Yuris Night

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Raumfahrt: Informationen – Meinungen – Hintergründe
Astra's Spacelog

Mutige Taten mit kultureller Relevanz werden fast immer aus der Not geboren. In Friedenszeiten ist die Bereitschaft, Risiken im Dienst der Gesellschaft einzugehen eher gering. Heroische Taten sind dann dünn gesät. Doch es gibt Ausnahmen. Der legendäre erste Raumflug in der Geschichte der Menschheit ist eine solche, wobei ich zugebe, dass man jetzt diskutieren könnte, wie weit der Kalte Krieg eine „Friedenszeit“ war.

Wie auch immer: am Morgen des 12. April 1961 umrundete Juri Gagarin als erster Mensch in einer Raumkapsel die Erde und niemand hatte vor ihm bis dato etwas Ähnliches getan.

Niemand wusste, ob für den Kosmonauten die unbekannten physischen und psychischen Anforderungen überlebbar waren. Ob er Startbeschleunigung, Bremsverzögerung und den abschließenden Ausstieg mit dem Schleudersitz überstehen konnte. Ob ihn die völlig unbekannten Bedingungen der Schwerelosigkeit nicht in den Wahnsinn treiben würden. Niemand wusste ob unter diesen nie gekannten Umständen. die Funktionen des menschlichen Körpers nicht verrückt spielten. Funktionierte der Blutkreislauf? Konnte man in der Schwerelosigkeit schlucken? Funktionierte die Atmung? Trieb einen die Orientierungslosigkeit in den Wahnsinn?

Der bemannte Raumflug war "terra incognita". Nicht wenige Experten verbürgten sich für die Unmöglichkeit des Unterfangens und meinten, dass der Mensch für immer an die Erde gebunden sei.

Erst nach Gagarin konnten wir sicher sein: Das Weltall steht dem Menschen offen. Yuri Alexejewitsch Gagarin hatte das Tor zu neuen Welten aufgestoßen. Allein das hätte genügt, einen Mythos zu begründen. Doch dann kam dazu, dass der erste Kosmonaut am 27. März 1968 mit seiner Mig 15 abstürzte. Im Alter von gerade einmal 34 Jahren. War er zuvor schon als Held verehrt worden, wurde er nach seinem Tod zum "James Dean der bemannten Raumfahrt". Wieder einmal traf das Motto zu "Only the brave die young".

In allen russischen Raumschiffen und Raumstationen wurde fortan sein Bild mitgeführt. Und der bereits 1962 in der Sowjetunion eingeführte "Tag der Kosmonauten" – zunächst eher ein allgemeiner Feiertag der bemannten Raumfahrt – wurde immer mehr zu seinem persönlichen Gedenktag.

An Bord der Mir lernten auch die Amerikaner bei der Flugvorbereitung und ihren Besuchen diesen Feiertag kennen. Als die ISS Gestalt annahm, und immer mehr international gemischte Besatzungen im Orbit arbeiteten, wurde der Tag der Kosmonauten international bekannt. Aber er ware vermutlich auf die kleine und übersichtliche Raumfahrtgemeinde beschränkt geblieben, wenn es da nicht das Space Generation Advisory Council der UN gegeben hätte.

Dieser Organisation ist es zu verdanken, dass aus dem vereinzelten Feiern zum Tag der Kosmonauten eine gerichtete, weltweite Bewegung entstand. Anlässlich einer Konferenz in Graz im Jahre 2000 wurde die Idee für Yuris Night ins Leben gerufen.

Die Idee war es, Menschen aller Nationalitäten, die für und in der Raumfahrt arbeiten mit Menschen zusammenzubringen, die das einfach nur cool finden und Teil der Bewegung sein wollen, die Space Community zusammenrücken zu lassen und jedes Jahr einen Gedenktag mit bunten Veranstaltungen durchzuführen. All das in Erinnerung an Juri Gagarins historischen Orbitalflug.

Am 12. April 2001 fanden, dank eine zentralen Initiative ausgehend von Los Angeles, bereits 64 Veranstaltungen über den ganzen Planeten verteilt statt. Die europäischen Parties dieses ersten Jahres waren auf London, Leiden und Dublin beschränkt.

