Neuer GPS Satellit und Radarsat 2

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Am 20. Dezember brachte eine Trägerrakete des Typs Delta 2 einen weiteren Satelliten der amerikanischen Navigationssatellitenkonstellation "Navstar" – besser bekannt unter dem Kürzel GPS – in den Orbit.

In Europas Öffentlichkeit herrscht weithin die Ansicht, dass dieses System de US-Luftwaffe das derzeit weltweit einzige Satellitennavigationssystem ist, und die Konstellation, mit dem das seit vielen Jahren in Planung befindliche europäische System Galileo eines Tages konkurrieren wird. Von den europäischen Medien wird dabei die Tatsache häufig unter den Tisch gekehrt, dass Europa keine Chance haben wird, einen ehrenvollen zweiten Platz in dieser technischen Disziplin zu behaupten, sondern – wenn überhaupt – dereinst Position 4 belegen wird. Auch die technischen Alleinstellungsmerkmale, mit denen sich die europäischen Planer, wenn sie denn schon zu spät kommen, wenigstens noch einen gewissen Marktvorteil erhoffen, werden bei der Konkurrenz teilweise schon heute eingesetzt.

Neben dem Navstar-System ist seit einem Vierteljahrhundert auch eine russisches (vormals sowjetische) Konstellation mit der Bezeichnung GLONASS in Betrieb. Das System umfasst derzeit allerdings nur 15 Satelliten, da viele der Einheiten nach dem Zerfall der Sowjetzeit erst jetzt wieder durch neue Fluggeräte ersetzt werden. Das System wird jedoch seit einiger Zeit wieder mit großer Energie erneuert und die Starts zur Vervollständigung und Erneuerung der Konstellation erfolgen in kurzen Abständen. Bereits im kommenden Jahr wird der Betriebsstand der Sowjetära wieder erreicht sein, und dies mit langlebigeren und leistungsfähigeren Satelliten.

Das andere derzeit in Aufbau befindliche Navigationssatellitensystem heißt Compass, stammt aus China und ist bereits mit den ersten fünf Satelliten bestückt. Ein indisches System mit Namen IRNSS befindet sich in einem fortgeschrittenen Planungsstadium.

"Aufbau" ist es denn auch nicht, was die USA betreiben, sondern reine Konstellationspflege. Der an diesem Donnerstagnachmittag in Cap Canaveral von der Startrampe 17A des Delta 2-Komplexes gestartete 2,2 Tonnen schwere Satellit mit der Bezeichnung GPS 2R-18 ersetzt in Slot 1 der Orbitebene C den Satelliten GPS 2A-24. Dieser wiederum wird, in derselben Ebene, GPS 2A-20 ersetzen, der im Mai 1993 gestartet war, und seine ursprünglich veranschlagte technische Lebensdauer von sieben Jahren schon um mehr als das doppelte überschritten hat. GPS 2A-20 geht nach der Ankunft von GPS 2R(M)-18 als Reservesatellit der C-Bahnebene in "standby".

Für das Delta-Trägerraketenprogramm war das Jahr 2007 ungemein produktiv. Nicht weniger als neun Raketen dieser Trägerfamilie starteten heuer, allesamt erfolgreich.

Das 2007er-Finale für diese von Boeing betriebene Trägerfamilie begann um 21:04 Uhr mitteleuropäischer Zeit (15:04 Uhr ostamerikanischer Ortszeit), als zunächst das Haupttriebwerke der Delta 7925-9.5 und wenige Sekunden später sechs der neun Feststoffbooster zündeten und die Rakete mit der für diesen Typ üblichen fulminanten Spurt-Start  in den leicht bewölkten Himmel über Cap Canaveral stieg. Spotter am Port Canaveral Pier, in Titusville und an den Stränden von Cocoa Beach und Merrit Island konnten den Start verfolgen. Auch die Trennung des ersten Boostersatzes und die Zündung der drei verbliebenen Booster sechzig Sekunden nach dem Liftoff war von diesen Beobachtungspositionen klar erkennbar.

Die Rakete neigte sich schnell in eine leicht nordöstliche Flugbahn.  10 Minuten und 56 Sekunden nach dem Abheben war nach dem ersten Brennschluss der zweiten Stufe eine Übergangsbahn mit einem Perigäum von 150 Kilometern, einem Apogäum von 170 Kilometern und einer Inklination von 37,5 Grad zum Äquator erreicht. 62 Minuten und 35 Sekunden nach dem Abheben zündete die zweite Stufe erneut für etwas mehr als 40 Sekunden.

