Meine Genotypisierung

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Eines muss man den Labor-Menschen von 23andme auf jeden Fall lassen: Sie sind unglaublich schnell. Zum DNA-Day hatte die Firma ja ihre Preisstrukturen geändert und im Rahmen davon auch den Grundpreis für einen Tag komplett gestrichen. Nachdem ich schon länger ein Auge auf meine Single Nucleotide Polymorphisms geworfen hatte, war das nun die Chance. Keine 3 Tage nach der Bestellung lag das Probenröhrchen im Briefkasten. Also schnell genügend Speichel darin gesammelt und zurück nach Kalifornien damit. Und am Montag Abend bekam ich dann auch schon die Mail von 23andme, in der ich informiert werde, dass meine Resultate zum Download bereit liegen.

Einen wirklich tiefen Einblick hab ich in die Daten bislang leider selbst noch nicht nehmen können, dafür bin ich dann momentan doch mit meinem Kurs in der Uni, und auch dem Projekt von Philipp und mir, zu sehr ausgelastet. Aber der erste Blick auf die Resultate ist schon ganz hübsch aufbereitet. In den Resultaten gibt es eine Übersicht darüber, für welche Krankheiten ich ein erhöhtes bzw. erniedrigtes Risiko habe.

Die meisten dieser Zusammenhänge hat man wohl mit sogenannten Genome Wide Association Studies (GWAS) hergestellt. Dazu betrachtet man sich die Genotypen der Versuchspersonen und schaut dann, welche Bereiche oder SNPs überdurchschnittlich oft bei Krankheiten auftauchen. Aus den Ergebnissen kann man dann ableiten „Personen die Genotyp A haben erkranken zu 10 Prozent an Alzheimer, Personen die Genotyp B haben nur zu 5 Prozent.“

Wirklich „harte“ Fakten bekommt man also in den wenigsten Fällen, stattdessen geht es also um Prozentwerte, diese werden von 23andme allerdings wieder bezüglich ihrer Aussagekraft eingeschätzt. Gene wie das APOE4, welches mit Alzheimer stark assoziiert ist, oder BRCA, welches mit Brustkrebs assoziiert ist, sind extrem aussagekräftig. Allerdings sollte man eben vorsichtig sein, ob man an ein theoretisches Religions-Gen glauben will, nur weil eine GWAS da eine schwache Korrelation gefunden hat.

Auch zu den potentiellen Folgen von genetischem Wissen hat man sich bei 23andme offensichtlich ein paar Gedanken gemacht. Denn die eigenen Risiko-Werte für Alzheimer, Brustkrebs und (wenn ich mich recht erinnere) Parkinson bekommt man erst zu Gesicht, nachdem man auf einer vorgeschalteten Seite darüber lesen konnte, was die Daten Aussagen können und was eventuelle Befunde heissen. Diese Informationsseiten, die man vor der „Freischaltung“ zu Gesicht bekommt, sind aber ganz gut geschrieben und helfen sicherlich dem ein oder anderen.

Was sagen meine Daten nun aus? Nun, ich habe erniedrigte Risiken für Alzheimer, Parkinson, MS und bin auch kein Träger von BRCA, werde also potentiellem Nachwuchs keine Brustkrebs-Risiko-Gene mit in die Wiege legen. Auf der anderen Seite habe ich erhöhte Risiken für Prostatakrebs, eine altersbedingte Makuladegeneration und Gallensteine. Ausserdem ist mein Ohrenschmalz laut Genotyp feucht, ich kann bestimmte Bitterstoffe mit einer 80 %igen Wahrscheinlichkeit nicht schmecken (Falls ihr mich also Vergiften wollt: Ihr habt gute Chancen!), kann Koffein durchschnittlich gut metabolisieren, bin nicht Laktose-Intolerant und habe vermutlich blaue Augen. Und laut der Analyse meines Mitochondrien-Genoms und des Y-Chromosoms bin ich ein relativ langweiliger Europäer.

Die eigentliche Frage ist aber nun: Werden diese Informationen mein Leben verändern? Studien zu Folge hat das Wissen um die eigenen Gene sehr wenige Auswirkungen auf die eigene Lebenseinstellung und darauf wie man mit seinem Leben umgeht. Aber wie gehe ich nun persönlich damit um? Und auch wenn es vermutlich bislang zu früh ist, um ein Fazit zu ziehen: Bislang hat sich auch bei mir nicht viel geändert. Keine Erleichterung, dass mein Alzheimer-Risiko unter dem Durchschnitt liegt. Aber auch keine besondere Panik, wegen meines knapp 25 %igen Prostatakrebs-Risikos. Mal sehen, ob sich das noch ändert und ob ich deshalb vielleicht doch mal häufiger zum Arzt gehen werde.

