Assyrischer Palast in Aschdod entdeckt

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Archäologische Spatenstiche

Erika Gitt

2003/2004 fand man in Ashdod beim Bau einer Zugverbindung zwischen Aschdod und Ashkelon Überreste eines neuassyrischen Palastes, den die Ausgräberinnen Elena Khogan Zahavi und Perchia Nahshoni ins späte achte Jahrhundert v. Chr. datieren.

Zuerst aber ein wenig Hintergrundwissen:

Tel Aschdod liegt 6 km südlich der modernen Stadt Aschdod. Wegen der günstigen Lage an der Küste und dem eigenen Hafen, war Aschdod immer eine wichtige Stadt, vor allem da sie auf der Seeroute nach Ägypten nicht unwichtig war.

Zum ersten Mal wird die Stadt und ihre Bewohner in Texten der Spät-Bronze-Zeit II aus Ugarit erwähnt. Nach diesen Texten schien Aschdod vor allem ein Textilzentrum gewesen zu sein, von wo vor allem über dem Seeweg Purpurware gehandelt wurde. Neben Aschdod werden des Weiteren die kanaanitischen Städte Acco und Aschkelon erwähnt.

Aschdod war fast immer eine nicht-israelitische Stadt und war eine der fünf Städte, die nach Josua 11, 22 und 13,3 von den Philistern regiert wurden. Die Bundeslade Israels wurde in den in Aschdod befindlichen Tempel des Gottes Dagon für einige Zeit aufgebahrt (1. Sam 5). Nach 1. Sam 26,6 ließ König Usija die Mauern von Aschdod niederreißen und neue Städte im Gebiet um Aschdod bauen.

Sargon II führt die Expansionspolitik seines Vorgängers Tiglatpileser III. weiter und schließt die bis dahin bestehenden territorialen Lücken zwischen dem Westen und Assyrien. Bis auf Karkemisch und einem schmalen Küstenstreifen gehörten nun ganz Westsyrien und Teile Nordpalästinas zu Assyrien. In diesem Feldzug um 721 v. Chr. herum wurde auch Aschdod eingenommen und ein assurfreundlicher Statthalter mit Namen Achimti eingesetzt. Zehn Jahre später wurde Sargon II wieder gezwungen nach Aschdod zu marschieren aufgrund der beunruhigenden Umstände, dass Achimti im Rahmen interner Unruhen abgesetzt wurde und man einen assurfeindlichen Herrscher einsetzte, der versuchte Ägypten für sich zu gewinnen und bisher neutrale Staaten wie Moab und Edom, was allerdings misslang. Von den herannahenden Truppen eingeschüchtert, ließ der Machthaber Aschdods seine Familie zurück und floh nach Südägypten. Der Herrscher dieser Region gewährte ihm allerdings kein Asyl, sondern lieferte ihn an Sargon aus. Damit zeigte er Sargon, dass er die bereits bestehende Entspannung zwischen Ägypten und Assyrien weiterführen wollte und überließ Sargon damit im Prinzip Palästina. Sargon namm daraufhin Aschdod, Gimtu und Asdudinnu ein und leitete weitreichende Reorganisationen ein. Er beseitigte die Herrscherfamilie und siedelte assyrische Bevölkerung an. Er erklärte die Bevölkerung zu Assyrern und setzte einen hohen assyrischen Beamten über sie ein, so dass Aschdod so im Prinzip Assur direkt unterstand. Aus den Annalen der folgenden Jahre lässt sich nicht geanu sagen, ob die Beziehung zu Assyrien einseitig oder beidseitige war.

Fakt ist, dass Aschdod zu dieser Zeit politisch ein wichtge Rolle spielte und den ägyptischen Herrscher aufgrund der assyrischen Präsenz zu einer Deeskalationspolitik zwang.

Aufgrund dieser Erkenntnis war man einigermaßen überrascht, dass man bei den Grabungen unter Moshe Dothan in den 60ern und 70ern keine assyrische Architektur fand, allerdings fand man zu diesem Zeitpunkt drei kleine Fragmente einer Siegesstele Sargons II in Keilschrift geschrieben.

