Welchen Wert hat das Leben eines Astronauten?

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Heute will ich mich einer wirtschaftlichen Frage widmen. Sie lautet: Welchen Wert hat das Leben eines Astronauten? Ganz profan in Cent und Euros, diesseits aller ideellen Werte. Ich will mich dabei nicht klären, ob wir vielleicht ganz auf bemannte Raumfahrt verzichten könnten, vielmehr gehe ich davon aus, dass es einen Konsens gibt, sie zu betreiben. Die ESA investiert dafür immerhin mehr als 400 Millionen Euro dafür pro Jahr, die NASA sogar mehr als das Siebenfache dieser Summe.

Für dieses nicht geringe Geld wagt man sich heute gerade mal bis zur Internationalen Raumstation, die von der Erdoberfläche nicht weiter entfernt ist als Köln von München. An Flüge darüber hinaus ist in absehbarer Zukunft nicht zu denken, und fragt man nach dem Grund, dann wird als Hauptargument die Sicherheit der Astronauten angeführt und der extrem hohe Preis, der für diese Sicherzeit zu bezahlen ist.

Raumfahrt ist teuer. Vor allem Missionen zum Mond und den Planeten. Das gilt noch weitaus mehr für bemannte Raumfahrt zu diesen Destinationen. Die hohen Kosten der bemannten Raumfahrt sind nur durch eine hohe Erfolgswahrscheinlichkeit gerechtfertigt und durch einen Gesamtnutzen, der den einer unbemannten Mission deutlich übersteigt.  Somit ist es schon wirtschaftlich geboten, dem für die Missionsdurchführung notwendigen „Produktionsfaktor menschliche Arbeit“ eine – an Standards der unbemannten Raumfahrt gemessen – überdurchschnittlich sichere Reise zu gewährleisten.

Doch wie groß sollen die Ausgaben für die „Arbeitssicherheit“ der Raumfahrer sinnvollerweise sein? Wir können natürlich eine große Anzahl von Tests ansetzen, noch mehr Studien betreiben als wir es jetzt schon tun, noch mehr unbemannte Vorläufermissionen planen, viele kleine inkrementelle Zwischenschritte einfügen bei denen wir uns nur ganz langsam immer weiter hinaus wagen, immer noch mehr Redundanzen einbauen (die ihrerseits allerdings wieder zusätzliche Gefahrenquellen eröffnen) und wenn uns all das nicht genug ist, auf noch ausgefeiltere technologische Möglichkeiten warten als uns hier und heute zur Verfügung stehen, bevor wir uns schließlich auf den Weg zu Mond und Mars und darüber hinaus aufmachen.

Und genau das ist es, was wir seit einigen Jahrzehnten tun. Der Aufwand, den wir für die Arbeitssicherheit der Astronauten betreiben, steigt ständig, während der dadurch erzielte Nutzen, nämlich die Durchführung bemannter Missionen, mehr und mehr gegen Null tendiert. Nationen wie Europa wagen sich an eigenständig durchgeführte bemannte Raumfahrt gar nicht erst heran, unter anderem weil sie glauben, praktisch hundertprozentige Sicherheit produzieren zu müssen (und sourcen diese Aufgabe und die damit zusammenhängende Verantwortung in die “relative” Sicherheit der russischen Raumfahrt aus, aber das ist wieder ein anderes Thema).

Fragen wir uns deshalb an dieser Stelle einmal objektiv, ob das Kostenelement “Arbeitssicherheit” in der heutigen bemannten Raumfahrt aus wirtschaftlicher Sicht nicht möglicherweise überbewertet wird, und werfen wir, zur Beurteilung der Situation, zunächst einmal einen Blick auf die „Situation damals“:

Vor 50 Jahren landeten Menschen auf dem Mond. Sie taten das in Raumfahrzeugen, mit Ausrüstungen und auf Planungsgrundlagen die wir im Vergleich mit heute zur Verfügung stehenden Möglichkeiten eher als grob gezimmert bezeichnen würden. Das verwendete Gerät hatte durchwegs Prototypen-Charakter. Von „Flight Heritage“ weit und breit keine Spur. Praktisch nichts vom Equipment war früher schon einmal eingesetzt worden. Wann auch? Vorläufermissionen mit diesem Gerät beschränkten sich auf jeweils ein bis zwei Einsätze unmittelbar vor dem bemannten Einsatz. Selbst die verliefen nicht immer erfolgreich und selbst die wurden häufig bemannt durchgeführt.