Und wie schon angesprochen: Bislang hatte ich selbst noch nicht wirklich Zeit, um mich in die Daten mal näher einzulesen. Genauso wenig wie meine Krankenkasse, die mich ja bislang, trotz aller Horrorvorstellungen bei dem Thema, nicht rausgeworfen hat. Vielleicht hat ja der eine oder andere Leser hier etwas Zeit und Lust sich in den Datensatz einzuarbeiten und mich mit spannenden Ergebnissen zu überraschen. Ihr könnt meine Rohdaten bei gitHub zum Download finden. Die SNPs sind dort, nach Chromosomen sortiert, in einem Tab-separierten File zu finden. Falls ihr mehr Informationen, z.B. zu phänotypischen Eigenschaften braucht meldet euch gern bei mir. Falls jetzt die Datenschützer anfangen zu weinen: Die in direkter Abstammung davon Mitbetroffenen haben dafür ihr Einverständnis gegeben.

Sobald es die Zeit zulässt werde ich mich dann auch mal an eine Analyse setzen und mir die mitochondrialen SNPs und jene auf dem Y-Chromosom anschauen. Mal schauen, welche Informationen man über die Nächstverwandten damit so sicher rausbekommen kann.

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Veröffentlicht von

Bastian hat seinen Bachelor in Biologie in nur 8 statt 6 Semestern abgeschlossen. Nach einem kurzen Informatik-Studiums-Intermezzo an der TU Dortmund hat es ihn eigentlich nur für ein Stipendium nach Frankfurt am Main verschlagen. Dort gestrandet studiert er dort nun im Master-Programm Ökologie und Evolution. Zumindest wenn er nicht gerade in die Lebensweise der Hessen eingeführt wird. Neben seinen Studiengebieten bloggt er über die Themen, die gerade in Paperform hochgespült werden und spannend klingen.

13 Kommentare

  1. Wow, das ging ja echt mal schnell! Ich habe es mittlerweile bereut, mir damals zum DNA-Day keinen Test bestellt zu haben. Ich werde das daher sicherlich in Zukunft nachholen und dann auf dich zurückkommen, damit du mir ein paar Tipps zum Auslesen der Daten geben kannst. Wegen deinem erhöhten Prostatakrebsrisiko würde ich mich ab 40 jährlich untersuchen lassen, anstatt wie normal ab dem 50. Lebensjahr. Ansonsten hört sich der Rest ja nicht so dramatisch an, sondern sorgt eher für Unterhaltung ^^

  2. Das kann ich gut verstehen, ich hab den DNA-Day letztes Jahr nur knapp verpasst und mich dann auch doch sehr geärgert. Umso glücklicher bin ich, dass es dieses Mal geklappt hat 😉

    Ich lasse die SNPs gerade noch mal über dieses Tool auslesen: http://www.snpedia.com/index.php/Promethease

    Mal schauen was für Ergebnisse das liefert. Und danach werde ich mal schauen für welche SNPs ich so homozygot bin und dann über die SNPedia schauen welche Auswirkungen die haben. Falls ich dafür selbst ein paar Zeilen Code zusammenstricke, dann veröffentliche ich die sicherlich auch 🙂

  3. Wird dir von 23andme nicht automatisch durch dieses 5$-Abo da ein SNP-Tool zur Verfügung gestellt? Wenn nicht, wäre das ja arm! Die müssen doch eine SNP-Datenbank haben!?

  4. 23andme

    Natürlich hat 23andme auch eine SNP-Datenbank und die Auswertungen die man von ihnen bekommt sind auch echt gut, so weit ich das bislang sehen kann. Vor allem gibt es ziemlich viele Informationen zu den SNPs und Krankheiten die sie abdecken.

    Aber so weit ich weiss ist 23andme sehr konservativ was das hinzufügen von neuen SNPs und “Diagnosen” ist, gerade um das GWAS-Problem zu minimieren. Gerade wenn man Kunden hat die nicht vom Fach sind, dann will man ja gesicherte Informationen anbieten und nicht die erstbesten Hits. Und die Möglichkeiten von deren Ancestry-Analyse hab ich mir noch gar nicht wirklich angeschaut, da dürfte man auch einiges rausziehen können.

    Aber wegen dieser konservativen Einstellung will ich meinen Fokus da etwas ausbreiten um mehr aus den Daten zu kriegen als 23andme es so direkt anbietet. (Außerdem bin ich doch ein Spielkind, ich freu mich, wenn ich selbst was zusammenschustern kann ;))

  5. @cariso

    Thanks for the links and the report. In this case I can stop doing my Promethease-run and just use those results. I already added them to github, so interested people can easily find them.

