Ramadan, alle Jahre wieder

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Am 20. Juli hat in diesem Jahr der islamische Fastenmonat Ramadan begonnen. In den letzten Jahren habe ich es mir zur Tradition gemacht, zu diesem Anlass einen Beitrag zu schreiben und möchte dies auch beibehalten. Heute möchte ich mich auf eine Frage beziehen, die mir in einem Kommentar auf meinen letzten Artikel gestellt wurde. Es ging darum, wie sich ein wirklich praktizierter Islam mit dem europäischen Fußball-Business verträgt. Ich möchte nun darauf eingehen, wie es etwa muslimische Fußballer in der Bundesliga mit dem Fasten halten und welche Regelungen es dazu gibt.

Zunächst einmal muss festgehalten werden, dass es bezüglich des Fastens im Allgemeinen Alternativen gibt. Diese habe ich vor etwa zwei Jahren in einem eigenen Text vorgestellt. Hier möchte ich die Regelungen in aller Kürze anführen.
Wer auf Reisen ist oder aus gesundheitlichen Gründen nicht fasten kann, der kann die versäumten Fastentage zu einem späteren Zeitpunkt nachholen. Dies gilt unter anderem auch für Schwerarbeiter. Für Menschen, die generell nicht fasten können, bietet der Koran mit der „Armenspeisung“ eine soziale Alternative an. Dabei gilt es, für jeden versäumten Tag oder den ganzen Monat einen Bedürftigen mit Nahrung zu versorgen bzw. ihm eine Summe zukommen zu lassen, mit der er einen Tag auskommen kann. Der durchschnittliche tägliche Bedarf des Spendenden ist der Maßstab für diesen Betrag.

Konkret heißt das: Das Fasten ist zwar ein sehr wichtiges Gebot im Islam und gehört zu den fünf Säulen, allerdings gibt es Alternativen, die einen vernünftigen Umgang mit diesem Gebot möglich machen.

Dies gilt natürlich auch für muslimische Fußballer in den europäischen Ligen. Vor zwei Jahren gab es einen brisanten Fall in der Bundesliga, als der FSV Frankfurt drei muslimische Spieler wegen des Fastens abmahnte. Die Spieler hatten sich vorher nicht die Einverständniserklärung des Vereins geholt. Um weitere derartige Fälle zu vermeiden, fungierte der Zentralrat der Muslime als Vermittler und holte sich von der Azhar-Universität, einer der höchsten Autoritäten des Islam, eine Fatwa (religiöses Gutachten) ein, die den muslimischen Fußballern erlaubt, ihr Fasten abzubrechen. Nun ist al-Azhar, auch unter Berücksichtigung ihrer Stellung und Bedeutung nicht etwa der Vatikan und deshalb müssen ihre oder auch Fatwas von anderen religiösen Einrichtungen nicht für alle (auch nicht unter den Sunniten) Muslime verbindlich sein.
Letztendlich muss es jedem selbst überlassen sein, wie er damit umgeht. In den Westfälischen Nachrichten habe ich einen Artikel gefunden, der einige Stimmen muslimischer Fußballer aus der Bundesliga und anderen europäischen Ligen anführt. Der Bremer Mehmet Ekici zahlt die Armeisenspeisung an Kinder, Sami Allagui, der nun in Berlin spielt, versucht an freien Tagen zu Fasten, während der vor zehn Jahren zum Islam konvertierte Franck Ribery vom FC Bayern unter der Woche, aber nicht an Spieltagen fastet. Nicolas Anelka wiederum hat gemerkt, dass es ihm nicht gut tut und sich dafür entschieden, es nicht mehr strikt einzuhalten.

Auch an den olympischen Spielen in London nehmen zahlreiche muslimische Athleten teil, die es auf unterschiedliche Weise handhaben.

