KOSMOlogs-Wunsch: Exoplaneten – Welten um fremde Sterne II

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Astronomie mit eigenen Augen
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Aus anthropozentrischer Sicht war unser Sonnensystem bis zum Jahre 1992 ein Unikum im All. Im Zentrum ein Stern, umkreist u.a. von Planeten aus Gestein und Gas, darunter unsere Erde. Nur in der Theorie kreisten bis zu diesem Jahr Planeten auch um andere Sterne – bis 1992 die beiden ersten Planeten eindeutig nachgewiesen wurden, die einen Stern umrunden, der 980 Lichtjahre von uns entfernt ist. Allerdings waren direkt echte Exoten entdeckt worden, weil der Mutterstern PSR B1257+12 ein Pulsar ist. Bis zur Entdeckung der ersten Planeten um einen sonnenähnlichen Stern vergingen drei Jahre und so wissen wir seit 1995: Unser Sonnensystem hat vermutlich viele Millionen Geschwister – alleine in unserer Heimatgalaxie. Die meisten Exoplaneten wurden bislang mit der Radialgeschwindigkeitsmethode entdeckt, die in diesem Beitrag beleuchtet wird.

Zunächst eine aktuelle Zahl (Stand: 9. Juli 2008): Es sind zur Zeit 307 extrasolare Planeten in 249 Systemen bekannt, darunter 17 Systeme mit zwei, sieben Systeme mit drei, ein System mit vier und ein System mit fünf bekannten Planeten. Fünf Planeten markieren die Obergrenze und bislang wissen wir von keinem System mit mehr als fünf Planeten. Da weltweit viele Astronomen und Forschergruppen unsere kosmische Nachbarschaft systematisch nach Planeten durchsuchen, wächst die Liste bestätigter Entdeckungen stetig. Die Öffentlichkeit erfährt von neuen Entdeckungen zumeist nur noch dann, wenn es sich um spektakuläre Planeten handelt, die der Erde von ihrer Masse her ähneln oder in einer habitablen Zone um ihren Zentralstern kreisen. Gliese 581 c, ein relativ kleiner Planet mit der etwa fünffachen Erdmasse und dem etwa 1,5-fachen Erddurchmesser, war so ein Exoplanet, der unsere Phantasie im vergangenen Jahr mächtig bewegte. Er umkreist den Roten Zwerg Gliese 581 im Sternbild Waage in einer Zone, in der dauerhaft und in ausreichender Menge flüssiges Wasser existieren könnte.

Gliese 581 im Größenvergleich zur Erde. Quelle: Jazz-Fotografien von Stefan Oldenburg

Der direkte Nachweis eines Exoplaneten steht noch aus und selbst neueste Beobachtungsverfahren können Exoplaneten bisher nicht abbilden (Artikel von Thomas Bührke im aktuellen "Sterne und Weltraum" 7/2008). Sämtliche Methoden arbeiten indirekt. So auch die Radialgeschwindigkeitsmethode, mit der bislang 290 Planeten nachgewiesen werden konnten, und mit welcher 1995 auch der erste extrasolare Planet um den sonnenähnlichen 51 Pegasi entdeckt wurde. Doch was ist nun die Radialgeschwindigkeitsmethode und welches physikalischen Effektes bedient sie sich?

Die Radialgeschwindigkeitsmethode "nutzt" den Einfluss des Planeten auf den Zentralstern. Zwei Körper bewegen sich unter dem Einfluss der Gravitation stets um einen gemeinsamen Schwerpunkt, so auch ein Stern und ein um ihn kreisender Planet. Planeten kreisen nicht um das Zentrum des Zentralsterns, sondern sowohl Planeten als auch Sterne kreisen um den gemeinsamen Schwerpunkt des Systems, der im Innern des Zentralsterns aber nicht direkt in seinem Zentrum liegt. Ein Stern, der von Planeten umkreist wird, eiert um eben diesen gemeinsamen Schwerpunkt. Blickt man von der Erde aus nicht genau senkrecht auf diese Bahn, so hat diese periodische Bewegung des Sterns eine Komponente in Sichtrichtung (Radialgeschwindigkeit), die durch Beobachtung der abwechselnden Blauverschiebung (Stern nähert sich dem Betrachter) und Rotverschiebung (Stern entfernt sich vom Betrachter) in den Spektren des Sterns nachgewiesen werden kann. Das ist der Doppler-Effekt und es ist klar, dass eine Dopplerverschiebung des Sternlicht-Spektrums nur dann nachgewiesen werden kann, wenn die Planetenbahn um einen Stern relativ zur Erde in etwa auf derselben Ebene liegt.



