Wie geht es GLAST?

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Drei Wochen nach dem erfolgreichen Start ist die Mission von GLAST aus den Medien verschwunden. Wie ich damals schon berichtet habe, absolviert das komplexe Weltraumobservatorium zurzeit eine mehrwöchige Indienststellungsphase. Alle Komponenten und Systeme, die Experimente und die Nachrichtenwege im Weltraum und auf dem Boden werden jetzt nach und nach aktiviert und auf Herz und Nieren geprüft. Wir haben GLAST am 11. Juni verlassen, nachdem er sich von der Oberstufe seiner Delta 2 Heavy-Trägerrakete gelöst und die Solargeneratoren ausgefahren hatte. Was ist seither geschehen?

 

Bild: GLAST LAT Detektoren

12 Juni: Die Subsysteme des Raumfahrzeugs werden überprüft: Kommunikation, Lageregelung, Navigation, Solargeneratoren und andere. Dabei müssen viele Testparameter absolviert werden, beispielsweise müssen die Stellmotoren der Sonnensegel über ihr gesamtes mögliches Bewegungsspektrum erprobt werden.

13. Juni: Es gibt kleinere Probleme bei der Aktivierung des "Star Tracking Systems". Dieses System ist notwendig, damit der Satellit bei schnellen Richtungs- und Blickwinkeländerungen nicht die Orientierung verliert.  GLAST bestimmt seine Raumlage durch Abgleich mit bekannten Sternkonstellationen.

15. Juni: Manövrierübungen und Kalibrierungen. Hier müssen alle Systeme des Raumfahrzeugs zusammenarbeiten: Die Lagekontrollkreisel, welche das Raumfahrzeug ausrichten, die Solargeneratoren, die bei Richtungswechseln des Raumfahrzeugs trotzdem weiterhin optimal zur Sonne hin ausgerichtet bleiben müssen, Positionsbestimmung über GPS und vieles mehr. Erprobt wird auch der Übergang vom statischen Beobachtungsmodus zum so genannten "Survey Mode".

18. Juni: Der Transmitter der großen Hochgewinn- Antenne wurde aktiviert. Die Tage zuvor hatte es kleinere Probleme mit dem Schwenkmechanismus der Antenne gegeben, die aber behoben werden konnten. Erprobung des Übertragungsweges über die TDRSS (Tracking and Data Relay Satellite System)-Satelliten der NASA. Die Kommunikation über dieses Medium funktioniert hervorragend.

19. Juni: Das Observatorium ist jetzt in der Lage, seinen Standard-Suchmodus, die nominale Betriebsart während der Mission durchzuführen. Nach wie vor werden nur die Systeme des Raumfahrzeugs getestet. Die wissenschaftlichen Instrumente sind noch nicht in Betrieb.

22. Juni: Die letzten Tage wurden hauptsächlich dafür verwendet, die Lageregelungssoftware von GLAST in immer anspruchsvolleren Manövern zu testen. Ausrichtungen auf bestimmte Himmelspositionen, Erprobung des "automatischen Re-pointings", ein Modus mit dem die Instrumente des Satelliten autonom – ohne Einschaltung der Missionskontrolle – eine Richtungsänderung des Satelliten anfordern können. Aber auch der umgekehrt Fall wird getestet, nämlich dass aufgrund einer kurzfristigen Anforderung seitens der Missionskontrolle der automatische Modus durch eine vorgegebene Richtungsänderung ersetzt wird.

23. Juni: Die Tests der vorangegangenen Tage haben einige Änderungen in der Software notwendig gemacht. Diese Änderung wurde heute zum Raumfahrzeug gesendet. Jetzt müssen die die Softwaremodifikationen erprobt werden.

24. Juni: Die Detektoren des LAT (Large Area Telescope), die so genannten "Turm-Module" werden nach und nach hochgefahren. An diesem 24. Juni die ersten drei, einige Stunden später weitere sechs (LAT-Module siehe Bild oben)

25. Juni: Das LAT mit seinen 16 Detektoren, seinen 880.000 Elektronik-Sensoren und drei Computern ist jetzt in Betrieb.

26. Juni: Der GBM (Gamma Burst Monitor) wird teilaktiviert. Das GBM Projekt ist eine Zusammenarbeit des MPE (Max Planck Instituts für Extraterrestrische Physik in Garching) mit dem Marshall Space Flight Center der NASA in Huntsville, Alabama und der Universität von Alabama.