Mein Respekt gebührt allen, die trotz des langen Tages und teilweise hohen Temperaturen so viel Willensstärke zeigen und sich an das Fastengebot halten. Ebenso viel Respekt aber auch allen, die für sich erkennen, dass es einfach nicht möglich ist und stattdessen auf die Alternativmöglichkeiten zurückgreifen.

Allen Muslimen wünsche ich einen gesegneten Fastenmonat!

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Veröffentlicht von

Hussein Hamdan M.A., geb. 1979 studierte Islam- und Religionswissenschaft sowie Irankunde in Tübingen und schloss sein Studium 2007 mit einem Magister ab. Anschließend folgte, ebenfalls an der Universität Tübingen, die Doktorarbeit über das Wirken der Azhar-Universität im christlichen-islamischen Dialog, die im März 2013 abgeschlossen wurde. Hussein Hamdan war die ersten beiden Jahre seiner Promotion Stipendiat der Konrad-Adenauer-Stiftung, ehe er 2009 für zwei Jahre Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Zentrum für interkulturelle Kommunikation in Heidelberg wurde. Dort verfasste er u.a. den Band „Muslime in Deutschland. Geschichte, Gegenwart und Chancen“. Aktuell ist er an der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart angestellt und für das Projekt „Gesellschaft gemeinsam gestalten – Junge Muslime als Partner“ verantwortlich. Hussein Hamdan ist Autor und Sprecher der Kolumne „Islam in Deutschland“ (SWR) und Referent zu diversen Themen des Islam. Seine Schwerpunkte sind Muslime in Deutschland, Interreligiöser Dialog, Humor im Islam sowie Einführungen in die Grundlagen, Quellen und Geschichte des Islam. Zudem ist er Mitglied des Runden Tischs Islam von Integrationsministerin Bilkay Öney in Baden-Württemberg. Hamdan hat sich in den letzten Jahren in verschiedenen Bereichen des interreligiösen und interkulturellen Dialogs engagiert. Von 2004-2007 moderierte er in Tübingen den Arabisch-Amerikanischen Dialog. Aktuell ist er Vorstandsmitglied des Bendorfer Forums.

11 Kommentare

  1. Religiöse Traditionen unterdrücken

    Religionen drehen sich im Kreis, Jahrtausende alte Rituale werden dabei zum Selbstzweck. Welchen Sinn soll das Fasten am Tag und das übermäßige Essen nach Untergang der Sonne machen?

    Die abrahamitischen Religionen: Judentum, Christentum und Islam unterdrücken die Menschen. Dazu gehört es Rituale aufzustellen und die Menschen zu zwingen, sie einzuhalten. Damit demonstrieren die Religionen ihre Macht. Religiöse Rituale dienen der Unterdrückung des Individuums und sind gegen die Selbstbestimmung gerichtet.

    Ich bin gerne bereit, gegenüber Print- und Internetmedien zum Unterschied zwischen religiöser Weltsicht und rationaler Welterklärung Stellung zu nehmen.

    Joachim Datko – Physiker, Philosoph
    Forum für eine faire, soziale Marktwirtschaft
    http://www.monopole.de

  2. @Joachim Datko: Rituals for Atheists?

    “Rituals are just sets of actions that have some symbolic meaning” und Alain de Botton vermisst als Atheist und Autor von Religion for Atheists Rituale.
    Wenn Joachim Datko schreibt: “Religiöse Rituale dienen der Unterdrückung des Individuums und sind gegen die Selbstbestimmung gerichtet.” so sieht er die Teilnahme des Individuums an der (religiösen) Gemeinschaft in Form von Ritualen als Aufgabe der Selbstbestimmung des Individuums. Für die Dauer des Rituals mag das zutreffen – das Individuum tritt zurück -, doch der Mensch ist eben mehr als ein Individuum.

    Es gibt viele soziale Regungen bei den meisten Menschen und wenn die Aufgabe von religiösen Überzeugungen automatisch auch das Aufgeben dieser sozialen Regungen bedeuten würde, wäre das schlecht für die Zukunftsfähigkeit des Atheismus, denn der Mensch würde als Einzelwesen zurückgelassen werden.