Die Astronauten wussten das und akzeptierten, dass die Möglichkeit, bei ihrer Mission umzukommen, bei etwa zehn Prozent lag. Tatsächlich war die Wahrscheinlichkeit, beim Flug zum Mond zu sterben, derart groß, dass Präsident Nixon bei Apollo 11 für diesen Fall schon mal praktischerweise im Voraus eine Rede für diesen Fall aufzeichnen ließ.

Dass die Astronauten das ohne mit der Wimper zu zucken akzeptierten, lag daran, dass es sich bei ihnen um Militärpiloten handelte, die damit rechnen mussten “on mission” zu sterben. Die meisten waren Teilnehmer des zweiten Weltkriegs gewesen oder zumindest in Korea geflogen. Fast alle arbeiteten vorher als Testpiloten in Edwards oder Pensacola. Durch die gesamten fünfziger Jahre kam in Edwards etwa ein Testpilot pro Monat ums Leben. Einer von jeweils etwa 30 oder 40 die zu einem beliebigen Zeitpunkt gleichzeitig dort arbeiteten. Wenn es ein schlechter Monat war, starben auch schon mal mehr.

Nur wenige Jahrzehnte zuvor nahm man auch in der kommerziellen Zivilfliegerei Ausfallraten in Kauf, die heute das blanke Entsetzen hervorrufen würden. Von den 791 Katapultflügen, die von deutschen Passagierschiffen aus in den Jahren 1927 bis 1939 durchgeführt wurden, endeten drei für die Besatzungen tödlich. Für den Preis, dass jeweils 10-15.000 Briefe, mit einem Zusatzporto von etwa 50 Pfennigen versehen, einige Stunden früher in New York, Rio de Janeiro oder Hamburg ankamen, als wenn man sie nur mit dem Schiff transportiert hätte. Und für den netten Stempel mit Sammlerwert.

Zurück zur Gegenwart und zu den harten Fakten.

Wenn wir nun also auch in Zukunft auf bemannte Raumfahrt setzen, und wollen, dass Menschen wieder zum Mond und weiter zum Mars fliegen, dann müssen wir uns über eines im Klaren sein: Es wird – vollständig unausweichlich – in der Zukunft, genauso wie es in der Vergangenheit war, zu Verlusten an Menschenleben kommen.

Mit welchem Betrag sollte man nun den Wert des Lebens eines Astronauten ansetzen? Die Zahl ist wichtig, denn sie definiert den finanziellen Aufwand für die Sicherheitsmaßnahmen, die man ihm bei der Vorbereitung und für die Flugdurchführung vernünftigerweise angedeihen lassen kann. Doch ganz gleich, wie groß auch die Summe ist, die wir in seine Sicherheit stecken, sie wird nie 100 Prozent erreichen. Somit sollten wir zwei Faktoren betrachten um den Mitteleinsatz für die Sicherheit zu definieren.

Der eine ist die Aufgabe, für den wir unseren Astronauten unter Vertrag genommen haben. Die “Mission”, wie wir das heute so gerne bezeichnen. Diese Mission wird komplex und schwierig sein, und schon deswegen teuer. Andernfalls bräuchten wir keine Menschen an Bord.

Der andere Faktor ist der finanzielle Wert des Astronauten.

Das Leben eines Astronauten ist wertvoll. Aber ist es wertvoller als Ihres oder meines?

Ich habe noch nicht herausgefunden, ob es in Europa oder in Deutschland eine statistische Erhebung gibt, wie hoch der durchschnittliche Preis für ein gerettetes Leben oder ganz allgemein für die Kosten aller sicherheitsrelevanter Maßnahmen ist, die der Staat in einen Menschen zu investieren bereit ist. Oder ab welchem finanziellen Aufwand man eine Rettung unterlässt. Wahrscheinlich existieren solche Zahlen zumindest für den militärischen Bereich.