Das MPE war für die Entwicklung und die Beschaffung der Detektoren und deren Stromversorgung zuständig. Die Detektoren wurden von der Firma Jena-Optronik GmbH in Jena und die Stromversorgung von der Firma Astrium in Friedrichshafen gebaut.

30. Juni: Knapp drei Wochen nach dem Start ist das Fein-Tuning des LAT im Gange. Es gibt hier viele Schlüsselparameter, die mit aktuellen Betriebswerten kalibriert werden müssen. In dieser Phase übermittelt GLAST mehr Daten zur Erde, als während des späteren Forschungsbetriebs, da neben den ersten Beobachtungsinformationen auch die gesamten Diagnosedaten zur Erde übermittelt werden müssen. Während der "normalen" Betriebsphase wird die durchschnittliche Datenrate vom LAT alleine 1,2 Megabit pro Sekunde betragen.

Auch die Tests des GBM verlaufen planmäßig. In den letzten Tagen wurde der so genannte "Burst Alert Message Chain" erprobt, ein spezieller Benachrichtigungsweg an Beobachter weltweit über das Internet, damit die erdgebundenen Observatorien ihre Instrumente in kürzester Zeit auf eine von GLAST entdeckte Strahlungsquelle ausrichten können.
An den Systemen des Raumfahrzeugs wird weiterhin gearbeitet: In diesen Tagen findet das Fein-Tuning des Batterie-Ladezyklus statt. GLAST ist ja während der Hälfte jedes seiner 95-minütigen Erdumläufe auf der Nachtseite unseres Planeten. In dieser Zeit bezieht er seine Energie aus den Batterien, die in den Sonnenzyklen wieder aufgeladen werden.

In der nächsten Zeit werden die Kalibrierungen und Tests weiter andauern. Das Raumfahrzeug wird in seinem gesamten Operationsspektrum erprobt und es ist noch einiges an zusätzlichem Tuning erforderlich, um den Satelliten vollständig betriebsbereit zu machen. Aber bereits in dieser fortgeschrittenen Check-out Phase können in Kürze die ersten aktuellen Forschungsdaten erwartet werden. GLAST ist in hervorragendem Zustand.

Ausgewählte Fotos zur GLAST-Mission finden Sie hier und hier.

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Ich bin Raumfahrt-Fan seit frühester Kindheit. Mein Schlüsselerlebnis ereignete sich 1963. Ich lag mit Masern im Bett. Und im Fernsehen kam eine Sendung über Scott Carpenters Mercury-Raumflug. Dazu der Kommentar von Wolf Mittler, dem Stammvater der TV-Raumfahrt-Berichterstattung. Heute bin ich im "Brotberuf" bei Airbus Safran Launchers in München im Bereich Träger- und Satellitenantriebe an einer Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Technik tätig. Daneben schreibe ich für Print- und Onlinemedien und vor allem für mein eigenes Portal, "Der Orion", das ich zusammen mit meinen Freundinnen Maria Pflug-Hofmayr und Monika Fischer betreibe. Ich trete in Rundfunk und Fernsehen auf, bin Verfasser und Mitherausgeber des seit 2003 erscheinenden Raumfahrt-Jahrbuches des Vereins zur Förderung der Raumfahrt (VFR). Aktuell erschien in diesen Tagen beim Motorbuch-Verlag "Interkontinentalraketen". Bei diesem Verlag sind in der Zwischenzeit insgesamt 16 Bücher von mir erschienen, drei davon werden inzwischen auch in den USA verlegt. Daneben halte ich etwa 15-20 mal im Jahr Vorträge bei den verschiedensten Institutionen im In- und Ausland. Mein Leitmotiv stammt von Antoine de Saint Exupery: Wenn du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Menschen zusammen, um Holz zu beschaffen, Werkzeuge zu verteilen und Arbeit zu vergeben, sondern lehre sie die Sehnsucht nach dem weiten unendlichen Meer. In diesem Sinne: Ad Astra

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