    Alain de Botton listet folgende sozialen Bedürfnisse auf, welche bis jetzt von Religionsgemeinschaften abgedeckt wurden und deren Verlust schwer verkraftbar wäre:
    – Gemeinschaftssinn, Beständige Bindunungen und Beziehungen, Überwinden von Neid und des Gefühls des Ungenügens, Überwindung des Ausgelieferstein an die Aktualität, Reisen als Bereicherung und Bewusstseinserweiterung(Pilgerreisen in der Religion), Kunst, Architektur und Musik als Bereicherung und etwas Überindividuelles erleben.

    Joachim Datkos Kommentartitel
    Religiöse Traditionen unterdrücken suggeriert, dass religiöse Traditionen nur negativ zu bewerten sind, dass sie das Individuum unterdrücken und deshalb unterdrückt werden müssen.
    Doch die von ihm als Ersatz angebotene “rationale Welterklärung” kann möglicherweise keinen echten Ersatz für das Gemeinschaftsgefühl bieten, dass auch von einem Ritual wie dem gemeinsamen Fasten geboten wird.

    Tatsache ist, dass auch Menschen, die von ihrem Beruf aus zu einer “rationalen Welterklärung” neigen, wie beispielsweise Naturwissenschafter, so etwas wie Rituale kennen. Die Vergabe des Nobelpreises, die Laureatentage in Lindau, die Aufnahme in ein Team, welches sich einem ambitionierten Ziel widmet wie es das Team der CERN-Wissenschafter macht, können als Ersatzrituale betrachtet werden.

    Leider sind aber vielen einfacheren Leuten – Leuten, die eben keine Wissenschaftler, Autoren oder Figuren des öffentlichen Lebens sind – solche säkulare Rituale und säkulare Gemeinschaften verwehrt wie sie erfolgreiche Wissenschaftler in der Form von Ehrungen oder Autoren in der Form von Lesungen vor Fans (Gläubigen?) kennen.

  3. Erst einmal, danke Herr Hamdan, dass Sie auf meine Frage zu Ihrem letzten Artikel eingegangen sind.
    Allerdings hätte mich natürlich interessiert, wie die beiden, von Ihnen angesprochenen Nationalspieler damit umgehen.
    Aber ich denke, wir werden uns einig sein, dass es für einen Profisportler extrem schwierig bis unmöglich ist, die Regeln des Islam auch einzuhalten. Denn das Fasten ist ja nur das eine, die fünf Gebete am Tag werden sich wohl kaum für einen Mannschaftssportler mit Profivertrag realisieren lassen. Die Haddsch allerdings schon … und bei Großverdienern wie Özil und Kedira auch die Almosensteuer.
    Ich gehe allerdings davon aus, dass der globale Kapitalismus auch hier der große Gleichmacher ist und sich seine Regeln letztlich durchsetzen. Und gerade der aktuelle Profifußball ist Kapitalismus in Reinkultur (übrigens werden auch da Gewinne privatisiert und Verluste sozialisiert … und Real Madrid oder Schalke 04 sind einfach “too big to fail”).

    @Joachim Datko: Sie schreiben immer das Gleiche. Und zwar überall.

  4. @ Piepke

    Hallo Herr Piepke,

    wie Özil und Khedira damit umgehen, kann ich nicht sagen. Damit habe ich mich nicht beschäftigt. Özil hat in einem Interview erklärt, dass er gläubig ist und vor Spielbeginn gerne ein Gebet spricht, aber ob er praktiziert, weiß ich nicht.

