Neue Gentech-Kartoffeln sperren sich gegen Gegnerargumente

BLOG: Detritus

Gedanken, biologisch abgebaut
Detritus

Die Gentechnik wird häufig aufgrund irrationaler Ängste abgelehnt, wie in den achtziger Jahren, als es um die Herstellung von Insulin ging, und heute, wenn es um die Bekämpfung des mitunter tödlichen Dengue-Fieber geht.

Bei einer direkten medizinischen Anwendung wird die Notwendigkeit, im Genom von Lebewesen herumzuschneiden, von vielen Menschen noch toleriert, der Spaß hört aber spätestens auf, wenn es um die (verbesserte) Erzeugung von (verbesserten) Nahrungsmitteln geht. Dabei hängen davon natürlich auch eine Menge Schicksale ab – das Problem der Überbevölkerung unseres Planeten und des massiv steigenden Bedarfs an Nahrung ist bekannt. Wir satten westlichen Wohlstandsmaden halten es nicht für nötig, neue Wege gegen welkende Bananen, verrottende Papayas, giftigen und ungesunden Maniok oder die siechenden Ug99-infizierten Weizenfelder zu beschreiten. Uns geht es ja auch gut hier in Mitteleuropa, wir haben die Wahl zwischen gezuckerten, aromatisierten, vollkornhaltigen oder politisch korrekten Cornflakes.

Viel lieber schindet man immer wieder dieselben Argumente gegen die „Agro-Gentechnik“: Es fände eine unnatürliche Übertragung von Genen einer Art in die andere statt, die Ökosysteme aus dem Gleichgewicht bringe, man wisse nicht, was „neue Gene“ in der Nahrung im Menschen anrichten, außerdem würde der Einsatz von Pestiziden gesteigert, und sowieso will Gentechnik im Essen niemand, der noch alle Tassen im Schrank habe.

Wie ich gerade bei transgen.de gelesen habe, gibt es eine neue gentechnisch verbesserte Kartoffelsorte von BASF, die einige dieser Argumente hinfällig macht. Es geht um eine robuste Resistenz gegen die Kartoffelfäule, hervorgerufen durch Phytophtora und Ursache von Hungersnöten im vorletzten Jahrhundert und signifikanten Ernteausfällen in heutiger Zeit:

Schon vor vielen Jahren hatten niederländische Pflanzenforscher in zwei unscheinbaren südamerikanischen Wildkartoffeln Gene entdeckt, die eine robuste Resistenz gegen den Phytophthora-Erreger bewirken. Vergeblich haben die Züchter bisher versucht, diese Resistenzgene zu nutzen: In fünfzig Jahren ist es nicht gelungen, sie in Kultursorten mit guten Anbau- und Produkteigenschaften einzukreuzen. Vor acht Jahren begann BASF Plant Science mit der Entwicklung von  Phytophthora-resistenten Kartoffeln. Dazu wurden allein die beiden Resistenzgene mit gentechnischen Verfahren auf Kulturkartoffeln übertragen – ohne den “genetischen Ballast” der für eine Kultivierung unerwünschten Eigenschaften der Wildkartoffeln.

Die Kartoffeln haben also „neue Gene“ aus Wildkartoffeln bekommen. Weder mussten dafür „Artengrenzen“ überschritten werden, noch droht die Gefahr, dass sich diese Gene unkontrolliert in der Natur oder konventionellen Kartoffelkulturen ausbreiten würden. Kartoffeln werden über die Knollen vermehrt und überleben keinen frostigen Winter. Da die natürlichen Resistenzen den Einsatz von Pestiziden direkt vermindert, fällt auch das RoundUp-Argument „Gentechnik bedeutet mehr Pestizide in der Umwelt“ weg. Greenpeace verzichtet in seinem Statement zur neuen Kartoffelsorte bezeichnenderweise gleich ganz auf Argumente.

Bleibt noch die Angst vor der Technik, mit der man die neue Sorte erzeugt hat.

Und so muss noch einige Jahre warten, bis man in den Genuss dieses Produktes kommt. Umweltministerin Aigner hat bereits „mehrere Jahre“ langwieriger Zulassungsverfahren angekündigt.