Um die ungefähre Größenordnung zu bestimmen blicken wir deshalb in die USA. Dort hat John D. Graham, der heutige Dekan Indiana University School of Public and Environmental Affairs, ende der 90iger Jahre in seiner Zeit als Chef des “Harvard Center for Risk Analysis” eine solche Erhebung unternommen. Er fand heraus, dass die US-Regierung über die ganze Bandbreite möglicher Vorsorge- und aktiver Rettungsmaßnahmen, angefangen von der Gesundheitsvorsorge, über Schwimmkurse und Sicherheitsprogramme, Berg-, Luft- und Seerettungsmaßnahmen bei Katastropheneinsätzen und was immer es sonst noch gibt, pro gerettetem Leben bis zu drei Millionen Dollar ausgibt. Beträge darüber hinaus werden als nicht effektiv (und der übrigen Gesellschaft gegenüber als nicht vertretbar) angesehen. Rettungsmaßnahmen werden dann in der Regel unterlassen.

Für Astronauten könnten wir da ruhig etwas mehr ansetzen. Die Leute sind schließlich hoch trainiert und die Regierung hat, noch bevor sie ihren ersten Raumflug absolvieren, schon eine enorme Summe in sie investiert. Setzen wir hier also den zehnfachen Betrag an, also 30 Millionen Euro.

Ein interessantes Beispiel für Überlegungen dieser Art ist die letzte Hubble-Wartungsmission, die zunächst abgesagt wurde, dann aber doch im Mai 2009 stattfand.

Sean O’Keefe, im Jahre 2004 Administrator der NASA, stornierte die fünfte Mission zum Hubble-Space Telescope mit der Begründung, sie sei für die Crew zu riskant. Bei insgesamt vier vorausgehenden Missionen war man nicht dieser Meinung gewesen, aber dann kam die Columbia-Katastrophe, bei der die siebenköpfige Besatzung starb. Sean O‘Keefe gab damit Hubble, das den amerikanischen und europäischen Steuerzahler einschließlich des Wertes der bis dahin durchgeführten vier Wartungsflüge ungefähr acht Milliarden Euro gekostet hatte, dem Verfall und dem Absturz preis.

Aus wirtschaftlicher Sicht war O’Keefes Entscheidung, den Flug nicht durchzuführen vollständig irrational. Tatsächlich war sie wohl eher von persönlichen Motiven getrieben (nur ja keinen Fehler machen und sich nicht der öffentlichen Kritik aussetzen).

Wenn man die Wahrscheinlichkeit einer weiteren tödlich endenden Mission auf der dürftigen statistischen Basis von (zu dieser Zeit bei 107 Flügen) zwei tödlich verlaufenen Einsätzen bei rund zwei Prozent ansiedelt, den wirtschaftlichen Wert der Besatzung bei 210 Millionen Euro und den Wert des Orbiters bei drei Milliarden Euro, dann liegt der probabilistische Schaden bei rund 65 Millionen Euro.

Wäre die NASA ein kühl kalkulierendes wirtschaftliches Unternehmen, dann hätte sie an dieser Stelle  einfach eine Versicherung abgeschlossen, deren Preis etwa 100 Millionen Euro betragen hätte. Dies hätte, im Falle des Missionsverlustes, die Beschaffung eines neuen Orbiters und die Ausbildung neuer Astronauten abgedeckt.

Oder sie hätte es, im Sinne des „Missionszieles“ und der ungemein teuren wissenschaftlichen Anlage, um die es hier ja immerhin ging, auf Basis aller wirtschaftlich und technisch sinnvollen Sicherheitsmaßnahmen einfach riskiert. Genauso machte es O’Keefes Nachfolger Mike Griffin schließlich auch. Er erinnerte sich, im Gegensatz zu O’Keefe, an das Missionsziel und nicht an die “political correctness” und deswegen erfreut sich heute Hubble bester Gesundheit.

Die Zusatzinvestition übrigens, die Mike Griffin für die Sicherheit seiner Astronauten unternahm bestand darin, einen zweiten Orbiter startklar zu halten, und eine kleine Rettungscrew zu trainieren und eine zweite Startrampe betriebsbereit zu halten. Alles in allem dürfte diese “Selbstversicherung” in etwa 100 Millionen Dollar gekostet haben. Ein wunderbares Beispiel für die Produktion einer angemessenen, bezahlbaren Sicherheit im Gegensatz zur vollständigen Wertevernichtung wegen der nicht durchgeführten Mission.