    Ja, für einen Profisportler sind bestimmte Gebote schwierig einzuhalten, aber wie gesagt, es gibt ja Alternativen. Das gilt auch für die 5 Gebete. Wenn man ein Gebet versäumt, dann kann man es später nachholen.
    Es gibt also keine Ausreden. 😉

  5. Richtiges Fasten

    Medizinisch gesehen ist Fasten unabhängig von religiösen Traditionen eine gute Sache für Körper und Geist, wenn es freiwillig geschieht, ohne Zwang und nicht wegen Mangel, dann hat es positive Effekte, wenn man es „richtig“ macht, auch für Atheisten.
    Nicht nur überflüssiges Fett wird abgebaut, auch der Darm, die Bauchspeicheldrüse und die Leber profitieren von der Erholungsphase und der Wille geht gestärkt aus ein paar Tagen oder Wochen ohne Nahrung hervor, die Konzentrationsfähigkeit wird besser, man fühlt sich wie neu geboren.
    „Richtig“ fasten heisst aber in medizinischer Sicht: Überhaupt keine Kalorien über einige Zeit zu sich nehmen, so dass der Körper seine Reserven (Fett) einmal verbrauchen kann.
    Völliger Unsinn bzw. kein Fasten ist es, wenn die Essenszeiten nur verschoben werden, wenn nach Sonnenuntergang gevöllert wird, brutal gegen die biologische „innere Uhr“, welche ja auch die Tätigkeiten der Verdauungsorgane in einem speziellen Tagesrhythmus steuert.
    Ungesund ist auch das Verbot von Wasser am Tage, wenn die Hitze gross ist und man Wasser durch Schwitzen verliert, dann wird die Entgiftung des Körpers über die Nieren eingeschränkt, und das kann nicht gut sein. Wasser enthält ja keine Kalorien, es ist keine Nahrung sondern dient nur der Entgiftung, und deshalb sollte es beim Fasten reichlich auch am Tag getrunken werden. Zusätzlich sollte an jedem Fastentag ein halbes Gramm Vitamin C genommen werden, weil der Körper es braucht und keine Reserven davon hat.
    Kurz und gut: Mit Verstand, nicht mit religiösen Doktrinen ist Fasten eine wertvolle Kur.

  6. @Steffen Rehm

    Sie sollten Kabarettist werden! Ernsthaft! Ihr trockener, wenn auch deplatzierter Humor ist herrlich! 🙂

  7. Religionen gegen Vernunft

    Zu Steffen Rehm 01.08.2012, 21:20 Zitat : ” … kein Fasten ist es, wenn die Essenszeiten nur verschoben werden, wenn nach Sonnenuntergang gevöllert wird,… Ungesund ist auch das Verbot von Wasser am Tage, wenn die Hitze gross ist und man Wasser durch Schwitzen verliert, “

    Wir haben den Humanismus und die Wissenschaften. Der Humanismus stellt den Menschen mit seinen individuellen Bedürfnissen in den Mittelpunkt und nicht etwa fiktive Götter und Teufel. Die Wissenschaften erklären die Welt rational und führen zu Wohlstand und einer sehr guten medizinischen Versorgung. Das Selbstbestimmungsrecht des Menschen wird von den großen Religionen nicht respektiert, sie sind meiner Ansicht nach Feinde des Menschen.

    Streng religiöse Menschen sollten meiner Meinung nach jedes Jahr für einige Wochen Urlaub von der Religion machen, um auf andere Gedanken zu kommen.

    Ich bin gerne bereit, gegenüber Print- und Internetmedien, zu den durch die abrahamitischen Religionen verursachten Gefahren ausführlich Stellung zu nehmen.

    Joachim Datko – Physiker, Philosoph
    Forum für eine faire, soziale Marktwirtschaft
    http://www.monopole.de

  8. @ Ramdanende

    Bei Sonnenuntergang heute abend endet der diesjährige Ramadan und morgen beginnt das dreitägige Fest des Fastbrechens.

    Ich wünsche allen Muslimen ein gesegnetes und schönes Fest und uns allen eine angenehme und friedliche Sommerzeit.

    Hussein

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