Im letzten Jahr waren weltweit bereits 190 Parties in mehr als 50 Ländern auf allen sieben Kontinenten registriert. Hier beispielsweise ein Blick auf eine Yuris Night-Party am Südpol . (Auch im Jahre 2001 wurde übrigens bereits auf dem Südpol eine „Yuris Night Party“ begangen).

Heute führen viele größere Städte in Mitteleuropa ihre eigene "Yuris Night" durch. In jeder gibt es eine "Patin" oder einen "Paten", der die Veranstaltung organisiert. In Deutschland finden heuer sechs größere Veranstaltungen statt, die aber allesamt den Nachteil haben, nicht am Originaldatum stattzufinden, also dem 12. April, sondern meist einige Tage davor.

Die Veranstaltung in Heidelberg findet beispielsweise bereits am 4. April statt, in Berlin am 5. April, in München am 9. April und in Darmstadt am 11. April. Auch die deutsche Hauptveranstaltung des Jahres 2009 findet schon einen Tag vor dem "offiziellen" Datum statt, nämlich am 11. April in Stuttgart. Da immerhin gleich an drei Veranstaltungsorten, nämlich dem Planetarium, dem Metropol-Kino und dem aer-club. Die neuesten Informationen über die deutschen Veranstaltungen können auf der deutschen Yuris-Night Sonderseite abgerufen werden. Bei der Veranstaltung am Planetarium Stuttgart können Sie übrigens den diesjährigen SciLogs-Preisträger Dr. Michael Blume in Natura erleben.

Wer bei Yuris Night am historisch richtigen Datum mitmachen will, für den ist ein Ausflug nach Wien anzuraten. Für die österreichische Hauptstadt übernimmt in diesem Jahr "Der Orion" die Durchführung, in Person von Maria Pflug-Hofmayr. Unterstützt wird sie von Miriam Gschwandtner vom "Österreichischen Weltraumforum“ und von Agnieszka Lukaszczyk vom Space Generation Advisory Council der UN.

Schauplatz der Veranstaltung ist das Szene-Kino "Schikaneder" im vierten Wiener Gemeindebezirk.
Und was erwartet Sie im "Schikaneder"? Kulturell wichtigster Punkt ist die Welt-Uraufführung des Films “Die Wiederkehr des Mars” des jungen Filmemachers Sebastian Voltmer, der mit diesem Werk sein Studium an der Kunsthochschule Kassel mit Auszeichnung abgeschlossen hat. Der Regisseur wird bei der Veranstaltung anwesend sein.

Im Anschluss folgt eine 60minütige Show, geleitet von dem bekannten Österreichischen Autor und Regisseur Johannes Grenzfurtner zum Thema “Juri Gagarin und der Beginn der bemannten Raumfahrt”. Experten erzählnen, wie mit dem Erstflug Gagarins die bemannte Raumfahrt begann, und welche umfangreichen Auswirkungen dieses Ereignis auf die Gesellschaft hatte. In diesem Teil der Veranstaltung wird auch Ihr Kosmologger Eugen Reichl (Astra’s Spacelog) mitwirken.

Danach verleiht das Österreichische Weltraumforum den „Polarsternpreis“.

Vor Beginn des zweiten Filmes (Im Schatten des Mondes) werden wertvolle Preise mit Raumfahrtbezug verlost. Die Teilnahme an dieser Verlosung ist auch via Internet möglich.

Und schließlich gibt es Party bis in den frühen Morgen. Alle Details zum Programm und zur Kartenbestellung finden Sie auf den Seiten des "Orion" im unteren Teil des Berichtes. Weitere Informationen bei der UN Space Generation .

