Astronomischer Lesestoff

BLOG: Clear Skies

Astronomie mit eigenen Augen
Clear Skies

Meine Bücherregale sind prall gefüllt mit astronomischem Lesestoff. In welche dieser Astronomie-Werke schaue ich häufig, welche davon liegen mir besonders am Herzen? Dieser graue Samstag Nachmittag eignet sich hervorragend, um mal ein paar meiner Favoriten aus dem Regal zu ziehen und hier ganz subjektiv und ohne die Intention einer Wertung vorzustellen; vielleicht sähe meine Auswahl morgen schon anders aus.

Um die Sache ein wenig zu strukturieren, habe ich vier Rubriken gebildet, die freilich Schnittmengen erkennen lassen: Manche Bücher meiner subjektiven Übersicht "passen" in mehrere Kategorien.

Astronomie – Highlights

Robert Burnham Jr.: Burnham’s Celestial Handbook, 1978.

An den Anfang stelle ich ein dreibändiges Werk, das viele andere astronomische Werke marginalisiert: Robert Burnham Jr. arbeitete an diesem überaus beeindruckenden, und mehr als 2100 Seiten umfassenden Opus rund 25 Jahre, und das merkt man diesem Buch an. Sternbild für Sternbild werden hier alle Objekte einzeln beschrieben. So präzise und so in die Tiefe gehend wie sonst nirgendwo. Was den Burnham’s von ähnlichen Werken unterscheidet, ist seine fast lyrische Sprache; es liest sich wunderbar. Auch wenn das 1978 erschienene dreibändige Werk mit seiner Schreibmaschinenschrift so gar nicht mehr zeitgemäß erscheint, und viele Daten freilich längst veraltet sind, es ist und bleibt DIE Referenz. Nach wie vor eignet es sich hervorragend gerade für Amateurastronomen, um teleskopische Ausflüge in den Kosmos vorzubereiten bzw. im Nachhinein zu vertiefen. In Carolin Liefkes "Bücherkiste" findet sich ein Blog-Beitrag zu diesem astronomischen Meisterwerk bzw. seinem Autor. Seit ich – in der Tat erst durch diesen Blog-Beitrag aufmerksam geworden – Näheres vom tragischen Leben des Robert Burnham erfuhr, schätze ich diese Perle unter den astronomischen Büchern noch mehr.

Jeffrey Bennett, Megan Donahue, Nicholas Schneider, Mark Voit: Astronomie – Die kosmische Perspektive, 2010.

Auch beim zweiten Buch, das ich hier nennen möchte, verweise ich auf einen Beitrag von Carolin Liefke. 😉  Meine Rezension dieses Buchs (bzw. Ode an dieses Buch… 😉 schrieb ich über die Weihnachtstage und sie wird noch in Sterne und Weltraum erscheinen, weshalb ich mich an dieser Stelle kurz fasse. Dieses aus dem Amerikanischen übertragene und in der deutschen Version von Harald Lesch herausgegebene Lehrbuch hat alles, was ein typisch angelsächsisches Opus auszeichnet – und von im deutschsprachigen Raum publizierten Werken unterscheidet: Es ist anschaulich, allumfassend, hervorragend lesbar und ungemein lehrreich. Dieses dreieinhalb Kilo schwere Riesenbuch ist ein absolutes Highlight.

Govert Schilling: Astronomie – Die größten Entdeckungen, 2009.

Paul Murdin: Geheimnisse des Universums, 2009.

Auch diese beiden Werke, die ich über die Weihnachtstage für SuW rezensierte, überraschten mich auf Anhieb. So sehr und nachhaltig, dass ich hier direkt auf sie hinweisen möchte. Beide stellen bedeutsame astronomische Entdeckungen in den Fokus. Und das gelingt auf so anschauliche Weise, dass sich beide Bücher hervorragend als Einführung in die Astronomie eignen. In einer der kommenden Ausgaben von Sterne und Weltraum kann detailliert nachgelesen werden, weshalb mich beide Werke so begeistern. 😉

Astronomie – Bildbände

Ronald Stoyan: Atlas der Messier-Objekte, 2006.

Dieses opulente Werk steht auf der selben Augenhöhe wie der Burnham. Den Atlas der Messier-Objekte in die Rubrik "Bildbände" einzuordnen, wird ihm freilich nicht gerecht. Neben den wunderbarsten Fotografien der 110 Messier-Objekte finden sich aktuellere und astrophysikalisch fundiertere Beiträge zu jedem einzelnen Objekt als in jedem anderen Buch dieser Thematik.

