Die islamische Gottesvorstellung- eine kurze Einführung

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Der Glaube an Gott ist das Zentrum des Islam. Sämtliche Regeln und Riten der Religion sind auf die uneingeschränkte Hingabe an Gott gerichtet.
Muslime glauben an einen einzigen Gott, Schöpfer und Erhalter der Welt. Er hat keine Partner neben sich und duldet auch keine.
Der erste Teil des islamischen Glaubensbekenntnisses drückt dies deutlich aus: Es gibt keinen Gott außer Gott.

Die Eigenschaften Gottes:
Kennzeichnend für die islamische Gottesvorstellung sind die 99 Eigenschaften Gottes, die als „schönste Namen Gottes (Asma` Allah al-Husna)“ im Koran erwähnt werden.
In Sure 59, 22-24 lässt sich die umfangreichste koranische Auflistung göttlicher Eigenschaften finden. Es ist sozusagen ein Loblied auf Gott:

„Er ist Gott, außer dem es keinen Gott gibt, der über das Unsichtbare und das Offenbarte Bescheid weiß. Er ist der Erbarmer, der Barmherzige. Er ist Gott, außer dem es keinen Gott gibt, der Herrscher (König), der Heilige, der Heilbringende, der Stifter der Sicherheit, der Beschützer, der Erhabene, der Unwiderstehliche, der Majestätische. Preis sei Gott! (Er ist erhaben) über das, was sie (Ihm) beigesellen. Er ist Gott, der Schöpfer, der Erschaffer, der Formgebende. Sein sind die schönsten Namen.
Ihn preist, was in den Himmeln und auf Erden ist: Er ist der Mächtige, der Weise.“

Weitere Beispiele für Namen/ Eigenschaften Gottes sind u.a.: der Richter, der Gerechte, der Liebevolle, aber auch der Rächer.
Die beiden am häufigsten im Koran vorkommenden Attribute Gottes sind ar-Rahman (der Erbarmer) und ar-Rahim (der Barmherzige). Damit wird nach islamischer Auffassung die prinzipielle Güte und Barmherzigkeit Gottes ausgedrückt, die Er sich selbst vorgeschrieben hat. In Sure 6,12 heißt es dazu:

„Sprich: „Wessen ist, was in den Himmeln und auf Erden ist?“ Sprich: „Gottes.“ Vorgeschrieben hat Er sich selbst die Barmherzigkeit.“

Bis auf die 9. Sure werden alle 114 Suren des Korans mit der Basmala-Formel (Im Namen Gottes, des Erbarmers, des Barmherzigen) eröffnet.
Mit dieser Formel beginnen viele fromme Muslime jede Tätigkeit.

Gott ist also barmherzig, liebevoll und vergebend aber auch streng im Strafen wie Sure 40; 2-3 erwähnt wird:

„Die Offenbarung des Buches ist von Gott, dem Mächtigen, dem Wissenden. Der die Sünde vergibt und die Reue annimmt, dem Strengen im Strafen, dem Langmütigen.

Die islamische Theologie spricht einerseits von Attributen, die Gott notwendigerweise besitzen muss, wie z.B. das Leben, die Fähigkeit zu hören, zu sehen oder auch die göttliche Allwissenheit während andererseits von Attributen wie z.B. Tod, Blind- und Taubheit oder Unwissenheit, die Gott niemals besitzen kann, die Rede ist.
Zentral für die islamische Gottesvorstellung ist der Koranvers: „Nichts ist Ihm gleich. Und er ist der Hörende, der Sehende“, woraus die Theologen auf die Unvergleichlichkeit Gottes schließen. Die islamische Theologie trennt also strikt zwischen Schöpfer und Geschöpf.
Eine weitere Vorstellung in diesem Zusammenhang geht davon aus, dass Gott, da er unabhängig von Raum und Zeit ist, weder mit den Sinnen wahrgenommen werden kann, noch von der Vorstellungskraft des Verstandes erfasst werden kann. Dazu heißt es im Koran in Sure 6, 103:

„Kein Blick erfasst Ihn. Er aber erfasst alle Blicke. Und er ist der Unfassbare (Gütige), der Kundige.“