64 Minuten und 20 Sekunden nach dem Liftoff trennte sich die zweite Stufe von dem mit der dritten Stufe verbundenen Satelliten. Die Zündung des Star 48B Feststoffmotors erfolgte 64 Minuten und 50 Sekunden nach dem Verlassen der Startrampe. Zum Zeitpunkt T+66 Minuten und 27 Sekunden war die Brennperiode der Drittstufe beendet, und 68 Minuten und 17 Sekunden nach dem Abheben gab der verbliebene Rest der Delta 2 den Satelliten schließlich frei.

Danach war ein stark elliptischer Orbit mit einem höchsten Punkt von 17.000 Kilometern und einem niedrigsten Bahnpunkt von 170 Kilometern erreicht. Die Bahnneigung zum Äquator war auf 40 Grad angehoben.

Die restliche Anpassung, nämlich die Zirkularisierung der Bahn in 17.000 Kilometern Flughöhe und das Einsteuern in die GPS-Bahnebene C, die bei 55 Grad Inklination liegt erfolgt in einigen Tagen mit dem bordeigenen Antrieb des Satelliten.

Das amerikanische GPS-System befindet sich in einem permanenten Erneuerungsprozess. Der heute gestartete GPS 2R-18 beispielsweise ist der fünfte in einer Serie von acht Satelliten mit verbesserten technischen Systemen, auch als "M-Serie" bezeichnet. Sie werden von Lockheed Martin gebaut und stellen eine Zwischengeneration zu einer völlig neuen Serie von GPS-Satelliten mit der Bezeichnung GPS 2F dar, deren erste Einheit im kommenden Jahr in den Orbit gehen soll. Doch schon ist die übernächste Verbesserung in Sicht, die mit den GPS Block 3 Satelliten kommen wird.

Die GPS 2R-Serie ihrerseits löste im Jahre 1997 die Vorgängerserie GPS 2 und 2A ab.

Gegenwärtig besteht die GPS-Konstellation aus 16 Satelliten der Block 2A-Serie, die von Boeing gebaut worden waren, 12 Einheiten der Block 2R-Klasse und nach dem heutigen Start fünf Raumfahrzeugen der Block 2R-M-Serie, allesamt von Lockheed Martin. Drei dieses letzteren Typs sind noch auf dem Boden und werden jetzt im Abstand von wenigen Monaten gestartet. Der nächste Flug, mit GPS 2R-19(M) ist für März geplant.

Der Start am 20. Dezember war der 79. erfolgreiche Delta 2 Start in ununterbrochener Folge. Von den insgesamt 134 Starts dieser Variante der Delta gelangen 132. Ihr Debut hatte dieser Typ im Jahre 1989.

Einige Tage zuvor war von Baikonur aus der kanadische Erdbeobachtungssatellit Radarsat 2 gestartet worden. Einen Bericht zu dieser Mission finden Sie hier

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Ich bin Raumfahrt-Fan seit frühester Kindheit. Mein Schlüsselerlebnis ereignete sich 1963. Ich lag mit Masern im Bett. Und im Fernsehen kam eine Sendung über Scott Carpenters Mercury-Raumflug. Dazu der Kommentar von Wolf Mittler, dem Stammvater der TV-Raumfahrt-Berichterstattung. Heute bin ich im "Brotberuf" bei Airbus Safran Launchers in München im Bereich Träger- und Satellitenantriebe an einer Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Technik tätig. Daneben schreibe ich für Print- und Onlinemedien und vor allem für mein eigenes Portal, "Der Orion", das ich zusammen mit meinen Freundinnen Maria Pflug-Hofmayr und Monika Fischer betreibe. Ich trete in Rundfunk und Fernsehen auf, bin Verfasser und Mitherausgeber des seit 2003 erscheinenden Raumfahrt-Jahrbuches des Vereins zur Förderung der Raumfahrt (VFR). Aktuell erschien in diesen Tagen beim Motorbuch-Verlag "Interkontinentalraketen". Bei diesem Verlag sind in der Zwischenzeit insgesamt 16 Bücher von mir erschienen, drei davon werden inzwischen auch in den USA verlegt. Daneben halte ich etwa 15-20 mal im Jahr Vorträge bei den verschiedensten Institutionen im In- und Ausland. Mein Leitmotiv stammt von Antoine de Saint Exupery: Wenn du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Menschen zusammen, um Holz zu beschaffen, Werkzeuge zu verteilen und Arbeit zu vergeben, sondern lehre sie die Sehnsucht nach dem weiten unendlichen Meer. In diesem Sinne: Ad Astra

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