Wem das jetzt alles zu frostig klingt, sollte eines bedenken: Nicht gerade tagtäglich, aber doch immer wieder akzeptieren wir es als ganz selbstverständlich, dass zur Rettung eines extrem wertvollen Gutes, zur Erfüllung einer extrem gefährlichen Aufgabe, zur Erreichung eines sehr hohen ideellen Zieles Menschen losgeschickt werden, die sich freiwillig für diese Aufgabe gemeldet haben, und deren Überlebenswahrscheinlichkeit nicht recht viel höher als 1:50 zu bewerten ist. Mehr noch: Bei vielen dieser „Missionen“ würden wir es sogar kritisieren, wenn wir es auf dieser Basis nicht zumindest versucht hätten.

Da sind die Leute von der Bergwacht, die sich in Sturm, Eis und Nebel in die Bergwand wagen um andere Menschen zu retten. Viele militärische Operationen laufen nach genau diesem Modell und selbst von vergleichbaren Situationen unserer privaten Umgebung liest man täglich in den Medien. Kein Grund also, gerade bei Raumfliegern solch ein Aufheben zu machen.

Nicht das Erreichen einer 99,999prozentigen Sicherheit des Astronauten darf das Ziel einer bemannten Mission sein. Unter solchen Bedingungen hätte in der gesamten Geschichte der Menschheit keine einzige Forschungsreise stattgefunden. Das Ziel muss die Mission selbst sein. Der Auftrag des Astronauten. Der Astronaut muss für sich eine relative, bezahlbare Sicherheit als angemessen akzeptieren (und wir können davon ausgehen, dass er das auch tut). Vor allem aber muss auch die Gesellschaft akzeptieren, dass der Astronaut das akzeptiert. Die relative Sicherheit muss sich an den Sicherheitsstandards anderer Berufsgruppen im Gefahrensektor messen.

Astronauten sind Mitglieder einer Berufsgruppe, die latent Gefahren ausgesetzt ist. Damit stehen sie aber keineswegs alleine da. Ähnlich gefährlich leben auch Berg-  Luft- und Seerettungskräfte, Testpiloten, humanitären Helfer oder Journalisten in Krisengebieten,  Vulkanologen, Industrietaucher, die Mitglieder von Sondereinsatzkommandos oder Sprengstoffexperten die Bomben entschärfen. Bei all diesen Berufsgruppen betrachten wir eine relative, bezahlbare, Sicherheit als vollständig ausreichend.

Wie bei Feuerwehrmännern,  Militärpiloten oder Höhlenforschern werden auch in Zukunft einige Astronauten bei der Ausübung ihres Berufes sterben. Das müssen sie aber akzeptieren. Andernfalls können sie auch zu Hause bleiben und niemand wird ihnen einen Vorwurf machen.

Vor allem aber, und das ist genauso wichtig, muß auch die Gesellschaft das Konzept der relativen Sicherheit akzeptieren.

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Ich bin Raumfahrt-Fan seit frühester Kindheit. Mein Schlüsselerlebnis ereignete sich 1963. Ich lag mit Masern im Bett. Und im Fernsehen kam eine Sendung über Scott Carpenters Mercury-Raumflug. Dazu der Kommentar von Wolf Mittler, dem Stammvater der TV-Raumfahrt-Berichterstattung. Heute bin ich im "Brotberuf" bei Airbus Safran Launchers in München im Bereich Träger- und Satellitenantriebe an einer Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Technik tätig. Daneben schreibe ich für Print- und Onlinemedien und vor allem für mein eigenes Portal, "Der Orion", das ich zusammen mit meinen Freundinnen Maria Pflug-Hofmayr und Monika Fischer betreibe. Ich trete in Rundfunk und Fernsehen auf, bin Verfasser und Mitherausgeber des seit 2003 erscheinenden Raumfahrt-Jahrbuches des Vereins zur Förderung der Raumfahrt (VFR). Aktuell erschien in diesen Tagen beim Motorbuch-Verlag "Interkontinentalraketen". Bei diesem Verlag sind in der Zwischenzeit insgesamt 16 Bücher von mir erschienen, drei davon werden inzwischen auch in den USA verlegt. Daneben halte ich etwa 15-20 mal im Jahr Vorträge bei den verschiedensten Institutionen im In- und Ausland. Mein Leitmotiv stammt von Antoine de Saint Exupery: Wenn du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Menschen zusammen, um Holz zu beschaffen, Werkzeuge zu verteilen und Arbeit zu vergeben, sondern lehre sie die Sehnsucht nach dem weiten unendlichen Meer. In diesem Sinne: Ad Astra