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Ich bin Raumfahrt-Fan seit frühester Kindheit. Mein Schlüsselerlebnis ereignete sich 1963. Ich lag mit Masern im Bett. Und im Fernsehen kam eine Sendung über Scott Carpenters Mercury-Raumflug. Dazu der Kommentar von Wolf Mittler, dem Stammvater der TV-Raumfahrt-Berichterstattung. Heute bin ich im "Brotberuf" bei Airbus Safran Launchers in München im Bereich Träger- und Satellitenantriebe an einer Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Technik tätig. Daneben schreibe ich für Print- und Onlinemedien und vor allem für mein eigenes Portal, "Der Orion", das ich zusammen mit meinen Freundinnen Maria Pflug-Hofmayr und Monika Fischer betreibe. Ich trete in Rundfunk und Fernsehen auf, bin Verfasser und Mitherausgeber des seit 2003 erscheinenden Raumfahrt-Jahrbuches des Vereins zur Förderung der Raumfahrt (VFR). Aktuell erschien in diesen Tagen beim Motorbuch-Verlag "Interkontinentalraketen". Bei diesem Verlag sind in der Zwischenzeit insgesamt 16 Bücher von mir erschienen, drei davon werden inzwischen auch in den USA verlegt. Daneben halte ich etwa 15-20 mal im Jahr Vorträge bei den verschiedensten Institutionen im In- und Ausland. Mein Leitmotiv stammt von Antoine de Saint Exupery: Wenn du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Menschen zusammen, um Holz zu beschaffen, Werkzeuge zu verteilen und Arbeit zu vergeben, sondern lehre sie die Sehnsucht nach dem weiten unendlichen Meer. In diesem Sinne: Ad Astra

7 Kommentare

  1. Interessant

    “Niemand wusste, ob für den Kosmonauten die unbekannten physischen und psychischen Anforderungen überlebbar waren …”

    Ich kenne die Zeit ohne Astro-/Kosmonauten nicht und da hatte ich gar keine Gelegenheit mir Gedanken drüber zu machen, aber wo Du es so schreibst ist es einleuchtend. Die Hündin Laika ist ja im All gestorben. Gagarin ist da wirklich ein sehr hohes Risiko gegangen.

  2. Ein paar kamen durch

    nach Laika und vor Gagarin gab es noch eine Reihe von Hunden, die als Versuchstiere in eine Umlaufbahn geschickt wurden. Die Überlebensquote war gemischt. Die Hunde Chaika und Lisichka kamen beim Start von Korabl-Sputnik 1 am 28.7.1960 ums Leben, als die Trägerrakete (vom selben Typ, in dem neun Monate später Gagarin startete) 28 Sekunden nach dem Start explodierte. Einen Monat später kamen Belka und Strelka sicher zur Erde zurück. Vier Monate später starben Pcheka und Muschka weil das Landesystem des Wostok-Prototypen versagte. Weitere drei Wochen später gab es erneut ein Versagen der Trägerrakete mit einem Wostok-Prototypen. Die beiden Hunde Kometa und Shutka überlebten eine beinharte Notlandung in Sibirien mit Müh und Not. Im März 1960 gab es zwei Versuche mit Hunden. Beide überlebten. Ihren psychischen Zustand konnte man naturgemäß nicht bis ins letzte Detail überprüfen. Immerhin hatte man den Einrdruck gewonnen, dass ein höheres Lebewesen den Flug in den Weltraum zumindest physisch überleben konnte. So schickte man Gagarin los…

  3. Weltraumhunde

    Das habe ich nicht gewußt. Finde ich interessant. Was Du so alles weißt. Weißt Du zufällig auch noch, ob es andere Tiere im All gab?

  4. Hunde, Affen und anderes Getier

    Jede Menge. Bis auf den heutigen Tag werden Laboratoriumsmäuse, Ratten, Kaulquappen und Insekten aller Art (vor allem Fruchtfliegen wegen ihrer hohen Reproduktionsraten) bei (manchen) bemannten Missionen mit biologisch-medizinischen Aufgabenstellungen mitgesandt (und zum Teil sogar im Weltraum seziert).
    Die Zeit als man (Säuge-) Tiere alleine losschickte sind dagegen vorbei, schon deswegen, weil die Öffentlichkeit sie nicht länger akzeptiert. Den Höhepunkt bei den Sowjets bildeten am 22. Februar 1966 die beiden Hunde Veterok und Ugolyok, die an Bord von Kosmos 110, dem Vorbereitungsflug für den geplanten (aber nie durchgeführten) bemannten Woschod 3-Flug 22 Tage im Weltraum blieben und sicher zurückkamen. Ein Weltrekord für den Soloflug von höheren Tieren, der nie gebrochen wurde.

