Hilary Mantel über Kate: Das sagte sie wirklich

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Wer die brillanten historischen Romane von Hilary Mantel gelesen hat, wird nicht glauben, dass die mehrfach preisgekrönte britische Schriftstellerin es nötig hätte, über Herzogin Kate zu “lästern”, wie es zum Beispiel der Focus ausdrückt.

Aber sogar Premierminister David Cameron nannte Mantels Äußerungen über Kate „completely misguided” 

Er bekräftigt weiter, die Herzogin sei eine hervorragende Botschafterin ihres Landes. Das hat Mantel aber nie bestritten. Denn in ihrem Vortrag unter dem Titel „Royal Bodies“, den sie im Rahmen der London Review of Books Winter Lectures im British Museum gehalten hat, geht es ihr nicht um eine kritische Form der Hofberichterstattung als viel mehr um eine Betrachtung der Monarchie schlechthin.

Anne Boleyn via Wikimedia Commons

Ob dieses Portrait tatsächlich Anne Boleyn, die zweite Ehefrau Heinrichs VIII. zeigt, ist nicht gewiss. Auf alle Fälle waren auch die königlichen Gemahlinnen im 16. Jahrhundert – wie heute Kate Middleton – vor allem Lieferantinnen von königlichem (männlichem) Nachwuchs, erklärt Hilary Mantel (Foto: via Wikimedia Commons).

Tatsächlich sagt sie all die Dinge, mit denen sie zitiert wird: Kate sei wie eine Schaufensterpuppe, die mit Kleidern behängt wird, wirke wie maschinell gefertigt, makellos und gelackt. Aber sie sieht das im historischen Zusammenghang. Der Titel „Royal Bodies“ fasst ihre These, die sie auch in Hinblick auf die Geschichte allgemein und die Geschichte Heinrichs VIII. im Besonderen formuliert,  ganz gut zusammen: Die „Royals“ seien im Grunde nichts anderes als „body parts“. Mit einem Körper, der dafür gemacht sei, angeschaut zu werden – Monarchie als Entertainment.

Den absolut lesens- und hörenswerten Vortrag hat die London Review of Books veröffentlicht, sowohl die schriftliche Fassung des Vortrags als auch die Lesung durch Hilary Mantel als Podcast. Eine sehr schöne Stelle ist zum Beispiel die Beschreibung der persönlichen Begegnung der Autorin mit der Königin: “I passed my eyes over her as a cannibal views his dinner”.

Dort geht es zwischendurch übrigens auch um den vor Kurzem bekannt gewordenen Parkplatzfund der Knochen von Richard III.

 

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Ich bin Kunsthistorikerin und arbeite freiberuflich als Redakteurin/Lektorin/Autorin. Dieser Blog enthält Überlegungen und Informationen, die ich sonst nirgendwo unterbringe. Die aber rauswollen.

4 Kommentare

  1. Lex Salica

    Bildunterschrift: “Ob dieses Portrait tatsächlich Anne Boleyn, die zweite Ehefrau Heinrichs VIII. zeigt, ist nicht gewiss. Auf alle Fälle waren auch die königlichen Gemahlinnen im 16. Jahrhundert – wie heute Kate Middleton – vor allem Lieferantinnen von königlichem (männlichem) Nachwuchs, erklärt Hilary Mantel (…).”

    Die Sache mit dem männlichen Nachwuchs kann ich nicht recht nachvollziehen, weil im Vereinigten Königreich ja eine Königin regiert. Das salische Erbfolgegesetz, welches als Vorwand diente weibliche Mitglieder von Herrscherhäusern von der Thronfolge auszuschließen, setzte sich in England nicht durch.

  2. Niemand hat
    etwas dagegen, wenn Traditionen abgebaut werden. Dies ist auch dann möglich, wenn kein Ersatz angeboten wird.

    ‘No matter how silly the idea of having a queen might be to us, as Americans we must be gracious and considerate hosts.’ (Frank Drebin, “Die Nackte Kanone“)

    Nichtsdestotrotz dient im UK die Monarchie rahmengebend den britischen demokratischen Befindlichkeiten und sowas scheint auch uns, wenn wir uns einmal spaßeshalber englischsprachig ummänteln, nicht angemessen: ‘But Kate Middleton, as she was, appeared to have been designed by a committee and built by craftsmen, with a perfect plastic smile and the spindles of her limbs hand-turned and gloss-varnished. When it was announced that Diana was to join the royal family, the Duke of Edinburgh is said to have given her his approval because she would ‘breed in some height’. Presumably Kate was designed to breed in some manners. She looks like a nicely brought up young lady, with ‘please’ and ‘thank you’ part of her vocabulary. But in her first official portrait by Paul Emsley, unveiled in January, her eyes are dead and she wears the strained smile of a woman who really wants to tell the painter to bugger off.’

    Bleibt aber Geschmackssache.

    Ein wichtiger Artikel, eine wichtige Nachricht, danke dafür!

    MFG
    Dr. W

  3. Männliche Thronfolger …

    … hielt z. B. Heinrich VIII. für besser, weil nur sie die dynastische Linie fortsetzen konnten. Eine Tochter konnte zwar Königin werden, ihre Nachkommen und damit die künftigen Thronanwärter aber wurden dann von einem Mann aus einer anderen Familie gezeugt. Deshalb stehen bis heute die Frauen in der Thronfolge hintan in England. Elisabeth wurde nur Königin, weil sie keinen Bruder hatte. Aber das wird gerade geändert, glaube ich.

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