9 Kommentare

  1. Astronaut tot -> bemannte Raumfahrt tot

    Natürlich gibt es keine absolute Sicherheit und je mehr man vorsorgt, desto mehr potentielle Probleme findet man, was die Kosten immer mehr ansteigen lässt.

    Jeder Unfall ist aber ein Rückschlag. Das war nicht erst bei den tödlichen Shuttle-Flügen so, sondern auch in der Frühzeit, wo es allerdings auch viele Unfälle auf dem Boden gab (vor dem Start, bei Simulationen und Höhenflügen).
    Wie die Öffentlichkeit und die NASA oder andere Raumfahrtorganisationen auf Unfälle letzlich reagieren kann man nämlich nicht voraussagen. Auch wenn sie sich vorgenommen haben, Unfälle in Kauf zu nehmen, kann sich diese Absicht schnell ändern, wenn es einen gibt.

    Vom Sicherheitsstandpunkt hätte es ein Space-Shuttle gar nie geben dürfen, denn gegenüber einer konventionellen Rakete gibt es beim Space-Shuttle viele zusätzliche Risiken wie mögliche defekte Hitzekacheln. Dies ist ein Hinweis darauf worauf man bei der Planung einer Mission oder eines ganzen Missionsprogramms achten muss.

    Anstatt grossen Sicherheits-Aufwand in jedes denkbare Detail zu stecken ist es wohl besser, alle beteiligten Systeme schon nach Sicherheitsaspekten auszuwählen und auf konzeptionelle Einfachheit zu achten.

    Letztlich denke ich aber, dass es in 30 Jahren immer noch bemannte Flüge gibt, aber vor allem mit humanoiden Robotern bemannt und immer seltener mit Menschen.

  2. Letztlich denke ich aber, dass es in 30 Jahren immer noch bemannte Flüge gibt, aber vor allem mit humanoiden Robotern bemannt und immer seltener mit Menschen.

    Bekanntlich ist ja auch schon bei der bemannten Luftfahrt genau diese Entwicklung eingetreten.
    🙂

  3. Selbstbestimmung

    Die Hürde an der diese Idee der Kostenabwägung scheitern wird, ist die Tendenz zur Entmündigung des Individuums. Eines von vielen Beispielen ist das Rauchverbot in der Gastronomie. Den dort arbeitenden Menschen wurde abgesprochen in der Lage zu sein sich bewußt für oder gegen den Job zu entscheiden. Ähnliches gilt bei Drogen ohne Lobby oder beim selbstbestimmten Sterben.

    Aus dieser Grundhaltung, sich das Urteil herauszunehmen, was für andere gut oder schlecht ist, heraus wird die Risikobereitschaft anderer nicht akzeptiert werden, solange nicht gerade das eigene Haus abbrennt.

  4. Selbstbestimmung

    Da haben Sie einen der wichtigeren Aspekte dieser vielschichtigen Gemengelage angesprochen. Nämlich den, dass man heute durch die Gesellschaft in Form ihrer gewählten Vertreter und durch den Druck der Medien unmündig gemacht wird. Da brauchen wir noch nicht mal Sterbehilfe zu bemühen, sondern können gleich ein praktisches Beispiel aus der Raumfahrt verwenden.

    Gestern fanden nämlich die Kongress-Hearings zum US-Raumfahrtbudget des kommenden Jahres statt. Auch hier diskutierten die Abgeordneten die Sicherheitsstandards der bemannten Raumfahrt so weit an einer realitätsnahen Betrachtung vorbei (Essenz in etwa: In der kommerziellen Raumfahrt sind sie schlecht, in der Institutionellen dagegen gut), dass sich einige (Ex-) Astronauten, die jetzt in der kommerziellen Raumfahrt beschäftigt, und damit an einer realistischen Bewertung der “Gefahrenfrage” interessiert sind, einen offenen Brief an das Wissenschaftskommittee richteten: http://www.commercialspaceflight.org/archives/1644

    Immer häufiger sind nicht rationales Denken und gesunder Menschenverstand die Basis der Überlegungen, sondern das mögliche Empörungspotential. Ein fataler Trend, der sich immer mehr durch alle gesellschaftlichen Bereiche zieht.

