Das Norddeutsche Astrofototreffen NAFT

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…und auch tagsüber
Astronomers do it at Night

In Zeiten von Digitalkameras, Foto-CDs und Internet-Bildergalerien könnte man meinen, der gute alte Diaabend hätte ausgedient. Und das besonders in der Amateurastronomie, wo doch heutzutage die meisten in entsprechenden Internetcommunities vertreten sind, in denen man seine Astrofotos zeigen kann. Ganz im Gegenteil! Seit nun über 30 Jahren treffen sich Hobbyastronomen aus Schleswig-Holstein, Hamburg und Niedersachsen regelmäßig zweimal pro Jahr an wechselnden Veranstaltungsorten zum Norddeutschen Astrofototreffen, kurz NAFT. Dort kann jeder Teilnehmer seine Aufnahmen zeigen – und bekommt im Gegenzug selber ein buntes Panorama an Deep-Sky-Aufnahmen, Mond- und Planetenbildern, atmosphärischen Erscheinungen und astronomischen Reiseberichten zu sehen.

Das NAFT wurde in einer Zeit ins Leben gerufen, als die amateurastronomische Welt noch ganz anders aussah: Teleskope, die heute als Einsteigergerät durchgehen würden, waren für viele unbezahlbar. Und so fanden sich Astronomieinteressierte in Volks- und Schulsternwarten zusammen, um die Geräte dort nutzen zu können. Schon in kleineren Städten gründeten sich Astronomievereine, in denen Sternfreunde aller Altersgruppen vertreten waren. Damals wie heute faszinierte der einfache Anblick des Sternenhimmels – und was konnte diese Faszination besser ausdrücken als eine Fotografie? Der Blick in Astrozeitschriften und Fotoalben aus den 70er und 80er Jahren zeigt: Profisternwarten machten damals Deep-Sky-Aufnahmen mit denen sich heute viele Amateure nicht mehr zufriedengeben. Die Amateure taten es ihnen nach und belichteten viele Stunden, per Hand am Leitfernrohr nachgeführt. Raumsonden funkten phantastische Bilder aus den Weiten des Sonnensystems zur Erde, während sich die Beobachter auf selbiger abmühten die kostbaren Momente geringer Luftunruhe abzupassen um Mond und Planeten mit möglichst viel Detail abzulichten. Fotografiert wurde auf Diamaterial oder Schwarzweiß, besonders beliebt war der gute alte Kodak Technical Pan, von dem ich noch immer eine nun schon viele Jahre abgelaufene Rolle im Kühlschrank liegen habe. Viele Astrofotografen hatten ihre eigene Dunkelkammerausrüstung, denn häufig wurden die scheinbar unterbelichteten Filme und Abzüge von "professionellen" Fotolaboren verunstaltet. Umso stolzer war man auf die fertigen Bilder und zeigte sie gerne, natürlich insbesondere in den eigenen Reihen.

Und an dieser Stelle kam das Norddeutsche Astrofototreffen ins Spiel. Warum nicht ein größeres Treffen von Astrofotografen arrangieren? Aus derselben Grundidee mit Hinblick auf Beobachtungen entstanden auch die ersten Teleskoptreffen. Im Gegensatz dazu bildete sich für das NAFT aber kein fester Veranstaltungsort oder Organisator heraus. Egal ob Einzelperson oder Gruppe, jeder konnte das NAFT ausrichten und die anderen zu sich einladen. Bis heute finden die Treffen häufig in den Räumlichkeiten der gastgebenden Vereine statt, so daß der auswärtige NAFT-Besucher auch gleich noch die Gelegenheit hat, die dortigen Sternwarten kennenzulernen.

Auf dem NAFT am 17. Juni 2008 in Wardenburg: Bei diesem Treffen stellte der Meteorologe Michael Theusner sein Programm Avistack vor, daß heute von vielen Mond- und Planetenfotografen genutzt wird.

Als überregionales Treffen über die Vereinsgrenzen hinweg war das NAFT von Anfang an mehr als eine reine Bildershow. Man konnte sich mit Gleichgesinnten austauschen, neu vorgestellte Geräte und Techniken begutachten und sich inspirieren lassen. Im Gegensatz zu echten Tagungen wie zum Beispiel der BoHeTa war und ist das NAFT aber ein informelles Treffen ohne festen Zeitplan oder straffe Organisation. Wer etwas vorstellen möchte – und das können nicht nur Bilder sein, gern auch neue Ausrüstung oder Software – trägt sich zu Beginn in eine Liste ein. Es gibt kein Zeitlimit für die einzelnen Präsentationen, und so kann der Tag auch schonmal bis in die Abendstunden dauern. Immermal wieder gibt es Pausen mit Kaffee und Kuchen, und auf einem kleinen Flohmarkt können astronomische Ausrüstungsgegenstände aller Art den Besitzer wechseln. Zum Abschluß gehen viele der typischerweise 30 bis 50 Teilnehmer dann noch gemeinsam essen.