Eckard Slawik und Uwe Reichert: Atlas der Sternbilder, 1998.

Auch dieses Buch ist natürlich nicht korrekt in dieser Rubrik "Bildbände" aufgehoben, weil es viel mehr ist als ein Bildband. Jedes der insgesamt 88 Sternbilder mit vielen seiner Objekte ist in Bild und Text eindrucksvoller und schöner dargestellt als anderswo.

Im selben Atemzug zu nennen, wenngleich textlich nicht ganz so ausführlich:

Axel Mellinger und Susanne M. Hoffmann: Der große Kosmos Himmelsatlas, 2002.

Was mir an diesem Buch besonders gut gefällt, ist die komprimierte und dennoch anschauliche Darstellung der Sternbilder und einzelner Himmelsobjekte. Ich kaufte es mir damals, direkt nachdem es erschienen war, und ich mag es noch immer.

David Malin: A View of the universe, 1993.

David Malin war über lange Zeit DER Astrofotograf schlechthin, und noch heute stellen seine Bücher Meilensteine der Astrofotografie dar. Dieses Buch ist eines von vielen, die Malin publizierte, eines, das mir besonders gut gefällt.


Astronomie – Beobachtungspraxis

Ronald Stoyan: Deep-Sky-Reiseführer, 1. Auflage 2000 und 3. Auflage 2004.

Dies war seinerzeit das erste deutschsprachige Buch, welches Deep-Sky-Objekte in einer solchen Detailliertheit beschreibt. Es hilft prima zur Vorbereitung eigener Sterntouren, und es wäre schön, wenn zu diesem Highlight amateurastronomischer Literatur eine weitere Auflage mit zusätzlichen Beschreibungen einzelner Objekte folgen würde.

Will Tirion et al.: Uranometria 2000.0, 1987.

Dies ist natürlich der Sternatlas schlechthin, und mein wohl meistbenutzter auf meinen teleskopischen Reisen durch den Kosmos, einfach deshalb, weil er durch seinen großen Maßstab detailliert genug ist, um an Dobsons selbst größerer Öffnungen eingesetzt werden zu können. (Falls es jemanden interessiert: In diesem Blog-Beitrag zum Thema "Zielkreis-Schablonen" schrieb ich über Sternatlanten und ihre unterschiedlichen Maßstäbe) Seit einigen Jahren gibt es eine neuere Auflage dieses Kartenwerks, das deutliche Vorteile im Vergleich zu meiner Auflage hat, aber – wie lernt man schon als Kind: Man kann nicht alles haben.

Erich Karkoschka: Atlas für Himmelsbeobachter, 1989 und 1997.

Ich habe diesen Klassiker in verschiedenen Auflagen, nutze am Teleskop oder (beispielsweise im Urlaub) am Fernglas aber oft die alte Softcover-Version. Unbedingt empfehlenswert als erster Sternatlas und als "Immer-dabei-Buch".

Phillip S. Harrington: Touring the universe through Binoculars, 1990.

Der Harrington war mein erstes Buch dieser Art, noch ehe ich den Burnham für mich "entdeckte". Es beschreibt, was der Himmelsbeobachter beim Blick durch das Okular sehen kann. Auch wenn es inzwischen anschaulichere Bücher als dieses gibt (z.B. Thomas Jäger: Starhopper), so schaue ich nach wie vor oft hinein. Manche Beschreibungen sind zudem eher für Beobachtungen mit dem Teleskop geeignet als mit dem Fernglas. Dennoch gefallen mir die Ausführlichkeit und die Sprache dieses Buchs.

Harrie Rutten und Martin van Venrooij: Telescope Optics, 1988.

DER Klassiker zum Thema Teleskop-Optik von Amateurteleskopen. Mir ist kein ähnlich fundiertes und dennoch gut verständliches Werk zum Thema bekannt. Ich wüsste gerne, ob eine weitere Auflage geplant ist, die zum Beispiel die Ethos-Okular-Reihe aufnehmen könnte… 😉

Hans-Ulrich Keller: Astrowissen, 2003. und Kompendium der Astronomie, 2008.

