Produktpiraten und Plagiatoren im Licht der Evolution

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Produktpiraterie ist das Geschäft mit Nachahmer-Waren oder gefälschten Waren, die mit dem Ziel hergestellt werden, einer Original-Ware zum Verwechseln ähnlich zu sein.  Als Beispiel zeige ich hier eine gefälschte Rolex: eine Frolex

Abb.1: Eine gefälschte Rolex: eine Frolex Alle Os sind durch Qs ersetzt. Diese Rolexkrone hat sechs Punkte, die echte Rolexkrone aber nur fünf. Daytona ist hier mit zwei Worten geschrieben, wird aber auf der echten Rolex nur in einem Wort geschrieben.

Produktpiraten bedienen sich einer Strategie die Evolutionsbiologen als Peckhamsche Mimikry bezeichnen. Diese Form der Mimikry möchte ich am Beispiel der australischen Hammerorchidee erläutern: Sie ahmt mit ihren Blütenblättern das Aussehen von Dolchwespenweibchen nach, um so paarungsbereite Männchen zur Bestäubung anzulocken. Zusätzlich scheidet sie Sexuallockstoffe aus die noch wirkungsvoller sind als die der echten Weibchen. Bei der sogenannten Pseudokopulation wird dann der Pollen von der Blüte auf die Männchen übertragen und so über ein weites Gebiet verbreitet, da die Männchen normalerweise für die Begattung eines Weibchen weitere Strecken zurücklegen als für die Nahrungssuche.

Abb.2: Peckhamsche Mimikry bei Hammerorchidee und Dolchwespen Die Hammerorchidee (a) imitiert die Gestalt, Färbung und den Geruch von Dolchwespenweibchen (b). Auf diese Weise werden die Dolchwespenmännchen angelockt (c).

Die ganze Geschichte klappt aber nur, solange keine echten Dolchwespenweibchen in der Nähe sind, dann nämlich durchschauen die Männchen den fiesen Trick. Die Pflanze muss also dann blühen, wenn die Weibchen sozusagen „auf Urlaub“ sind. Daher würde ich vermuten, dass Produktpiraterie dort besonders erfolgreich ist, wo die Marke aufgrund ihres Rufs zwar sehr bekannt aber normalerweise nicht leicht verfügbar ist. Aus evolutionären Gründen wird daher auch in Zukunft die Produktpiraterie am guten Ruf der Marke wie die Hundescheiße an der Schuhsohle kleben. Wenn man abstrahiert, da werden mir die Dawkins-Fans recht geben, ist Produktpiraterie doch nichts anderes als die Selbstreplikation eines Memes.

Bei Produktpiraterie und Peckhamscher Mimikry geht es um Bedürfnisbefriedigung. Es gibt grundsätzlich eine positive Motivation den Gegenstand zu bekommen. Letztendlich beschreiben Produktpiraterie und Peckhamsche Mimikry ähnliche Phänomene, die auf Reputation und Täuschung gründen. Ich glaube sogar, dass sich beide bis zu einem bestimmten Grad durch die gleichen mathematischen Formeln qualitativ und quantitativ beschreiben lassen. Vielleicht würden Mathematiker die Struktur der Dreiecksbeziehungen bei der Produktpiraterie und der Peckhamschen Mimikry sogar als isomorph bezeichnen: Während bei der Produktpiraterie der Markenhersteller und der Kunde verarscht werden, ist es bei der Peckhamschen Mimikry das Dolchwespenweibchen und das Dolchwespenmännchen.

Die Plagiatoren, die sich mit Plagiaten den Doktortitel erschleichen, ich nenne sie Dragiatoren, verfolgen eine parasitäre Strategie, die wir schon vom Malariaerreger Plasmodium kennen: Der benutzt die weibliche Anopheles-Mücke als Zwischenwirt, um in den Endwirt Mensch zu gelangen. Die Dragiatoren benutzen die Universität als Zwischenwirt um in den Endwirt Politik zu gelangen. Je enger die Lebensgemeinschaft zwischen Zwischenwirt und Endwirt desto wahrscheinlicher ist die Übertragung.

Komisch finde ich an der ganzen Sache nur eines:

Während bei der Malariabekämpfung der Endwirt Mensch versucht durch Moskitonetze die Übertragung zu verhindern oder mit dem Austrocknen von Sümpfen und stehenden Gewässern dem Zwischenwirt direkt den Garaus macht, ist es beim Dragiator der Zwischenwirt Universität der sich bemüht den Parasiten unschädlich zu machen nicht der Endwirt Politik. So wie die Mücke wenig Einfluss auf das Überleben des Parasiten im Menschen hat, so hat die Universität wenig Einfluss auf die Karriere des Dragiators in der Politik.

So als Belohnung, das ihr bis hierhin durchgehalten habt, zeige ich euch zum Schluss eine echte Rolex. 😉

Abb.3: Eine echte Rolex

 

Bildnachweis

Abb.1: Eine gefälschte Rolex. eine Frolex

Author: Gdead
Datum: 21.6.2006
Quelle: Wikimedia Commons

Abb.2: Peckhamsche Mimikry bei Hammerorchidee und Dolchwespen

Quelle. Linder Biologie, S. 390, 21. Auflage 1998 – Hannover: Schroedel Verlag, 1998

 Abb.3: Eine echte Rolex

Autor: WALLI912
Datum: 27.11.2005
Quelle: Wikimedia Commons
Lizenz: GNU-Lizenz 

 

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Veröffentlicht von

Joe Dramiga ist Neurogenetiker und hat Biologie an der Universität Köln und am King’s College London studiert. In seiner Doktorarbeit beschäftigte er sich mit der Genexpression in einem Mausmodell für die Frontotemporale Demenz. Die Frontotemporale Demenz ist eine Erkrankung des Gehirns, die sowohl Ähnlichkeit mit Alzheimer als auch mit Parkinson hat. Kontakt: jdramiga [at] googlemail [dot] com

2 Kommentare

  1. Gedanken

    Politiker stehen doch schon seit jeher in dem Ruf es mit der Wahrhaftigkeit nicht so genau zu nehmen. Wahrscheinlich sind es gerade Plagiatoren und andere Lügner und Betrüger, die von der Politik als Berufsfeld magisch angezogen werden, wie die Anopheles-Mücke vom Licht. Dann nennt man diese Mücken Lichtgestalten. Sie werfen einen viel größeren Schatten, als sie wirklich sind.

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