Leuchtende Nachtwolken über ganz Deutschland

BLOG: Astronomers do it at Night

…und auch tagsüber
Astronomers do it at Night

… und bis nach Österreich gab es in den letzten Tagen zu sehen. Silbrig weiße Wolkenfelder, oft zerfasert und mit feinen Mustern durchzogen, zeigten sich am Nordhorizont. Die Strukturen der Wolken sind ungeheuer dynamisch, innerhalb weniger Sekunden ziehen Wellen durch die Wolkenfasern und einzelne Wolkenschichten bewegen sich gegeneinander. Von Norddeutschland aus sind Leuchtende Nachtwolken, auf englisch Noctilucent Clouds oder kurz NLCs keine Seltenheit, in den Sommermonaten ab Ende Mai bis Mitte August lassen sich die hellen Wolken am am Nachthimmel normalerweise mindestens ein Dutzend Mal pro Jahr ausmachen. Für die Zeit der Mitternachtsdämmerung also ein Beobachtungsobjekt der etwas anderen Art.

Leuchtende Nachtwolken sind eine Erscheinung der Hochatmosphäre. Sie bilden sich in einer Höhe von mehr oder weniger exakt 82 Kilometern, also weit oberhalb normaler Wolken, die maximal bis zur Obergrenze der Troposphäre in zwölf Kilometern Höhe reichen. Während sich normale Wolken schon im Schatten der Erde befinden und am Himmel dunkel erscheinen, können die hochliegenden NLCs immernoch schräg von der Sonne beleuchtet werden, obwohl ebendiese schon unter dem Horizont steht. Die Wolken bestehen aus Eiskristallen, die sich unter dem geringen Druck in dieser Höhe nur unter extrem niedrigen Temperaturen überhaupt erst bilden können. Tatsächlich befindet sich zwischen 79 und 85 Kilometern Höhe die Mesopause, das Temperaturminimum der Erdatmosphäre, aber auch nur in den Sommermonaten werden dort die nötigen Temperaturen erreicht. Trotzdem werden immernoch Kondensationskeime benötigt, an denen sich Wasserdampf anlagern kann. Aussichtsreiche Kandidaten dafür sind Staubteichen aus verglühten Meteoriten aber auch Reste von Raketentreibstoffen. Winde in den obersten Atmosphärenschichten scheinen bei der Entstehung der Leuchtenden Nachtwolken ebenfalls eine entscheidende Rolle zu spielen.

Leuchtende Nachtwolken am Nordwesthorizont über Hamburg-Bergedorf am 16. Juni 2009 gegen 23:40. Die Belichtungszeit betrug nur drei Sekunden bei Blende 2.8 und ISO 200, die Aufnahme gibt sehr gut den visuellen Eindruck der Wolken wieder.

 NLCs bieten Atmosphärenforschern die Möglichkeit, direkt die Eigenschaften der obersten Schichten der Erdatmosphäre zu studieren und zu überwachen. Für direkte Messungen von Temperatur- und Windverhältnissen dort oben verwendet man ballistische Höhenforschungsraketen oder eben indirekt die Leuchtenden Nachtwolken. Man kann sie vom Erdboden aus per Radar oder mit simplen Kameras beobachten. Hier können auch Amateurbeobachter wertvolle Dienste leisten, indem man seine Beobachtungen genau protokolliert und klassifiziert, also die Helligkeit, Form und Ausdehnung der Nachtwolken notiert und wenn möglich fotografisch festhält.

Andersherum hat man aber bis heute die Entstehung der Leuchtenden Nachtwolken selber noch nicht bis ins Detail verstanden. Beispielsweise am Leibniz-Institut für Atmosphärenphysik (IAP) in Kühlungsborn bei Rostock arbeiten dann auch viele Theoretiker an Modellen der Erdatmosphäre, der Bildung der Wolken über Kondensationskeime und der Luftströmungen in großer Höhe. Vor einigen Jahren hatte ich mal die Gelegenheit, das IAP zu besichtigen, eine spannende Angelegenheit.

Wenige Minuten später hatte sich die Struktur der Wolken bereits komplett geändert

Die Leuchtenden Nachtwolken der letzten Tage gehörten mit Sicherheit zu den spektakulärsten NLC-Beobachtungen seit langem. Während ihre Helligkeit noch normal war, konnte man sie bis weit in den Süden sehen, und entsprechend hoch standen sie in Norddeutschland über dem Horizont. Viele Amateurastronomen und an atmosphärischen Erscheinungen interessierte Beobachter haben ihre Beobachtungen im Internet zusammengetragen: Erste Anlaufstelle ist die Fachgruppe für atmosphärische Erscheinungen der Vereinigung der Sternfreunde im Arbeitskreis Meteore e.V., wo man sich über atmosphärische Erscheinungen aller Art informieren kann. Die aktuellen Beobachtungen werden in einem Forum gesammelt, außerdem gibt es eine Mailingliste, die nach einer Sichtung weitere Beobachter alarmiert. Auch in den Astronomieforen astronomie.de und astrotreff.de gibt es jede Menge weiterer NLC-Bilder der letzten Tage zu sehen.