 

Links zum Thema

Martin Ballaschk ist promovierter Biologe, aber an vielen anderen Naturwissenschaften interessiert. Das Blog dient ihm als Verdauungsorgan für seine Gedanken. Beruflich ist er als Wissenschaftskommunikator, hier rein privat unterwegs.

30 Kommentare

  1. Wenn ich Vertrauen in die Wirtschaft und Politik hätte, wär das ja alles kein Problem, aber die armen hungernden Menschen hätten sowieso nichts davon, weil die sich das Saatgut vermutlich gar nicht leisten könnten.
    Uns wenn dann doch mal, wider Erwarten, Probleme oder Gefahren auftreten sollten, kann man davon ausgehen, dass Diese totgeschwiegen werden, bis es zu spät ist.
    Und wie man an Monsanto und Roundup-ready-pflanzen wunderbar sieht, kann man den Werbeversprechen der Hersteller genauso weit trauen, wie nachts im TV in der Dauerwerbesendung.

  2. @Hannes

    Richtig: Lobbyistenfilz und Monopolistengehabe sind reale Probleme. Das Patentwesen ist auch eine große Baustelle.

    Mir will nur nicht in den Kopf, weshalb diese Probleme erst durch die Gentechnik entstanden sein sollen. Diese Probleme gab es schließlich schon vorher.

    Und ich kann einem hilflosen Hände-in-die-Luft werfen und ach-wir-können-ja-eh-nichts-machen nicht viel abgewinnen. Damit löst man keine Probleme.

  3. In der Zukunft

    also bis 2020, wird der Anteil des Bio-Segments bei den Lebensmitteln 30% betragen, zumindest in Deutschland. Lebensmittel sollen möglichst Bio und authentisch sein. Das ist das was die Verbraucher wünschen, und das ist der Bereich mit dem stärksten Zuwachs. Das geht auf Kosten der konventionellen Landwirtschaft. Nur die Armen werden sich für Genfood entscheiden, das ist für die Leute die nur auf den Preis schauen und sich keine großen Gedanken um Qualität machen. Zugegeben, es ist immer noch die Mehrheit. Die, die es sich leisten können werden kein Genfood essen.
    Zur Ernährung der Weltbevölkerung ist Agrargentechnik nicht notwendig. Sie ist vor allem ein Geschäft einiger großer Konzerne. Man kann auch mit der Gentechnik nicht so weitermachen wie bisher, will man die Weltbevölkerung ernähren, bei schwindenden Anbauflächen, schwindenden Wasserressourcen etc.
    Ich glaube am ehesten an die Zukunft der Agrargentechnik im Bereich Energiepflanzen.
    Um noch auf die Kartoffel einzugehen. Wie schmeckt sie denn? Resistenz gegen Phytophthora infestans ist eine Sache, aber es gibt auch noch andere Probleme im Kartoffelanbau wie zum Beispiel Virosen, Pilze wie Alternaria oder den Kartoffelkäfer. Es macht ja keinen großen Sinn nur Industriekartoffeln für die Stärkeproduktion resistent zu machen. Kartoffeln werden zwar über die Knollen sortenecht vermehrt, aber sie bilden auch Samen. Zum Beispiel in Indien werden viele Kartoffeln aus Samen gezogen, damit geht man den Virosen aus dem Weg. Persönlich finde ich die Gene einer Wildkartoffel einzukreuzen nicht so schlimm. Es ist womöglich nur eine Abkürzung dessen was der konventionellen Züchtung auch irgendwann gelingen würde. Aber Resistenzen sind für die Pflanzen oder Tiere oft auch mit Nachteilen verknüpft. Warum wohl verlieren gegen bestimmte Pestizide resistent gewordene Populationen von Lebewesen diese Resistenz mit der Zeit wieder, wenn die Pestizide länger nicht mehr eingesetzt werden? Die Antwort lautet, die nicht resistenten Individuen haben einen Überlebensvorteil wenn der Selektionsdruck entfällt. So ist zum Beispiel auch die Sichelzellenanämie nur von Vorteil in Malariagebieten. Sonst nicht. Alles hat zwei Seiten.
    Die nächste Frage lautet, wie lange wohl die Phytophthora Resistenz bestehen wird. Seit sich der Erreger auch geschlechtlich vermehren kann ist seine Anpassungsfähigkeit wesentlich verbessert, wodurch er aggressiver geworden ist. Wir sehen doch auch schon beim Maiswurzelbohrer dass der BT-Mais schon keine wirksamer Schutz mehr ist. Die Natur hat immer eine Antwort, die Frage ist nur wie lange sie dafür braucht.