Ich nenne diese beiden Bücher deshalb, weil sie exemplarisch für eine ganze Reihe an Nachschlagewerken zur Astronomie stehen, und die ich häufig zur Hand nehme. Die neuere Auflage stellt in Anschaulichkeit und Umfang eine deutliche Verbesserung zur älteren dar.

Astronomie – Der Mond

Antonin Rückl: Taschenatlas Mond, Mars, Venus, 1977. und Mondatlas, 1990.

Mein "wichtigstes" Buch zum Thema "Mond" ist natürlich der berühmte "Rückl", von dem mir drei Versionen vorliegen. Die beiden älteren sind auf dem Foto abgebildet; die erste Auflage des "Mond, Mars, Venus" stammt von 1977 und begleitete mich bei meinen allerersten Teleskopausflügen zum Erdtrabanten. Die zweite Auflage von 1990 dient mir auch heute bei Mondbeobachtungen. Detailliertere Mondkarten existieren meines Wissens nicht. Es gibt übrigens vom selben Autoren noch eine neuere, allerdings weniger detaillierte Version dieses Kartenwerks, 2007 erschienen beim Oculum-Verlag: Kleiner Mondatlas – Mondkarten für jedes Fernrohr. Diese jüngste Version ist deshalb interessant, weil sie – mit laminiertem Papier für taureiche Nächte bestens geeignet – den Mond auf Übersichtskarten a) umgekehrt orientiert und b) spiegelverkehrt zeigt. Somit eignen sich diese Mondkarten für Beobachtungen a) mit einem Refraktor oder Newton-Teleskop und b) mit einem Maksutov, einem Schmidt-Cassegrain bzw. einem Refraktor mit Zenitprisma.

Michael Light: Full Moon – Aufbruch zum Mond, 1999.

Ein ungemein beeindruckender "Bildband". Ja, an sich müsste dieses überragend produzierte Werk in der Rubrik "Bildband" auftauchen, und würde dort andere Werke in den Schatten stellen. Der Betrachter glaubt förmlich, selbst auf dem Mond unterwegs zu sein, so plastisch und hochqualitativ der Druck der Mondfotografien. Für die Produktion dieses Buchs durfte der Autor exklusiv auf die ersten Kopien der Original-Aufnahmen der Apollo-Astronauten zurück greifen; die Originale hält die NASA freilich zurück. Ich habe die erste Auflage von 1999. Später erschien eine kleinere und popeligere Version dieses Buchs, in der einige Aufnahmen der Erstauflage nicht mehr auftauchen. Weshalb, ist mir nicht bekannt.

Ralf Jaumann, Ulrich Köhler: Der Mond – Entstehung, Erforschung, Raumfahrt, 2009.

Dieses Buch, das zum 40sten Jahrestag der ersten Mondlandung im vergangenen Jahr erschien, habe ich u.a. hier rezensiert. Ein echtes Highlight, und ein Buch, das auf weitere Mondfahrten hoffen lässt, allen aktuellen Entwicklungen zum Trotz.

Werner Büdeler: Projekt Apollo – Das Abenteuer der Mondlandung, 1969.

Alle Fotos in diesem Blog-Beitrag: Stefan Oldenburg

Dieses – im Reigen der hier genannten, älteste – Buch erschien zur ersten Mondlandung und dokumentiert den steinigen Weg zum Mond bildreich und detailliert wie kein anderes mir bekanntes Buch. Ich habe es irgendwann bei meinen Eltern abgestaubt, und es weckte mein Interesse an der Raumfahrt.

Soweit nun meine – ich gestehe: äußerst subjektive – Darstellung eines bunten Blumenstraußes astronomischer Bücher; vielleicht findet der ein oder andere Ideen für eigene Lektüre? Übrigens: Ich mag Bücher immer schon; sie haben etwas, das ein Monitor mit Blick in die Weiten des www niemals zu geben vermag. Freilich – will ich schnell etwas wissen, und sei es auch noch so abgefahren, dann werde ich im Internet natürlich viel eher und schneller fündig als in einem – zudem natürlich weniger aktuellen – Druckwerk. Der Kurzzeitwissensspeicher kann durchs Internet flott bedient werden. In ihrer Wirkung nachhaltiger und viel tiefgründiger aber sind Bücher. Abzutauchen in ein Buch, das hat etwas ganz Besonderes. Nebenher stören keine Lüftergeräusche eines Computers und zudem ist es augenschonender, ein Buch zu lesen, als in einen Monitor oder ein Display zu starren.