    I also registered at SNPedia, just let me know if you need some more phenotypic data (I already stumbled upon the eye color-survey :))

  6. Praktische Erwägungen

    “Studien zu Folge hat das Wissen um die eigenen Gene sehr wenige Auswirkungen auf die eigene Lebenseinstellung und darauf wie man mit seinem Leben umgeht.”

    Das finde ich sehr schade. Warum lässt man sich dann überhaupt testen? Manche Erkrankungen lassen sich doch durch Prävention vermeiden oder zumindest hinauszögern. Krebs soll ja einerseits von der genetischen Disposition eines Menschen und andererseits von vielen äußeren Einflüssen, wie z.B. Lebens- und Verhaltensweisen, ausgelöst werden. Kann man da nicht etwas gegensteuern? Könnte in Ihrem Fall vielleicht eine gesunde Ernährung, etwas Sport und eine gute Sonnenbrille von Vorteil sein?

    Ich habe hier einmal ein paar Links dazu zusammengestellt:

    Makuladegeneration – Vorbeugen mit Sonnenbrille:

    http://www.gesundheit.de/…eugen-mit-sonnenbrille

    Prostatakrebs und seine Ursachen: Gene und Ernährung.

    http://www.focus.de/…rostatakrebs_aid_53229.html
    und
    http://www.focus.de/…/krebsschutz_aid_64091.html

    Zur Entwicklung von Gallensteinen tragen nicht nur die Gene, sondern auch Übergewicht und falsche Ernährung bei. Da diese Faktoren auch andere Erkrankungen bedingen ist es also sowieso nicht falsch sich gesund zu ernähren und auf sein Gewicht zu achten.
    Hier eine Ernährungspyramide, die Leuten mit wenig Zeit auf einem Blick zeigt wie eine optimale Ernährung auszusehen hat.

    http://de.wikipedia.org/…imestamp=20060114113740

  7. Umgang mit Risiken

    Danke für die ganzen Tipps, Mona. Ich beziehe mich damit auf diese Studie die ich gerade mal wieder rausgesucht habe, die unter anderem das Rauchen betrachtet hat: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/20927756

    Das Fazit ist recht ernüchternd: «Mindful of the weak evidence based on a small number of studies of limited quality, the results of this review suggest that communicating DNA-based disease risk estimates has little or no effect on smoking and physical activity. It may have a small effect on self-reported diet and on intentions to change behaviour. Claims that receiving DNA-based test results motivates people to change their behaviour are not supported by evidence»

  8. Einverständnis Mitbetroffener

    “Die in direkter Abstammung davon Mitbetroffenen haben dafür ihr Einverständnis gegeben.”

    Ich nehme an, du meinst damit deine Geschwister, richtig? Ich habe keine Ahnung von Genetik und stelle mir die Frage: Sind nicht auch deine Kinder (bereits geboren oder auch nicht) ziemlich direkt mitbetroffen?

  9. Gemeint waren keine Geschwister, denn davon hab ich keine im Angebot. Und die Chancen, dass da spontan noch welche produziert werden sind auch gering. Stattdessen hab ich meine Eltern gefragt die ja auch je 50% meiner Informationen mit sich rumtragen.

    Aber du hast recht: Sollte ich je Nachwuchs in die Welt setzen, dann werden die damit leben müssen, dass 50 % ihrer SNPs vermutlich identisch sind mit meinen und das die bereits im WWW zugänglich sind.

  10. Bin auch Kunde

    Da ich an einer seltenen unheilbaren tödlichen Erkrankung leide, bin ich nun interessiert, ob 23andme ein erhöhtes Risiko genau zu dieser Erkrankung in meiner Spucke feststellen kann. Eine Gen-Untersuchung in BRD für nur ein dafür verantwortliches Gen (es gibt wohl mehr davon) hat gezeigt, dass ich dort keinen “Gendefekt” habe.
    23andme bietet seine Untersuchung für “relativ” kleines Geld (2011 für 99,– Dollar)an. Natürlich wird es versuchen von den gesammelten Daten in Zukunft finanziell zu profitieren.
    Hier in BRD wird von den Labors schon für eine kleine lächerliche Blutuntersuchung einiges verlangt (z.B. 1x Vitamin D Status ca. 30,– Euro).
    Da sind die Unternehmen in den USA wie immer wesentlich “taffer” – nur so fängt man Kunden (biete was interessantes zum fairen Preis).-
    Mir helfen die Ergebnisse natürlich nicht weiter, aber vielleicht indirekt etwas die Gen-Forschung und womöglich meiner Familie (Geschwister und Kindern).

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