  4. Einspruch

    @ carl: “Lebensmittel sollen möglichst Bio und authentisch sein. Das ist das was die Verbraucher wünschen…”

    “Die Verbraucher” ist ein Allquantor. Ich bin auch Verbraucher und wünsche mir kein “Bio” mit künstlich nachgeschrumpelten Äpfeln, nur damit die Bio aussehen (das sieht so verschrumpelt aus, das muss gesund sein). Damit bin ein Existenzquantor, der Ihre Aussage widerlegt.

    “Nur die Armen werden sich für Genfood entscheiden… .Die, die es sich leisten können werden kein Genfood essen.”

    Nun, ein Blick auf meine Gehaltsabrechnung zeigt, dass ich mich nicht den Armen zurechnen kann. Ich könnte es mir leisten, kein Genfood zu essen (btw: Wenn man KEIN Genfood isst, dann kann man ja gar nichts mehr essen?!?! Sind in der Bio-Möhre keine Gene?). Damit sind beide Allquantoren, die Sie hier aufgestellt haben, widerlegt: Mindestens ein Nicht-Armer wird sich für Genfood entscheiden und mindestens einer, der es sich leisten kann, wird Genfood essen.

    Und warum? Aus Prinzip, weil mich die Anti-Gen-Hysterie gewaltig am Skrotum reizt. Etwas Eso-Watchen zu diesem Thema (Gen-Food, nicht Skrotum-Reizen) wäre für einige mal angebracht.

  5. @Martin B.

    “Richtig: Lobbyistenfilz und Monopolistengehabe sind reale Probleme. Das Patentwesen ist auch eine große Baustelle.
    Mir will nur nicht in den Kopf, weshalb diese Probleme erst durch die Gentechnik entstanden sein sollen. Diese Probleme gab es schließlich schon vorher.”

    Sicher gab es “Lobbyistenfilz und Monopolistengehabe” schon früher, aber mit der Patentierbarkeit der Natur haben wir eine ganz neue und vorher nie dagewesene Dimension erreicht.

    Siehe auch:
    http://reset.to/…%BCnderung-von-natur-und-wissen

  6. @Statistiker

    “Etwas Eso-Watchen zu diesem Thema (Gen-Food, nicht Skrotum-Reizen) wäre für einige mal angebracht.”

    Ist EsoWatch eine neue Religion mit einem eigenen Dogma oder warum muss man erst dort nachschauen bevor man etwas sagen darf?
    Ich habe ja nichts dagegen, dass der Aberglaube aus der Welt verschwinden soll, aber ich lasse mir ungern einen neuen aufoktroyieren. Wenn man eine wissenschaftliche Bertachtungsweise vertritt, dann darf nichts heilig sein und man muss alles in Frage stellen dürfen. Skepsis ist die Grundhaltung der Wissenschaft seit der Antik und nur so lassen sich Fehler im System entlarven. Wenn wir mit ideologischen Filtern arbeiten trübt sich der Blick auf die Realität, daher muss auch in Bezug auf Gentechnik eine offene Diskussion erlaubt sein ohne das Skeptiker erst “Eso-Watchen” müssen.

  7. Differenzierung

    Ich finde die Verallgemeinerung, mit der vor allem in Deutschland Gentechnik in Lebensmitteln grundsätzlich immer als schlecht dargestellt wird, ist das eigentliche Problem. Einzelfälle müssen betrachtet werden. Das kann natürlich nicht jeder Verbraucher leisten, dafür gibt es Zulassungsbehörden. Deren Kriterien müssen transparent sein und ohne ideologische Scheuklappen.

  8. Antibiotika-Resistenz-Marker

    Übrigens sind in der neuen Kartoffelsorte “Fortuna” keine Antibiotika-Resistenz-Markergene enthalten:
    http://www.tagesschau.de/…haft/kartoffel102.html
    Das ist doch mal ein Fortschritt (der eigentlich auch kommuniziert werden sollte). Wie sieht es denn mit diesen Markergenen in gentechnisch veränderten Bananen, Papayas, Mais, etc. aus?