Der bis jetzt noch sehr schlecht ausgegrabene Palast misst 2,5 Morgen. Bis jetzt wurden 4 Areale ausgegraben, die nach Frau Kogan-Zahavi einen typisch assyrischen Architekturstil offenbaren. Er scheint einstöckig gewesen zu sein und auf einer Stufe von 6 bis 10 Fuß gestanden zu haben. Diese Terrasse bestand aus ungebrannten Ziegeln wie sie typisch für Mesopotamien sind. Aus demselben Material, unklar ob gebrannt oder nicht, waren auch die Wände des Palastes, zum Teil bis zu 3 m dick.

Der wohl interessanteste Fund waren drei Becken in zwei fast völlig ausgepflasterten Räumen. Wahrscheinlich wird es sich hier um Badezimmer gehandelt haben, allerdings muss man auch im Hinterkopf behalten, dass eben solche Becken in Assyrien auch für Bestattungen verwendet wurden. Bestattungen mit ähnlichen Becken finden wir auch in Megiddo, Hazor u.a. Außerdem scheinen Becken solcher Art auch für rituelle Zwecke von Philistern genutzt worden zu sein, die man auch in Aschdod und Aschkelon fand. Keine der Theorien erlauben eine sichere Aussage, da die Becken nicht am Originalstandort gefunden wurden. Neben dem Bad befand sich ein Raum, der mit Orthostaten oder ähnlichem verkleidet war und man so vermuten könnte, dass es der Thronsaal sein könnte. Auch das Bad wäre neben dem Thronsaal nichts ungewöhnliches, da an assyrische Thronsäle dieser Zeit durchaus ein Bad angeschlossen war, von dem man aber bis jetzt nicht genau weiß wozu es wirklich diente.

Kogon-Zahavi glaubt, dass sich hier die Verwaltungshauptstadt des unterworfenen Philisterreichs und der westlichen Territorien befunden hat.

Mehr lässt sich zu diesem Zeitpunkt leider nicht sagen, da einfach noch zu wenig ergraben worden ist und bis jetzt nichts veröffentlicht wurde.

Als Fazit lässt sich nur sagen, dass viele Tatsachen dafür sprechen, dass es sich hier wirklich um einen neuassyrischen Palast gehandelt hat, inwieweit er wirklich den assyrischen Normen entspricht, lässt sich noch nicht sagen.

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Erika Gitt studierte an der Westfälischen Wilhelms Universität Münster in den Fächern: Vorderasiatische Altertumskunde, Koptologie und Früchchristliche Archäologie und promoviert derzeit in Münster im Fachbereich Vorderasiatische Altertumskunde mit dem Thema "Neuassyrische Palastware und deren Imitate in der Levante während der Pax Assyriaca". Seit 2007 ist sie Mitglied der AG für Biblische Archäologie. Erika Gitt hatte bereits in der Kindheit großes Interesse an vorderasiatischer Geschichte und Kultur, speziell für die Levante.

1 Kommentar

  1. Vergrabene Schätze

    Hallo Erika,

    obwohl ich ja eher nicht so der Geschichtstyp bin und dementsprechend ein bisschen überfordert war mit den historischen Anforderungen, hat mich dieser Artikel unglaublicherweise dennoch angesprochen.

    Insbesondere dieses Interesse an der Vergangenheit der Menschheit und deren Kulturen empfinde ich als besonders reizvoll. Wer stand vor 1.000 Tausend Jahren an der Stelle, an der ich jetzt, in diesem Moment stehe? Und wie? Man könnte sich förmlich verbunden fühlen.

    Und die Vorstellung, dass unter uns, tief in der Erde, Schätze schlummern, die für uns einen unermesslichen Wert besitzen, ist unfassbar.

    Schön, dass es diese Menschen gibt, die dort graben, wo das Schöne des Menschen vergraben liegt, auf dass nicht vergessen werde, was die Erinnerung wert ist.

    In diesem Sinne lege ich mich nun, nach der letzten beinahe schlaflosen Nacht, auf mein Bett, vergrabe mich unter der Decke und träume von den Schätzen, die zu entdecken sind. =)

    Gute Nacht. xD

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