Gedankenkontrolle durch Parasiten?

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Toxoplasmose ist eine Krankheit die der eine oder andere vielleicht von Katzen kennt und daher, dass schwangere Frauen sich aus dem Grund von Katzen fern halten sollen. Denn für das ungeborene Kind kann die Krankheit nicht ganz so unproblematisch sein. Und anders als die Ärztin eines Kommilitonen behauptet wird diese Krankheit nicht von Bakterien ausgelöst sondern von einem einzelligen Parasiten namens Toxoplasma gondii.

Übertragen wird die Krankheit zwischen Katzen unter anderem durch Nagetiere. Diese nehmen die Parasiten auf, werden gefressen und infizieren so andere Katzen. Das spannende dabei ist, dass infizierte Nager ihr Verhalten dabei ändern: Sie verlieren die Scheu vor Katzen und suchen besonders häufig Orte auf an denen es nach Katzen-Urin riecht. Dies liegt wohl an der Parasiten-Infektion die so dafür sorgen, dass die Chance steigt es wieder in eine Katze zu schaffen.

Menschen können sich mit dem Parasiten über Katzen-Kot oder auch über rohes Fleisch von infizierten Tieren (nein, nicht zwingend Katzenfleisch) selbst mit dem Parasiten anstecken. Je nach Bevölkerungsschicht sollen bis zu 80% der Leute infiziert sein oder infiziert gewesen sein. Denn neben der akuten Infektion bei denen Symptome wie geschwollene Lymphknoten auftreten können gibt es auch die latente Infektion bei denen die meisten Betroffenen gar nichts davon mitbekommen.

Doch neben geschwollenen Lymphknoten soll es auch andere Symptome geben: Einigen Studien zufolge gibt es auch bei Menschen zumindest eine Korrelation zwischen der Infektion mit dem Parasiten und bestimmten Verhaltensweisen. Seit 1992 wird in der tschechischen Republik eine Reihe von Studien dazu durchgeführt die schauen wie das Vorhandensein von Antikörpern gegen den Parasiten, die als Marker für eine latente Infektion benutzt werden, mit bestimmten Verhaltens- und Persönlichkeitsmerkmalen zusammenhängen.

Unter den Testpersonen waren Studenten der biologischen Fakultät, Angehörige des Militärs, Blutspender, Frauen die während der Schwangerschaft gegen den Erreger getestet wurden und auch Personen bei denen eine Toxoplasmose bereits bekannt war. Bei diesen Studien konnte man diverse Unterschiede feststellen. Und das nicht nur zwischen Infizierten und Nicht-Infizierten sondern auch zwischen infizierten Männern und Frauen.

Infizierte Männer halten sich der Studie nach weniger an Regeln, sind misstrauischer, eifersüchtiger und rechthaberischer als die nicht-Infizierten. Infizierte Frauen hingegen sind warmherziger, aufgeschlossener, gewissenhafter und beharrlicher und moralischer als die nicht-Infizierten. Außerdem ist die Reaktionszeit der Infizierten eingeschränkt, woraus sich eine erhöhte Unfallwahrscheinlichkeit ergibt.

Das ist alles schon sehr spannend. Aber natürlich sagen diese Zahlen nichts über Ursache und Wirkung aus. Haben Leute mit solchen Charakterzügen einfach ein erhöhtes Infektionsrisiko? Oder verändert die Infektion das Verhalten in diese Richtung? Leider kann man das nicht so einfach beweisen. Wirkliche Aussagekraft hätte wohl nur ein Vorher/Nachher-Vergleich.

Doch was sollte der Grund dafür sein, dass der Parasit das Verhalten von Menschen verändert? In Nagern ist das sinnvoll, da so die Verbreitung sichergestellt wird. Doch Menschen sind eine Sackgasse für den Parasiten, denn die Chancen, dass ein Mensch von einer Katzenart gefuttert wird sind, gelinde gesagt, eher gering.

Die Macher der Meta-Studie schlagen jedoch vor, dass es in evolutionären Zeiträumen allerdings gar nicht so unwahrscheinlich gewesen sein könnte, dass Menschen oder eben Affen von Katzen verspeist wurden. An der Elfenbeinküste ist es wohl immer noch so, dass Affen einen Großteil des Nahrungsanteils von Leoparden dort ausmachen. Allerdings: Das bleibt alles Theorie bislang.

Doch sollte man dieses Zusammenspiel nachweisen können hätte das spannende Konsequenzen: In wie weit sind wir selbst dann noch verantwortlich für unsere Handlungen und in wie weit nur ferngesteuert durch einen Parasiten?

Veröffentlicht von

Bastian hat seinen Bachelor in Biologie in nur 8 statt 6 Semestern abgeschlossen. Nach einem kurzen Informatik-Studiums-Intermezzo an der TU Dortmund hat es ihn eigentlich nur für ein Stipendium nach Frankfurt am Main verschlagen. Dort gestrandet studiert er dort nun im Master-Programm Ökologie und Evolution. Zumindest wenn er nicht gerade in die Lebensweise der Hessen eingeführt wird. Neben seinen Studiengebieten bloggt er über die Themen, die gerade in Paperform hochgespült werden und spannend klingen.