    Auch wenn das so gut wie gar nichts mit Gentechnik zu tun hat, finde ich, dass eine der Ursachen des Protests eine Problematik ist, die praktisch nie angesprochen wird:
    Es wird immer stillschweigend davon ausgegangen, dass der Verbraucher mit einer einzigen Bananensorte zufrieden ist, auf keinen Fall eine Veränderung wünscht und der Krümmungsradius, die Grösse, das Gewicht und der Reifezustand unveränderlich bleiben müssen – und zwar für immer und alle Zeiten. Dies zeigt sich auch bei den obigen Kartoffeln: alles soll gleich bleiben, nur die Resistenzeigenschaft soll hinzukommen. Ist diese Grundannahme eigentlich gerechtfertigt? Wer hat mal die Verbraucher gefragt? Oder versagt hier das Angebot-Nachfrage-Prinzip, weil die Nahrungsmittelindustrie dem Verbraucher bequeme Produkte anbietet, die er gar nicht will?
    Vielleicht ist diese Unzufriedenheit die eigentliche Ursache der Proteste. Ich jedenfalls finde die Standardbanane Cavendish vom Geschmak her absolut scheusslich.

  9. @Carl
    Ganz schön steile Thesen, die du da über den Agrarmarkt der Zukunft aufstellst!

    Ich will noch anmerken, dass für die neue BASF-Kartoffel eine Zulassung als Lebensmittel beantragt wird (steht im verlinkten transgen-Artikel) und das der Wettlauf zwischen Bekämpfungsmethoden und Resistenzen so alt wie die Landwirtschaft selbst ist. Dasselbe Problem hätte man auch bei einer eingekreuzten Resistenz, das ist also ein schlechtes Argument, in diesem Fall die Gentechnik nicht der Züchtung vorzuziehen.

    @Mona:

    Patentierbarkeit der Natur

    Ja, soweit ich die Problematik von Gentpatenten verstanden habe, ist das in der Tat ein ziemliches Problem. Patente sind wohl allgemein gesehen ziemliche Innovationsbremsen, nicht nur im Biotech-Bereich, sondern praktisch überall. Da muss sich sicher viel ändern, und gleichzeitig darauf geachtet werden, dass gleichzeitig auch die Interessen der Erfinder und Entwickler gewahrt bleiben. Altes Problem, eigentlich nichts, was man explizit der Gentechnik anlasten müsste. Denn auch für konventionelle Pflanzen gibt es den Sortenschutz, dort ist die Situation ja ähnlich.

    Lasst uns also das Patentrecht umkrempeln und die Gentechnik für den Biotech-Mittelstand attraktiv machen! 😉

    Was deinen Link angeht, werden dort ja auch nur unkritisch die Märchen von den Selbstmorden unter indischen Bauern wiederholt, bin mir nicht sicher, wie ernst ich eine solche Seite dann noch nehmen kann.

  10. @Physiker

    Es ist heute nicht mehr so schwierig, Antibiotikaresistenzen zu vermeiden. Man kann bei Herbizidtoleranzen zB einfach das Herbizid zur Selektion hernehmen! Aber es gibt noch andere Mittel und Wege … was die konkret angesprochenen Sorten angeht, müsste ich erst recherchieren, weiß ich so aus dem Effeff nicht.

    Es wird immer stillschweigend davon ausgegangen, dass der Verbraucher mit einer einzigen Bananensorte zufrieden ist, auf keinen Fall eine Veränderung wünscht

    Sehe ich eigentlich nicht so. Im Supermarkt hier hat man schon eine ziemlich große Auswahl …

    Als Nebenbemerkung: Die Züchtung ist, soweit ich weiß, der Gentechnik bei solchen komplexen Merkmalen weit überlegen. Kloniert man nur einzelne Gene, verstehe ich das als „Gimmicks“, die man einer bestehenden Sorte hinzufügt. Um Die Sorte selbst weitreichend zu verändern, bietet es sich an, das Genom ein paar mal kräftig durchzuschütteln … Wie bei der Kreuzung.