Mein erstes NAFT erlebte ich 1998 an der Sternwarte Lübeck, organisiert vom Arbeitskreis Sternfreunde Lübeck e.V. dem ich kurz vorher beigetreten war. Seitdem habe ich viele Astrofototreffen erlebt, weil ich keine großen astrofotografischen Ambitionen habe aber meist nur als Zuschauer. Trotzdem bin ich bis nach Oldenburg oder Hannover zu den Treffen gefahren, meist in Begleitung von Vereinskollegen aus Lübeck oder Hamburg. So auch am letzten Samstag, die Cuxhavener Ortsgruppe der Gesellschaft für Volkstümliche Astronomie hatte zum NAFT in das Gebäude der Berufsbildenden Schulen eingeladen, in dem auch die Max-Koch-Sternwarte untergebracht ist. Wir wurden so reichlich bewirtet wie nie zuvor bei einem NAFT, so daß wir sogar das anschließende Abendessen wegen Übersättigung ausfallen ließen. Und die Bildbeiträge zeigten: Man kann zwar auch nach Namibia fahren um dort den Südhimmel zu genießen, aber auch von Norddeutschland aus bieten sich dem ambitionierten Astrofotografen alle Möglichkeiten.

Eine der wenigen Himmelsaufnahmen, die ich selber mal auf einem NAFT zu zeigen für würdig befand: das Polarlicht vom 6. April 2000. An diesem Tag schrieb ich meine letzte Abiturklausur.

Die Tradition des NAFT hat den Wechsel von der analogen zur digitalen Himmelsfotografie problemlos überstanden, auch wenn es noch gar nicht so lange her ist, daß der Diaprojektor endgültig vom Beamer abgelöst wurde. Bei Gelegenheiten wie dem NAFT zeigt sich dann, daß die Amateurastronomen heute aus zwei verschiedenen Welten kommen. Die Mitglieder vieler Astronomievereine sind heutzutage größtenteils im Rentenalter. Mit der Digitaltechnik freunden sie sich nur selten an, der Computer ist für sie ein fremdes Wesen. Also fotografieren sie bis heute auf Filmmaterial. Im Zeitalter des Internets, der Online-Communities mit Foren, Mailinglisten und Blogs, zieht es den Großteil des amateurastronomischen Nachwuchses nicht mehr in die als altbacken geltenden Vereine. Zum NAFT kommen sie aber trotzdem alle, die Alten wie die Jungen. So kann ein simpler Nachmittag mit Astrofotos helfen Brücken zwischen den Generationen zu schlagen.

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Astronomin in vielerlei Hinsicht, so könnte man mich mit wenigen Worten beschreiben. Da ist zunächst einmal die Astrophysikerin, die an der Hamburger Sternwarte über die Aktivität von Sternen promoviert und dabei hauptsächlich mit den Röntgensatelliten Chandra und XMM-Newton gearbeitet hat, aber auch schon am Very Large Telescope in Chile beobachten durfte. Auslöser ihres beruflichen Werdegangs war ein engagierter Lehrer, dessen Astronomie-AG sie ab der 7. Klasse besuchte. Ungefähr zur selben Zeit erwachte auch die Hobbyastronomin, die anläßlich des Einschlags des Kometen Shoemaker-Levi 9 auf den Jupiter begann, mit einem russischen Feldstecher vom Flohmarkt den Tanz der Jupitermonde zu verfolgen. Heutzutage freut sie sich über jede Gelegenheit, mit ihrem 16-zölligen Dobson tief im Odenwald fernab der Lichter der Rheinebene auf die Jagd nach Deep-Sky-Objekten zu gehen. Und da Amateurastronomen gesellige Wesen sind, treffe ich mich gerne mit Gleichgesinnten, zum Beispiel zum gemeinsamen Beobachten. Auch nach meinem Umzug von der Großstadt Hamburg in das schöne Universitätsstädtchen Heidelberg halte ich engen Kontakt zu meinen Vereinskameraden von der Hamburger Gesellschaft für volkstümliche Astronomie und dem Astronomieverein meiner Jugend, dem Arbeitskreis Sternfreunde Lübeck. Seit einigen Jahren bin ich außerdem in dem Internetforum Astrotreff aktiv, wo ich Teil des Moderatorenteams bin. Um meine Faszination an der Astronomie an andere weitergeben zu können, besonders an Kinder und Jugendliche, habe ich mich seit Jahren in der Öffentlichkeitsarbeit engagiert, habe populärwissenschaftliche Vorträge gehalten und Schülergruppen betreut, die in Hamburg das Institut besucht haben. Diese Leidenschaft habe ich nun zu meinem Beruf gemacht. Hier in Heidelberg arbeite ich in einem kleinen aber feinen Team am Haus der Astronomie. Hiermit lade ich Sie ein, lieber Leser, an all diesen Facetten meines Astronomendaseins teilzuhaben. Mal witzig, mal spannend oder nachdenklich, manchmal auch persönlich oder mit Aha-Effekt. Carolin Liefke

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