  5. Man sollte aber auch den Imageschaden in die Rechnung einfliessen lassen, der entsteht, wenn Menschen ums Leben kommen oder Missionen scheitern. Jüngstes Beispiel ist da die Russische Raumfahrt. Vielen Steuerzahlern sind die Raumfahrtskosten ohnehin schon ein Dorn im Auge. Wenn nun in den Medien auch noch ein Unfall breitgetreten wird, dann werden diese kritischen Stimmen lauter. Und dies könnte dann zukünftige Missionen noch stärker bremsen als es der Sicherheitsgedanke tut.
    Nichtsdestotrotz würde ich persönlich die Sicherheitsfrage auch weit hinten anstellen. Schliesslich gäbe es genügend Astronauten, welche sicher sogar auf eine One-Way-Mission zum Mars einlassen würden.

  6. @positron

    Genau dieser “gefühlte” und nicht bewertbare Image-Schaden ist es, der bemannte Raumfahrt so wahnsinnig teuer macht. Kaum ein Verantwortlicher hat heutzutage mehr den Mumm (Mike Griffin in meinem Beispiel ausgenommen) sich diesem wolkigen Gebilde zu widersetzen und die Sache einfach nüchtern zu betrachten und rational zu behandeln.

    Ich weiß, das ist nicht leicht, in einer Zeit in der alles öffentlich ist. Ein “Imageschaden” ist gleichbedeutend mit gesellschaftlicher Ächtung. Gesellschaftliche Ächtung in Form von öffentlicher Empörung erfährt, wer nicht im breiten Strom mitschwimmt. Der wird nicht mehr geliebt von der Öffentlichkeit und der Presse und dem will sich keiner aussetzen.

    Genau in die Richtung, sich eben dieser überhand nehmenden Haltung zu widersetzen, geht jedoch mein Denkanstoß.

    Selbstverständlich darf es aber sein, dass man die Sache hinterfragt und prüft, wenn es zu einem Unfall durch ein bestimmtes Produkt kommt, oder weil man eine Sache übersehen hat. Rationales Verhalten bedeutet hier: Den Fehler finden, seine Ursache erkennen, ihn abstellen und es dann erneut versuchen. Heute jedoch geht der Trend dahin, sich darüber zu empören, danach kollektiv aufzuschreien, dann alles hinzuwerfen und schließlich für immer zu verbieten.

    Genauso wenig, wie es ein Imageschaden für die Bergsteigerei an sich ist, wenn ein Kletterer wegen eines schlecht gefertigten Karabiners abstürzt, darf dann auch nicht wegen eines wie immer gearteten technischen Schadens jedes Mal die bemannte Raumfahrt an sich in Frage gestellt werden.

  7. Kleine Kritik

    Ein schöner und notwendiger Artikel. Nüchtern zu kalkulieren ist die einzig valide Form, sich der Frage “was kostet uns die Raumfahrt” zu nähern. Schaut man in den (Gesamt-)europäischen Haushalt lassen sich so auch schnell die 400 Mio. Euro im Jahr ins Verhältnis setzen. Kritisch bleiben ist dabei natürlich weiter erlaubt.

    Eugen, wo wir es in Deidesheim gerade von Artikellängen hatten: Ich finde den hier etwas langatmig in der ersten Hälfte. Er hätte für meinen Geschmack schneller auf das Thema abheben können und weniger inhaltliche Seitenäste haben können.

    Just bei 2ct. 😉

  8. @pikarl – Kleine Kritik

    Da siehst Du’s. Selbst ich hatte Probleme mich diesem Thema ohne Umschweife zu nähern. Aber ich denke, auf dem Weg dahin gab’s dafür ein paar ganz interessante Informationen.

  9. Sicherheit

    Jawohl, man kann, darf und sollte über das Thema ruhig mal reden. Und vlt. sogar öfter…
    Insbesondere im Vergleich mit unserem pseudonormalen Alltag…

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