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Astronomin in vielerlei Hinsicht, so könnte man mich mit wenigen Worten beschreiben. Da ist zunächst einmal die Astrophysikerin, die an der Hamburger Sternwarte über die Aktivität von Sternen promoviert und dabei hauptsächlich mit den Röntgensatelliten Chandra und XMM-Newton gearbeitet hat, aber auch schon am Very Large Telescope in Chile beobachten durfte. Auslöser ihres beruflichen Werdegangs war ein engagierter Lehrer, dessen Astronomie-AG sie ab der 7. Klasse besuchte. Ungefähr zur selben Zeit erwachte auch die Hobbyastronomin, die anläßlich des Einschlags des Kometen Shoemaker-Levi 9 auf den Jupiter begann, mit einem russischen Feldstecher vom Flohmarkt den Tanz der Jupitermonde zu verfolgen. Heutzutage freut sie sich über jede Gelegenheit, mit ihrem 16-zölligen Dobson tief im Odenwald fernab der Lichter der Rheinebene auf die Jagd nach Deep-Sky-Objekten zu gehen. Und da Amateurastronomen gesellige Wesen sind, treffe ich mich gerne mit Gleichgesinnten, zum Beispiel zum gemeinsamen Beobachten. Auch nach meinem Umzug von der Großstadt Hamburg in das schöne Universitätsstädtchen Heidelberg halte ich engen Kontakt zu meinen Vereinskameraden von der Hamburger Gesellschaft für volkstümliche Astronomie und dem Astronomieverein meiner Jugend, dem Arbeitskreis Sternfreunde Lübeck. Seit einigen Jahren bin ich außerdem in dem Internetforum Astrotreff aktiv, wo ich Teil des Moderatorenteams bin. Um meine Faszination an der Astronomie an andere weitergeben zu können, besonders an Kinder und Jugendliche, habe ich mich seit Jahren in der Öffentlichkeitsarbeit engagiert, habe populärwissenschaftliche Vorträge gehalten und Schülergruppen betreut, die in Hamburg das Institut besucht haben. Diese Leidenschaft habe ich nun zu meinem Beruf gemacht. Hier in Heidelberg arbeite ich in einem kleinen aber feinen Team am Haus der Astronomie. Hiermit lade ich Sie ein, lieber Leser, an all diesen Facetten meines Astronomendaseins teilzuhaben. Mal witzig, mal spannend oder nachdenklich, manchmal auch persönlich oder mit Aha-Effekt. Carolin Liefke

4 Kommentare

  1. Nlc`s

    voll der quatsch den du mir hier erzählst!das hat einfach was mit der anreicherung von schwebeteilchen(Aerosole,schwefelhexaldifluoriden,..?)in der atmosphäre zu tun!!Geoengeneering
    …euch bringen sie doch in der uni bloss gefährliches halbwissen bei!!!!

  2. Hallo Herr Strauss,
    Sie haben da leider etwas durcheinandergebracht. Der Quatsch von dem Sie sprechen hört auf den Namen Chemtrails. Aber mit einem haben Sie recht: Quatsch ist das nämlich wirklich.

    Viele Grüße,
    Carolin Liefke

    PS. Die älteste klar dokumentierte Sichtung von Leuchtenden Nachtwolken die ich kenne stammt aus dem Jahre 1885. Damals hatte man Schwefelhexafluorid (ohne di, und mit dem Arzeimittelfabrikanten hat das auch nichts zu tun…) noch nichtmal entdeckt: Erstmalig wurde es 1901 von Henri Moissan und Paul Lebeau erzeugt.

  3. Sonnenstand

    Hallo Herr Bednarik,

    in 82 km Höhe geht das auch um Mitternacht. Leuchtende Nachtwolken werden bei Sonnenständen zwischen 6 und 16° unter dem Horizont sichtbar. Ich habe mal versucht, das anhand dieser Skizze zu verdeutlichen, Effekte wie Refraktion mal vernachlässigend:

    Hinzu kommt ja noch, daß die NLCs auch bei mir in Norddeutschland eigentlich nie im Zenit zu sehen sind, sondern in Nordrichtung. Die Grafik gilt also strenggenommen für den Punkt auf der Erde, über dem die Wolken sich bilden, und dort steht die Sonne noch flacher und knapper unter dem Horizont als bei uns. So können die Leuchtenden Nachtwolken zur Zeit der Sommersonnenwende bis weit in den Süden beobachtet werden.

    Viele Grüße,
    Carolin

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