12 Kommentare

  1. Mal ne dumme Frage von einem Nichtexperten:
    Was ist denn der Unterschied zwischen einem Bakterium und einem einzelligen Parasiten?

  2. Oh, das habe ich in der Tat nicht gut genug erklärt. Fachidiotie halt. Also:

    Die Bakterien gehören zu den Prokaryoten. Das ist eine Domäne von Lebewesen die als großen Unterschied zu den Eukaryoten keinen Zellkern besitzen.

    Zu den Eukaryoten gehören neben Tieren, Pflanzen, Pilzen und was man noch so draußen sehen kann auch einzellige Organismen die keine Bakterien sind, wie z.B. das Pantoffeltierchen was der bekannteste eukaryotische Einzeller sein dürfte. Und Toxoplasma gondii fällt auch in diese Kategorie. 🙂

  3. Ferngesteuert dürfte doch wohl übertrieben sein, eher doch ein Einfluss wie Wetter, Jahreszeit, Lärm oder Schnupfen, der zwar auf die Laune geht, aber die Entscheidung wichtiger Sachen kaum beeinflusst.

  4. ferngesteuert?

    Die Frage ist halt wie weit diese Verhaltensänderungen gehen. Es gibt ja Parasiten die das Verhalten ihres Wirts ganz unmittelbar in Richtung Suizid ändern.

    Wie bei Ameisen die auf Grashalme klettern um sicher von Weidetieren gefressen zu werden oder bei Grillen die freiwillig in Gewässer springen damit der Parasit sich dort tummeln kann, siehe recht Eindrucksvoll: http://www.break.com/…ket_to_commit_suicide.html

    In wie weit Toxoplasma da in unser Verhalten eingereift (wenn überhaupt) ist eben noch unklar.

  5. hallo … das ist wirklich sehr interessant!
    wenn das stimmt – warum werden frauen eigentlich in die entgegengesetzte richtung beeinflusst als männer? das erscheint mir eigenartig …

    aber noch eigenartiger finde ich das letzte video von dem fadenartigen wasserwurm und der grille. was würde geschehen, wenn die grille nicht “ins wasser ginge”? würde sie – mit diesem riesigen parasiten im leib – nicht ohnehin recht bald sterben? und der parasit mit ihr?

    hat diese grillenart auch im normalen leben eine besondere assoziation zu wasser? es müsste ja etwas in ihrer “steuerung” geben, das ihrem körper befehlen könnte: gehe und suche wasser, und dann nimm (vermutlich zum ersten mal im leben!) ein bad.

    ohne mich mit grillen auszukennen, könnte ich das nur als extremen durst interpretieren. vielleicht durch die im inneren stattfindende metamorphose bekommt die grille großen durst und stürzt sich dann gleich ganz ins wasser. (nur bin ich völlig unwissend, was das trinkverhalten der grillen angeht 😉

    die empfindung von durst zumindest sollte stark genug sein, ein prioritäres verhalten zu erzwingen. die todesfolge wäre dann eher ein unfall.

    und warum ameisen angeblich auf grashalmen herumturnen … das wüsste ich auch gerne. als ich das las, hielt ich es für einen aprilscherz. nur liest man ihn immer öfter … dass offenbar doch etwas daran sein könnte. auf welchen forscher lässt sich dieser parasitenkreislauf zurückführen?

  6. Zu den Gründen wieso Männer anders als Frauen beeinflusst werden kann ich so wenig sagen. Ich denke dafür müsste man insgesamt auch mehr über die biologischen Hintergründe der Verhaltensänderungen kennen.

    Zu den Grillen: Von einer besonderen Affinität zu Wasser weiss ich nichts. Und auch das freiwillige Sterben scheint mir unwahrscheinlich.

    Zu den Parasiten die Ameisen auf Grashalme treiben gibt es nähere Informationen in der Wikipedia wo es auch Quellenangaben gibt: http://de.wikipedia.org/…icrocoelium_lanceolatum 🙂

  7. Toxoplasmose und schwangere Frauen

    Kleine Korrektur der Fakten. Entgegen gängiger Meinung auch bei Ärzten ist der Umgang Schwangerer mit Katzen problemlos, wenn die Schwangere nicht im Kontakt mit dem Kot kommt. Also sollte der Herr der Schöpfung, der ja i.A. nicht ganz unbeteiligt an den Umständen war, für mindestens 9 Monate die Katzenklos machen (vielleicht gewöhnt er sich dran und bleibt dabei…). Bei einer gesunden Katzen besteht keine weitere Möglichkeit der Ansteckung.

    Schönen Gruß
    Aleks

  8. Kollateraleffekt?

    Vielleicht ist die Verhaltensänderung beim Menschen (wenn sie denn tatsächlich durch den Parasiten hervorgerufen wird) nur ein Nebeneffekt:
    Der Parasit unterscheidet nicht, in welchem Wirt er sich aufhält, und beeinflusst diesen — wie auch immer — mit seinen Mitteln, etwa irgendwelchen chemischen Substanzen.
    Bei Nagern führt das zum beschriebenen “unvorsichtigen” Verhalten in Bezug auf Katzen, beim Menschen dann vielleicht zu den anderen Effekten.
    Bei so komplizierten Systemen ist es immer extrem schwierig, einen Zusammenhang zwischen Ursache und Außenwirkung herzustellen.

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