  11. Gentechnik und Standardisierung

    Nachtrag:
    Der eigentliche Grund, warum Gentechnik eine so lukrative Option ist, sind doch die Monokulturen. Ohne gegen die Gentechnik zu argumentieren, scheint doch der vernünftigere Ausweg aus dem Wettrüsten zwischen Schädlingen und Nutzpflanzen (oder zumindest dessen Entschleunigung)die Entwicklung neuer Anbau-Konzepte mit grösserer Artenvielfalt zu sein. Kann doch nicht sein, dass wir im Zeitalter der Satellitenüberwachung von Feldern und Automatisierung keine technischen Lösungen finden, die den Ertrag verschiedener Sorten auf einem Feld maximieren, und die Ausbreitung von Schädlingen minimieren (und damit ebenfalls den Ertrag nachhaltig maximieren). Das Zauberwort heisst Nachhaltigkeit. Und die unwiederbringliche Verseuchung von Böden der derzeitigen Cavendish-Monokulturen durch einen Krankheitserreger ist alles andere als nachhaltig. Wenn Gentechnik zu einer nachhaltigeren Bewirtschaftung beitragen würde, dann wäre das sicher zu begrüssen (und mir fallen da sehr viele Möglichkeiten ein, die überhaupt nicht diskutiert werden). Leider sieht es aber nicht danach aus.

  12. @Martin B:

    “Sehe ich eigentlich nicht so. Im Supermarkt hier hat man schon eine ziemlich große Auswahl …”
    Eine Alternative zur Cavendish? Vielleicht im Exotenregal zu Apothekerpreisen…

  13. @Physiker:

    Zwei Sorten Kochbananen und diese Minibananen … Und klar sind die teurer. Willst du etwa maximale Vielfalt und das soll auch noch alles nichts kosten dürfen?

  14. Apfel vs. Banane

    @Martin B:
    Kostenlos wär’ mir ein bisschen zu billig. Aber werfen wir doch mal einen Blick auf den Apfel, denn in Deutschland werden nur etwas mehr Äpfel (ca. 1,6 Mio t) als Bananen (1,1 Mio t) verzehrt. Auch beim erwerbsmässigen Apfelanbau haben nur 7-25 Sorten dank EU-Richtlinien, Förderungen vom Bund und “ökonomischer” Überlegungen überlebt:
    http://www.planet-wissen.de/…fel/apfelsorten.jsp
    Die restlichen 2000 Sorten die es in Deutschland gibt werden übermässig privat angebaut. Warum haben also Privatpersonen 2000 verschiedene Apfelsorten in ihren Gärten, wenn ihnen laut Handel nur 7 Sorten schmecken?
    Und warum sollen denn Bananen soviel teurer werden, wenn man dort eine ähnlich grosse Diversität vorfinden würde wie bei Äpfeln?
    Was spricht denn dagegen, Bananen ähnlich unsortiert zu verkaufen, wie die gelegentlich anzutreffenden Kisten mit Streuobstäpfeln? Und warum soll der Preis steigen, wenn man das Aussortieren der Ware dem Kunden überlässt? Vielleicht will ich ja gerade die mittelgrosse/unreifere/reifere/stark gekrümmte/ungekrümmte Banane. Jeder der einen Garten hat, kann sich die Dimensionen vorstellen, die in unserem jetzigen System verschwendet werden. Es gibt nämlich keine Pflanze an der Einheitsobst wächst. Wenn sich die Vielfalt der Natur in unserem Warenangebot wiederspiegeln würde, dann wären alle mit Monokulturen verbundenen Probleme eine Grössenordnung unbedeutender.

  15. @ Statistiker

    Bio hat ja nun nichts mit Schrumpeläpfel zu tun, sondern mit einem Biosiegel, wofür der Erzeuger seinen Betrieb zertifizieren lassen muss und eben die Richtlinien der EU-Bioverordnung oder seines Bioverbandes einhalten muss. Das ist Bio, und sonst nichts. Ob das immer alles so logisch ist glaube ich nicht. Letztendlich wird es gemacht weil sich da ein immer größeres Bedürfnis bei den Verbrauchern entwickelt. Essen hat auch etwas mit Gefühlen zu tun und vielleicht gibt Bioware einfach ein besseres Gefühl für den Verbraucher als es konventionelle Ware kann. Von gentechnisch veränderten Früchten werden die meisten Verbraucher nichts wissen wollen. Warum? Sie haben nicht den Charme des Natürlichen, es ist techfood. Gentechniklebensmittel müssten erst die Verbraucher davon erzeugen, dass sie besser sind als Biolebensmittel. Kann ich mir aber nicht vorstellen, dass das gelingt. Das einzige Argument könnte der Preis sein. Aber da warte ich mal ab.
    In der Marktwirtschaft ist der Kunde König.

