblick – die Welt vor 100 Jahren – stellt den Ausblick – Vision 2100 – Blick in die Zukunft – in einen grösseren Zusammenhang. Für sich allein betrachtet, hatte die Vision 2100 einen Hauch von Science Fiction, einer durch Technik geretteten (Kernfusion) Welt mit immens verbesserten Lebensbedingungen (IQ>130,längeres leben, problemloser Organersatz, genetisch optimiert und verschönerter Körper) – einer Brave New World ohne negative Seiten also.

    Der Vergleich mit 1911 zeigt nun aber, dass für Techniken, die in der Vision 2011 alltagsbestimmend sind (wie die Gentechnik) in der Zeit um 1911 (aber auch später) die wissenschaftlichen Grundlagen erarbeitet wurden. Daneben zeigt aber ein Rückblick auf 1911, dass trotz eindrücklichen technischen Erfolgen wie Maschinenbau, Flugverkehr, Automobil, der technische und wirtschaftliche Standard für die Mehrzahl der Bevölkerung – verglichem mit jetzt – auf einem sehr tiefen Stand war. Tuberkulose und Spanische Grippen kosteten Millionen das Leben, die Kindersterblichkeit war hoch, die Lebenserwartung auch in Deutschland um Jahrzehnte unter der heutigen.
    Der Artikel macht auch verdientermassen darauf aufmerksam, dass es selbst im Jahr 2011 noch viele Lànder gibt, die von den Lebensbedinungen auf dem Stand von Deutschland 1911 sind.

    1911, 2011 und 2111 sind also Punkte in einer kontinuierlichen Entwicklung, die zu einer immer stärker veränderten und in vielem verbesserten Lebenswelt führt und als Basis den Fortschritt in Wissenschaft und Technik hat.
    Doch dies ist nur eine Seite der Medaille. Denn ein immer mächtiger und zahlreicher werdender Mensch bedeutet – mindestens bis jetz – auch eine immer stärker beanspruchte Umwelt und immer stärker erschöpfte Ressourcen.
    Das Problem der übernutzten Ressourcen und einer überbeanspruchten Erde haben zwar viele in ihrem “passiven Wortschatz”, doch die meisten sehen darin keinen Grund für ein Umschwenken oder gar für proaktive Massnahmen.
    Die Vision 2100 könnte jedoch wegen dem ungestümen Wachstum, das wichtige Rohstoffe kritisch erschöft, in die Hosen gehen. Das 21.Jahrhundert könnte auch das Jahrundert werden, in dme wir aufräumen müssen, was in den letzten 50 Jahren verbockt und fehlgeleitet haben – wenn wir denn noch dazu kommen, aufzuräumen.

  14. @Martin Holzherr

    Lieber Herr Holzherr

    Vielen Dank, dass die diesen Blog-Artikel und die “Vision 2100” explizit in den Gesamtzusammenhang stellen.

    Ich gebe Ihnen in der Einschätzung Recht, dass die Bevölkerungsexplosion (vielleicht neben der Klima-Entwicklung und der Energie-Problematik) ein gravierendes Problem darstellt und die medizinischen, technischen und gesellschaftlichen Erfolge des letzten Jahrhunderts geschmälert hat.

    Die aktuelle, weltweite Nachrichtenlage macht es einem leicht, eine negative Zukunft auszumalen.
    Weil ich allerdings ein positiv denkender Mensch bin, fiel meine Vision 2100 recht positiv aus. Die ganzen Probleme sehe ich vielmehr als Herausforderungen für die Menschheit an und bin mir sicher, dass wir eine Lösung finden werden.

    Beste Grüße;
    Andreas Müller

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