Die Radialgeschwindigkeitsmethode misst den Dopplereffekt. Quelle: Sterne und Weltraum 7/2008, S. 37. Thomas Bührke: Exoplaneten bleiben unsichtbar.

Die Messgenauigkeit ist verblüffend hoch: Die Bewegung von Sternen in unserer kosmischen Nachbarschaft kann auf etwa 1 Meter/Sekunde genau gemessen werden! Nun ist die Bahnneigung natürlich nicht bekannt, weshalb bei bekannter Sternmasse immer nur eine Untergrenze der Planetenmasse berechnet werden kann, nicht aber die Planetenmasse selbst.

Der Radialgeschwindigkeitsmethode gehen Exoplaneten durch die Lappen, wenn deren Bahn relativ zur Erde um 90 Grad geneigt ist und somit keine Dopplerverschiebung des Sternlicht-Spektrums nachgewiesen werden kann. Nur in jenen Fällen, da die Bahnneigung kleiner als 90 Grad ist, kann der Effekt des "Eierns" beobachtet werden.

Gehen wir davon aus, dass beispielsweise der Stern 51 Pegasi einen Planeten von einer halben Jupitermasse hat, so ist diese Aussage nur dann korrekt, wenn wir von der Erde aus sehr genau von der Seite auf die Planetenbahn blicken. Gingen wir davon aus, in einem Winkel von 70 oder 80 Grad auf die Planetenbahn zu schauen, könnte der Planet 50 Jupitermassen oder sogar noch mehr haben. Vielleicht handelte es sich dann um einen Brauen Zwerg. Da wir aber den Blickwinkel nicht genau wissen können, müssen unsere Aussagen nebulös bleiben.

Es leuchtet ein, dass mit der Radialgeschwindigkeitsmethode zumeist massereiche (Gas-)Planeten nachgewiesen werden können, die zudem meist auf engen Bahnen um ihre Zentralgestirne kreisen. Spannend ist freilich, wenn erdähnliche (Gesteins-)Planeten wie die Erde gefunden werden. Doch mit der Radialgeschwindigkeitsmethode ist das eher schwierig. Da sind andere Methoden gefragt, über die in folgenden Beiträgen berichtet werden soll.

Clear Skies!

Stefan Oldenburg

Links

– Eine umfassende und v.a. brandaktuelle Datenbank extrasolarer Planeten mit Links auf Originalquellen. Meines Wissens ist dies die aktuellste Datenbank, die im Netz zum Thema Exoplaneten zu finden ist. Auch eine sehr umfassende und aktuelle Bibliographie .
Forscher und Forschergruppen
"Deutsches Kompetenzzentrum für Exo-Planeten Jena/Tautenburg" Auf dieser Website finden sich u.a. sehr detaillierte Beschreibungen der einzelnen Nachweismethoden.
Kandidaten für Exoplaneten, die ihr Zentralgestirn in der habitablen Zone umkreisen

P.S.: Dies ist der zweite Teil unseres KOSMOlogs-Wunschkonzerts zum Thema Exoplaneten. Auch dieser Beitrag entstand auf Initiative von Andreas Müller und er füllt eine Lücke der Wunschliste an die KOSMOlogs-Blogger. Susanne M. Hoffmann hat bereits einen ersten Teil zum Thema Exoplaneten vorgelegt, an welchen ich mit diesem Mosaikstein anknüpfe.

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Astronomische Themen begeistern mich seit meiner Kindheit und ich freue mich, Zeuge des goldenen Zeitalters der Astronomie zu sein. Spannende Entdeckungen gibt es im Staccatotakt, aber erst im Erkunden unserer kosmischen Nachbarschaft mit den eigenen Augen liegt für mich die wirkliche Faszination dieser Wissenschaft. "Clear Skies" lautet der Gruß unter Amateurastronomen, verbunden mit dem Wunsch nach guten Beobachtungsbedingungen. Deshalb heißt dieser seit November 2007 bestehende Blog "Clear Skies".

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