  16. Indische Bauern @Martin B.

    “Was deinen Link angeht, werden dort ja auch nur unkritisch die Märchen von den Selbstmorden unter indischen Bauern wiederholt, bin mir nicht sicher, wie ernst ich eine solche Seite dann noch nehmen kann.”

    Diese “Märchen” standen auch in verschiedenen Zeitungen. Beispielsweise im Spiegel und der Taz und auch das Fernsehen brachte einen Beitrag.

    http://www.spiegel.de/…aft/0,1518,446922,00.html

    http://www.taz.de/!77350/

    http://www.wdr.de/…ndungen/2008/0612/bauern.php5

    Monsanto selbst bestreitet natürlich einen Zusammenhang und gibt der indischen Regierung die Schuld.

    http://www.monsanto.de/…agen_zu_patenten_132.htm

    Allerdings musste diese den Bauern sowieso schon helfen: “Die indische Regierung hatte bereits Anfang 2008 ein umgerechnet knapp 10 Milliarden Euro umfassendes Hilfspaket für den Agrarsektor verabschiedet, mit dessen Hilfe 30 Millionen Kleinbauern die Schulden erlassen werden sollten. Bürgerrechtler kritisieren jedoch, dass das Programm nur Kredite bei Banken einschließt, nicht aber bei örtlichen Geldverleihern. Daher könne bisher nur ein Bruchteil der betroffenen Bauern von der Schuldentilgung profitieren.”

    Quelle: http://www.monsanto.de/…agen_zu_patenten_132.htm

    Zusammenfassend muss man anmerken, dass gentechnisch manipuliertes Saatgut bei Monokulturen mit ausreichender Bewässerung höhere Erträge bringen kann als herkömmliches. Aber in Gegenden die häufig von Dürre bedroht sind hat es sich nicht bewährt. Indien kämpft zudem mit einem sinkenden Grundwasserspiegel, der einerseits durch den Klimawandel verursacht wird, andererseits aber auch durch das Streben nach einem westlichen Lebensstil. Hier das Beispiel Coca-Cola:
    http://www.indiaresource.org/index.html

  17. Mit GVO-Saatgut Pleite?

    @Mona
    GVO-Saatgut ist zwar deutlich teurer als konventionelles, allerdings fällt es bei der Deckungsbeitragsrechnung des Pflanzenbaus trotzdem nicht groß ins Gewicht. Wenn ein Landwirt nicht wirtschaftlich produziert, liegt das mit Sicherheit nicht nur am GVO-Saatgut, sondern man kann davon ausgehen, dass dem auch andere Managementfehler zugrunde liegen.

  18. Falsche Quellenangabe

    Unter das Zitat: “Die indische Regierung hatte bereits Anfang 2008 ein umgerechnet knapp 10 Milliarden Euro umfassendes Hilfspaket für den Agrarsektor verabschiedet, mit dessen Hilfe 30 Millionen Kleinbauern die Schulden erlassen werden sollten…” gehört diese Quellenangabe:

    http://derstandard.at/…tmordserie-nach-Missernte

  19. @reuben c.

    “GVO-Saatgut ist zwar deutlich teurer als konventionelles, allerdings fällt es bei der Deckungsbeitragsrechnung des Pflanzenbaus trotzdem nicht groß ins Gewicht. Wenn ein Landwirt nicht wirtschaftlich produziert, liegt das mit Sicherheit nicht nur am GVO-Saatgut, sondern man kann davon ausgehen, dass dem auch andere Managementfehler zugrunde liegen.”