    Bei den Amerikanern wurden eine Reihe von Affen in den Weltraum geschickt, zuletzt am 29. Juni 1969 der Makake Bonnie bei der Mission des „Biosat 3“. Bonnie sollte eigentlich 30 Tage im Weltraum bleiben. Nachdem sich sein Gesundheitszustand bald nach dem Start verschlechterte wurde er nach einer guten Woche zurückgeholt. Es half aber nichts. Er starb kurz nach der Landung.

    Danach gaben die Amerikaner Versuche dieser Art auf. Die Publicity für missglückte Weltraumexperimente mit Affen war bei den tierliebenden Amerikanern denkbar schlecht und es brachte tatsächlich nicht wesentlich mehr Erkenntnis, als wenn man die Versuche gleich mit Menschen durchführte.

    Bei Bonnie hatte sich herausgestellt, dass er nicht mehr trinken wollte, weil das Bedürfnis zur Flüssigkeitsaufnahme in der Schwerelosigkeit abnimmt. Er dehydrierte. Ein Mensch kann dagegen seine Flüssigkeitsaufnahme bewusst regeln, auch wenn er keinen Durst hat.

    Aufgrund der Erkenntnis, dass im Weltraum manche der natürlichen biologischen Regelkreise durch bewusste Entscheidungen ersetzt werden müssen, führten die USA keine Versuche mit Affen mehr durch.

  5. Kleingetier

    Daß es mit kleineren Tieren Versuche im All gab, habe ich schon geahnt. Es gibt ja alle möglichen Versuche dort oben. Sogar mit Plasmen soll da experimentiert worden sein. 🙂

    Gibt es eigentlich genügend Materialien für ein eigenen Blogbeitrag (Wink mit dem Zaunpfahl 😉 )? Schweine im Welltall, das wäre es doch. 😀

    Aber wo ich so über Youri Gagarin und die Belastungen im All nachdenke, kommen mir noch zwei Artikel von Astronomie heute in den Sinn, die ich interessant fand, weil man sich sonst keine Gedanken dazu macht. Allein im All und Zoff im Weltraum. Letzerer ist kostenfrei, vielleicht wird Teil 1 auch noch freigeschalten. Jedenfalls geht es da um die psychische Belastung. Im All kann man ja nicht einfach mal eben raus in die frische Luft, wenn man sich mal verkracht hat, um sich zu beruhigen. Nicht nur die körperlichen Belastungen sind enorm.

  6. Plasma & Schweine

    Kommt drauf an, welche Art von Plasma gemeint ist. Die pyhsikalische Sorte hat man in der Raumfahrt ja am liebsten außerhalb des Raumfahrzeugs am rumwabern. Die technische Sorte (naja, irgendwo ist am ende ja alles auch irgendwo physikalisch) eher innen (Beleuchtung, Bildschirme). Die mit “Blut” vorne sollte man nur innen (im Raumschiff) mitführen um sie dann notfalls noch weiter “innen” (Körper) benutzen zu können. Und die Sorte mit dem “Ekto” vorne spielt sich in höheren Dimensionen ab, womit wir mühsam aber immerhin den Bogen zur “USS Swinetrek” gefunden hätten. Mittels dieses Raumschiffes werden die ersten Schweine im Jahre 2138 in den Weltraum entsendet und fliegen durch den Hyperraum und unter dem Kommando von Captain Link Ringelschwanz mit mehrfacher Mopsgeschwindigkeit (überwacht durch Bordingenieur Miss Piggy) zu den Geheimnissen der Galaxis (zu erforschen durch Dr. Julius Speckschwarte). Und das wäre mal wirklich einen Blogbeitrag wert. Ich werde drüber nachdenken. Morgen allerdings erstmal was zum versuchten koreanischen Satellitenstart,

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