Das Wirken Gottes:
Ist im Koran von Gott als dem „Schöpfer“ die Rede, so ist hiermit nicht ein einmaliger Schöpfungsakt gemeint; zwar hat Gott die Welt und die Menschen erschaffen, jedoch setzt sich seine Schöpfungstätigkeit weiterhin ununterbrochen fort.
Das Verhältnis Gottes zum Menschen sieht nach islamischer Auffassung folgendermaßen aus:
Gott stellt die Menschen auf die Probe und zwar durch Gutes und Böses, Gewinn und Leiden, um festzustellen, wer ihm treu bleibt und wer von ihnen am besten handelt (11,7), d.h. wer glaubt und sein Leben im Glaubensgehorsam führt.
Gott ist der Herr der Welten (40,64); der Herr des Ostens und des Westens (73,9).
Er ist der einzige Sachverwalter, der dem Menschen von Nutzen sein kann, denn er ist der einzige Richter, der jeden für seinen Glauben und sein Tun zur Verantwortung ziehen wird.
Gott steht dem Menschen sehr nahe; er ist ihm näher als seine Halsschlagader (50,16).
In seinem Urteil ist Er jedoch aber immer gerecht; daher ist Er auch der Gerechte.

Zusammenfassend lässt sich sagen:
Gott ist nach islamischer Vorstellung einer, ein einziger; er ist anfangs- und endlos. Er ist der Schöpfer, der Erschaffer, der Richter, der die Allmacht über alles besitzt. Sein Wille geschieht und wird geschehen.
Er hat durch die Propheten zu den Menschen gesprochen.

Diese grundlegenden Gemeinsamkeiten mit dem christlichen Gottesbild haben durch das Zweite Vatikanische Konzil eine entsprechende Würdigung gefunden. Die Päpste haben nach dem Konzil immer wieder bekräftigt: Christen und Muslime beten denselben Gott an.
Der Koran äußert sich in ähnlicher Weise: Sure 29;46:

„Und diskutiert mit den Leuten des Buches nur auf die beste Art und Weise, mit Ausnahme derer von ihnen, die Unrecht tun. Und sagt: Wir glauben an das, was zu uns herabgesandt und zu euch herabgesandt wurde. Unser Gott und euer Gott ist einer. Und wir sind Ihm ergeben.

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Veröffentlicht von

Hussein Hamdan M.A., geb. 1979 studierte Islam- und Religionswissenschaft sowie Irankunde in Tübingen und schloss sein Studium 2007 mit einem Magister ab. Anschließend folgte, ebenfalls an der Universität Tübingen, die Doktorarbeit über das Wirken der Azhar-Universität im christlichen-islamischen Dialog, die im März 2013 abgeschlossen wurde. Hussein Hamdan war die ersten beiden Jahre seiner Promotion Stipendiat der Konrad-Adenauer-Stiftung, ehe er 2009 für zwei Jahre Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Zentrum für interkulturelle Kommunikation in Heidelberg wurde. Dort verfasste er u.a. den Band „Muslime in Deutschland. Geschichte, Gegenwart und Chancen“. Aktuell ist er an der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart angestellt und für das Projekt „Gesellschaft gemeinsam gestalten – Junge Muslime als Partner“ verantwortlich. Hussein Hamdan ist Autor und Sprecher der Kolumne „Islam in Deutschland“ (SWR) und Referent zu diversen Themen des Islam. Seine Schwerpunkte sind Muslime in Deutschland, Interreligiöser Dialog, Humor im Islam sowie Einführungen in die Grundlagen, Quellen und Geschichte des Islam. Zudem ist er Mitglied des Runden Tischs Islam von Integrationsministerin Bilkay Öney in Baden-Württemberg. Hamdan hat sich in den letzten Jahren in verschiedenen Bereichen des interreligiösen und interkulturellen Dialogs engagiert. Von 2004-2007 moderierte er in Tübingen den Arabisch-Amerikanischen Dialog. Aktuell ist er Vorstandsmitglied des Bendorfer Forums.

13 Kommentare

  1. @ Nic

    Vielen Dank für den Hinweis auf Alan Poseners Buch. Ich werde es mir anschauen, da es auch für meine Doktorarbeit wichtig sein könnte. Ich promoviere zum Christlich-islamischen Dialog der Azhar (Universität) und mein Schwerpunkt ist der Dialog mit dem Vatikan. Man merkt deutlich, dass sich mit Papst Benedikt XVI. in Sachen Dialog etwas verändert hat.