    Das größte Problem warum in Indien nicht immer wirtschaftlich produziert werden kann ist wohl die anhaltende Trockenheit. Hybrid-Saatgut bringt zwar mehr Ertrag, braucht aber auch mehr Wasser, Pestizide und Düngemittel.
    Ein weiteres Problem ist die Verteilung der Anbauflächen. In Asien, Afrika und Lateinamerika wurden große Teile der Agrarflächen an Unternehmen oder Staaten, wie China und Saudi-Arabien, verkauft oder verpachtet. Stichwort: Land Grabbing. Die einheimischen Bauern müssen auf immer weniger Land produzieren, da wirken sich “Managementfehler” natürlich verheerend aus, da es keine Reserven mehr gibt.

    http://wissen.dradio.de/…l?dram:article_id=11716

  20. @Mona

    Ok Mona, da hast du natürlich recht. Eine Betriebspleite kann, neben Managementfehlern, auch auf politischen Entscheidungen, eine veränderte Marktsituation, Preissteigerungen/-senkungen oder Krankheit beruhen. Diese Probleme waren aber auch schon vor GVO da.
    Ich bin überzeugt, dass es zu einseitig ist, alle Probleme einer Molekular-biologischen Technologie in die Schuhe zu schieben.

  21. @mona

    Ich bin gerade unterwegs und habe keine Gelegenheit, zu antworten. Reuben hat meinen Einwand aber schon genannt: Es ist schwer zu glauben, dass diese Probleme nun durch GVO hervorgerufen wurden.

  22. @mona

    Ich bin gerade unterwegs und habe keine Gelegenheit, zu antworten. Reuben hat meinen Einwand aber schon genannt: Es ist schwer zu glauben, dass diese Probleme nun durch GVO hervorgerufen wurden.

  23. @reuben c. @Martin B.

    “Ich bin überzeugt, dass es zu einseitig ist, alle Probleme einer Molekular-biologischen Technologie in die Schuhe zu schieben.”

    Das habe ich auch nicht gemacht. Ich wollte eher darauf hinweisen, dass man immer auch die Gesamtsituation der jeweiligen Länder betrachten muss. Was in Amerika gut funktioniert, das muss nicht zwangsläufig auch in Asien oder Afrika so funktionieren. Warum erzeugt man für diese Länder nicht Nutzpflanzen, die z.B. größere Trockenperioden gut überstehen? Es gibt Pflanzen die sogar lange Zeit ohne Wasser leben können, aber eine Übertragung der Trockentoleranz auf nicht-austrocknungstolerante Pflanzen durch genetische Manipulation ist anscheinend recht schwierig. “So konnte in einigen Versuchen zwar eine erhöhte Trockentoleranz erzeugt werden; es kam gleichzeitig jedoch zu morphologischen Deformationen.”

    Quelle: http://www.garten.uni-rostock.de/…i_NFM_2011.pdf

  24. @mona:

    Ich werfe mal Überflutungsresistenten Reis in die Runde:

    “@gedankenabfall Die Kartoffel mit Wildkartoffelgen ist so ähnlich wie der Überflutungsresistente Reis Sub1. Da gabs kein lautes Gejammer. Ob das daran liegt, dass der nur von den Ärmsten der Armen in Indien und Pakistan angebaut wird?”

    http://twitter.com/…statuses/132426904627200001 
    http://twitter.com/…statuses/132427040115802112 

  25. Überflutungsresistenter Reis @Martin B.

    Soweit mir bekannt ist steckt der überflutungsresistente Reis noch in der Entwicklungsphase. Gibt es dazu nicht bessere Informationen als zwei Links zu Twitter mit dem Inhalt: “Sorry, diese Seite existiert nicht!”?

  26. wie gesagt bin ich unterwegs und in habe die Sub1 Sache nur über Twitter Twitter reinbekommen – dachte ich setze schnell das als Zitat rein mit Link zur Quelle. ich habe keine Ahnung von Sub1-Reis, dachte aber das Stichwort hätte Potenzial für die Diskussion hier.

    Vielleicht hätte ich das lassen sollen, so zwischen Tür und Angel hat das keinen Sinn …

    Viele Grüße
    Martin

  27. Martin B.

    “ich habe keine Ahnung von Sub1-Reis, dachte aber das Stichwort hätte Potenzial für die Diskussion hier.”