Clear Skies. Stefan Oldenburg

P.S.: Auf detaillierte bibliographische Nennungen habe ich bewusst verzichtet, weil ich teilweise Bücher beschreibe, die längst in neuen Auflagen vorliegen.

– Astronomischer Lesestoff

Avatar-Foto

Astronomische Themen begeistern mich seit meiner Kindheit und ich freue mich, Zeuge des goldenen Zeitalters der Astronomie zu sein. Spannende Entdeckungen gibt es im Staccatotakt, aber erst im Erkunden unserer kosmischen Nachbarschaft mit den eigenen Augen liegt für mich die wirkliche Faszination dieser Wissenschaft. "Clear Skies" lautet der Gruß unter Amateurastronomen, verbunden mit dem Wunsch nach guten Beobachtungsbedingungen. Deshalb heißt dieser seit November 2007 bestehende Blog "Clear Skies".

9 Kommentare

  1. Halb OT: Bücher zu Planetenmissionen

    Auch wenn es hier vielleicht nicht ganz passt, aber gibt es noch erhältliche Bücher über die äußeren Planeten Neptun und Uranus, bzw. in Verbindung mit den Voyager Sonden? Kann auch etwas tiefergehender sein.

    Allgemein scheint das Thema “Unbemannte Raumsonden” ja nicht sehr gefragt zu sein.
    Wie auch bei der Buchvorstellungen hier, scheint es nur zwei Sorten von Themen zu geben, entweder allgemein Astronomie/Physik-Hintergrundwissen oder Astrophotgrahie…
    Jedenfalls hab ich den Eindruck in den Büchhandlungen der Umgebung und bei Amazon.

  2. Mehr davon!

    Tolles Thema! Vielleicht könnten die anderen Blogger auch mal an einem verhangenen Tag ihre Lieblingsbücher vorstellen.

  3. @Marco

    Beim Lesen von diesem Blog kam mir auch automatisch dieser Gedanke ein paar Astro-Buecher vorzustellen. Ich schau mal wann ich das in die Tat umsetzen werde. Die Idee von Stefan fand ich klasse!

  4. freut mich…

    … wenn meine subjektive Samstags-Auswahl interessanter Astronomie-Wälzer auf Interesse stößt. Wenn der ein oder andere Lust auf das ein oder andere Buch bekommen hat, obwohl ich ihre Inhalte im Blog-Beitrag ja nur gaaanz oberflächlich ankratze, ist es prima. 🙂

    Die Idee, ihre Lieblingswerke zur Astronomie vorzustellen, gebe ich gerne an alle Blogger-KollegInnen weiter! 😉

    CS Stefan

  5. dtv-Atlas u.a.

    Ich ziehe den dtv-Atlas von Joachim Herrmann dem doppelt so teuren “Kompendium Astronomie” von Keller vor. Fast unglaublich, wie man auf so knappem Raum soviel Information unterbringen kann. Viel mehr hat Keller auch nicht zu bieten.

    Außerdem für mich ein Muß das gerade neu aufgelegte “ABC Astronomie”.

    Ein schönes Schmökerbuch ist “Fasziniert von den Sternen” von Timothy Ferris über die Leistungen von Amateur-Astronomen in allen Gebieten der Astronomie.

  6. Dankeschön!

    Vielen Dank für dieses ausführliche Feedback. Ich plante schon seit einiger Zeit meine Buchsammlung in diesem Bereich zu erweitern. Leider ist das da um einiges schwieriger als bei Romanen, weil man hinten keine Zusammenfassung des Buches hat 🙂

  7. Noch mehr

    Gute Auswahl! 11 der Bücher hab ich auch, also ist unser Geschmack schon mal ähnlich. Was ich auf jedenfall noch ergänzen würde:
    G.D.Roth: Handbuch für Sternfreunde (2Bände)
    Wischnewski: Astronomie in Theorie und Praxis
    Herrmann: DTV Atlas zur Astronomie
    und, auch wenn Hoffnungslos veraltet:
    Meyers Handbuch Weltall

  8. Pingback:Goldbachs Himmelsatlas 1799 › Uhura Uraniae › SciLogs - Wissenschaftsblogs

Schreibe einen Kommentar