  2. ein gott

    es wäre ja irgendwie schon seltsam, wenn christen (oder juden) und muslime einen unterschiedlichen gott hätten
    das käme mir sehr mysteriös vor

  3. Sehr hilfreich.
    Vor allem für mein Referat.
    Ich hoffe, dass ich die Erlaubnis habe einige Sätze hieraus zu entnehmen.

  4. Lieber Herr Hamdan,
    Ich habe etwas über den Islam recherchiert und ihre Webseite hat mir viele Informationen über meine Religion gegeben. Ich trage kein Kopftuch und eine Frau hat mir mal erzählt das ich mich erst als Muslimin benennen kann wenn ich ein Kopftuch trage und den Koran befolge. Nun ja erstmal ich versuche die Regeln zu befolgen , doch so manches mache ich nicht wie beispielsweise ‘Nur 10 sek. einen Mann anschauen’ geht auch in Deutschland schwer und würde es auch sehr unhöfflich finden. Meine Frage ist jetzt eigentlich gällte ich jetzt wirklich nicht als Muslim sondern so gesehen als Atheistin?

  5. Dass Christen und Muslimen den selben Gott anbeten lässt sich ganz einfach widersprechen: Der Gott der Christen ist der dreieinige Gott, der sich auf keinen Fall mit Allah vergleichen lässt. Für Christen ist Jesus = Gott. Das lehnt der Islam kategorisch ab. Für den gibt es auch keinem heiligen Geist (soweit ich weiß), der in den Menschen lebt.

  6. aus der Beobachtung, dass die Vorstellungen des christlichen Gottes und des islamischen Gottes Gemeinsamkeiten aufweisen, kann man doch nicht deren Identität ableiten.
    Katzen und Hunde weisen auch viele Ähnlichkeiten auf, sind aber trotzdem nicht identisch.
    Von beiden Gottesvorstellungen wird behauptet, sie seien
    “einer, ein einziger; er ist anfangs- und endlos. Er ist der Schöpfer, der Erschaffer, der Richter, der die Allmacht über alles besitzt. Sein Wille geschieht und wird geschehen. ”
    Gleichzeitig wird in den Gottesvorstellungen behauptet, dass der jeweilige Gott sich wohlwollend dem Menschen gegenüber verhalten würden.

    Geschichtlich gibt es unterschiedliche Rituale der Verehrung, es gibt eine häufige Abgrenzung der Religionen untereinander. Kriege resultierten bzw resultieren daraus.
    Falls ein solcher Gott wohlwollend wäre, so wäre es m.E. zu erwarten, dass er durch eine unzweifelhafte Offenbarung in diesem Punkt für Klarheit sorgen würde.
    Da dies nicht passiert, ist er nicht wohlwollend und entspricht damit nicht den genannten Eigenschaften.

    Für mich ist es wesentlich plausibler, dass unterschiedliche Kulturen unterschiedliche Gottesvorstellungen entwickelt haben. Diese ähneln sich teilweise und widersprechen sich teilweise.

  7. Die Verwirrung über die verschiedenen Gottesbilder legt sich, sobald man sich an das hält, was man sicher weiß: Gott – in welcher Sprache auch immer bezeichnet – ist die zentrale Figur in monotheistischen Offenbarungstexten. Erst einmal also ein literarisches Phänomen. Aus der Interpretation dieser Texte folgern Gläubige Handlungsweisen, mit denen wir umgehen müssen, ob wir der jeweiligen Kultur angehören oder nicht. Ich als Agnostiker nutze durchaus die Aussagen verschiedener Offenbarungstexte ebenso, bloß dass ich keinen besonderen Bezug zur zentralen Figur habe. Ein solcher Textbezug ermöglicht Toleranz ohne Indifferenz, da ich ja politisch handeln muss.
    Sobald man Gott in dieser oder jener Darstellung als existent setzt, werden die anderen Texte zu Falschaussagen degradiert. Gott hat halt einen Sohn oder eben nicht. Das Beste, was Gläubige voneinander erwarten können, ist also die Toleranz gegenüber den Falschaussagen der jeweils anderen. Das Schlimmste der Glaubenskrieg der extremen Evangelikalen, Taliban und all derer, die ja nur die Unwahrheit tilgen wollen. Leider treffen sie dann immer die, die an diese Unwahrheit glauben!

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