    Das ist aber arg wenig für eine Diskussion 🙂 Ich hoffe aber, dass dieser Link etwas Licht in die Sache bringt:

    http://www.scienceblogs.de/…rfolgsgeschichte.php

  28. @Physiker
    Ich habe gar nichts gegen diverses Obst. Ich halte es aber für denkbar, dass es für den Handel bequemer ist, in Einheitsgrößen zu denken. Andererseits scheint der Bedarf an hochwertigen und diversen Lebensmitteln angesichts der florierenden Discounter-Landschaft in Deutschland sowieso nicht so hoch zu sein.

    @Carl
    Bio hat zwar in den letzten Jahren einen ziemlichen Aufschwung erlebt, aber ist IMO immer noch ein Nischenprodukt.

    Diese ganze Diskussion konventionell vs. GVO vs. Bio ist doch ausgelutscht und auf Dauer nervt es nur noch. Ich für meinen Teil hoffe, dass das Schubladendenken in dieser Hinsicht keinen Bestand hat und wir in der Zukunft nachhaltige Landwirtschaftskonzepte erleben, die die Vorteile all dieser Ansätze vereinen.

    @Mona
    So, noch mal in Ruhe und ganz langsam.

    Die Selbstmorde unter indischen Bauern sind natürlich keine Märchen, du hast recht. Asche auf mein Haupt – ich glaubte, in dem Artikel würde ein direkter Zusammenhang zwischen GVO-Anbau und den Selbstmorden hergestellt, was aber gar nicht der Fall war. Weniger Missverständnis, als vielmehr mein oberflächliches Lesen.

    Ich wollte eher darauf hinweisen, dass man immer auch die Gesamtsituation der jeweiligen Länder betrachten muss. Was in Amerika gut funktioniert, das muss nicht zwangsläufig auch in Asien oder Afrika so funktionieren.

    Damit gehen wir, denke ich, alle konform. Stupider Technologieexport ohne Rücksicht auf regionale Besonderheiten muss nicht funktionieren.

    Mein kurzer Einwurf zu dem Sub1-Reis war eigentlich als Antwort auf diesen Absatz von dir gedacht:

    Warum erzeugt man für diese Länder nicht Nutzpflanzen, die z.B. größere Trockenperioden gut überstehen?

    Ohne mich (wie ich oben schon sagte) mit den ganzen Details von Sub1-Reis auszukennen, wird dieser auf jeden Fall bereits eingesetzt und ist sehr beliebt. Das Twitter-Zitat oben stammt von @Argent23 aka Alexander Knoll von den deutschen Sciencblogs, in dem er darauf verwies, dass dieser in Rekordzeit zugelassen wurde und auch rekordverdächtig schnell angenommen wurde, ohne dass es eben den üblichen großen GVO-Aufschrei gegeben hätte – vielleicht weil der mit MAS erzeugt wurde und nicht mir „reinrassiger“ Gentechnik?

    Folgendes lese ich bei IRRI in einer Pressemitteilung von 2010:

    “Swarna-Sub1, released in August 2009, is the first submergence-tolerant, high-yielding rice variety in India,” said Dr. Singh. “It was released in record time and is spreading at an unprecedented speed.”

    Es gibt diesen von dir erwähnten Dürreresistenzen vergleichbare Entwicklungen.

    Viele Grüße
    Martin

  29. Gentechnik

    Gentechnik ist nichts Neues. Ich habe in frühen DDR-Jahren indische, japanische und neuseeländischen Arbeiten zur Gentechnik übersetzt. Es ging darin nicht allein um Ertragsverbesserung und Resistenzen, sondern sogar um den Einbau tierischer Gene in Pflanzen, um auf die grausame “Tierproduktion” (ein schreckliches Wort) und den grausamen Tiertransport verzichten zu können. Dem pflanzlichen Protein sollten damit die Eigenschaften des tierischen Proteins vermittelt werden. Aber offensichtlich gibt es nach wie vor Interessenten einer Unterbindung dieser Forschungen, weil sie entweder ihre religiöse Haltung (erst 1948 wurde der Bannfluch von Häckels Lehre der geschlechtlichen Vermehrung der Pflanzen genommen!) oder ihren Profit (chemische Industrie) in Gefahr sehen.

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