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BLOG: Anatomisches Allerlei

Kopflose Fußnoten von Helmut Wicht
Anatomisches Allerlei

Das elegtronicsche Zeitalter ist ja shcon wegen der Audokorrekturfunxionen von heufigen Rechtschreibfelhern udn Typos ein brillianter Fortschritt. Mann kan das gut überprüfen, wenn mann sihc bei Wiki diese Standart-Liste von dilletantishcen udn inaktzeptablen Fehlern und Typos ansieht: 

Liste häufiger Rechtschreibfehler im Deutschen

und diese Begriffe dann probeweise beim "Ngram-Viewer" eingibt. Aus dem Stehgreif zum Beispiel (Bild anklicken für große Version):

Auch der "Standart" funktioniert prächtig und "hälst" hält sich auch wacker – ach, was sag ich: sie legen alle zu! Und da sag’ noch einer, dass uns die Maschinen, die Elektronengehirne, die Autokorrekturprogramme versklaven. Alles Unfug! Wir bauen mehr Mist als vorher, aus freien Stücken ignorieren wir die Hinweise der Rechtschreibprüfung!

Kann man daraus ein Argument für das Primat des falschen Bewusstseins über die Maschine stricken? Oder für die Willensfreiheit?

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Veröffentlicht von

Gedankenfragmente von Helmut Wicht, Dozent an der Frankfurter Universität, über Neurobiologie, Anatomie, Philosophie, Gott und die Welt. Seine eigentliche Expertise bezieht sich auf die (Human-)anatomie und die vergleichende Anatomie des Nervensystems.

12 Kommentare

  1. Quantität siegt über Qualität

    Beim Blogkommentarschreiben verwende ich keine Autokorrektur und kein Rechtschreibprogramm, weil sich das nicht lohnt. Doch es erstaunt tatsächlich, wenn Typos es bis in ein Buch schaffen. Für mich gibt es nur eine Folgerung: Quantität siegt über Qualität. Leider gilt das nicht nur für die Rechtschreibung sondern auch für den Inhalt.

    Uebrigens: auch die Benutzung von Korrekturprogrammen schafft Arbeit, vor allem weil es kaum sehr gute Korrekturprogramme gibt.

  2. Findick jut

    Hallo Helmut,
    Ick wünsche ein jutet Jahr und plädiere für Willensfreiheit in der Sprache, da ist jeder user ein Künstler und schafft einmalige, sinnhaltige Werke, und dazu braucht er künstlerische Freiheit, und sei es auch nur als Illusion.
    Aus Deinem Text kann man beim Lesen erkennen, wie unser Verstand die Fehler sofort ausgleicht, so daß wir den Sinn der Worte trotz Fehler blitzschnell verstehen.
    Das macht uns kein Computer nach, und wenn wir das Stammeln von Kindern oder Schnapsbrüdern verstehen, oder bayrischen Dialekt usw, dann zeigt sich darin das wunderbare Rätsel unserer Sprache, die sone Fäler verzeiht.
    In diesem Sinn
    S.R.

  3. Korrektur @Steffen Rehm

    “Das macht uns kein Computer nach, und wenn wir das Stammeln von Kindern oder Schnapsbrüdern verstehen, oder bayrischen Dialekt usw, dann zeigt sich darin das wunderbare Rätsel unserer Sprache, die sone Fäler verzeiht.”

    Kinder oder Schnapsbrüder können stammeln wie sie wollen, aber für Bairisch gibt es Regeln. Es heißt nicht “bayrischen Dialekt”, sondern “bairischen Dialekt”. Die Schreibweise mit “y” bezieht sich auf das Land, “i” auf die Sprache.

  4. Weitergespielt…

    …und mal spasseshalber “Vorraus” und “vorraus” (wie falsch für “vielen Dank im voraus”) eingegeben. Die Fehlerquote verzehnfacht sich in den letzten 10-20 Jahren. Wohlgemerkt: im Korpus “Bücher”, nicht allgemeines Geschreibe.

    Das sind natürlich alles nur punktuelle Befunde. Aber jetzt würde mich doch _wirklich_ mal interessieren, warum – angesichts der ubiquitären Verwendung von Textverarbeitungsprogrammen – die Fehlerquote in die Höhe geht.

    Sparen die Verlage am Lektorat?

  5. oder für Fehlerhaftigkeit

    Wenn der obige Text trotz vieler ´neuer´ Wörter mit einem sinnvollen Inhalt verständlich wird – ist dies das Ergebnis der Fehlerhaftigkeit unseres Gehirns. Aus völlig sinnlosen Worten wird durch Muster-/Zusammenhang-Vergleich der Inhalt verändert und eine sinnvolle Bedeutung durch das Gehirn erzeugt.
    Das ist doch ein guter Start ins neue Jahr: ganz egal, wie die Realität ist – unser Gehirn macht was sinnvolles daraus.

  6. @ Helmut: SMS-Sprache

    Was käme dann wohl erst bei einer Analyse von SMS-Kurznachrichten oder Twittertexten heraus? Darin werden die Sprachregeln auf den Kopf gestellt. Nur eine Frage der Zeit, bis die Dudenredaktion darauf eingeht.

    Als jemand, der in Hessen aufgewachsen ist — auch wenn die Wiesbadener denken, sie würden reines Hochdeutsch sprechen und sich bei ons uff de Schuul niemand gedraud hadd Hessisch te babbele –, ist der Unterschied zwischen harten und weichen Konsonanten (man denke an den “Standart”) für mich schwieriger. Von “sch” und “ch” ganz zu schweigen.

    Ja, es gibt Korekkturprogramme; aber schau dir nicht nur den Graphen an, sondern auch die Einheit an der Ordinatenachse: Wir befinden uns nicht mal im Promillebereich und von so vielen Nullen wird mir schwindelig. Korrekturprogramme neigen ferner dazu, auch Korrektes für Korrekturwürdig zu halten und damit so manches Wort zu verkorrigieren.

    Denkt man jetzt über Low-Budget-Produktionen nach und an die menschliche Fehlerbarkeit, dann finde ich es weder überraschend noch alarmierend, dass es zu diesen Fehlern kommt.

    Ein Gegenbeispiel scheint übrigens “einzigste” zu sein, ein von mir ab und zu selbst gemachter Fehler (der sich übrigens ganz entsprechend im Niederländischen “enige” -> “enigste” wiederholt): Zwischen 1920 und 1940 gab es hier eine Verdopplung; diese Sprachnazis! Und nach der Befreiung Deutschlands ist der Fehler wieder auf 0,00001% gesunken.

  7. @ Schleim

    ..ja, da hast Du recht: die Fehler sind nicht nur im Promille, sondern im promillionstel (“ppm”)-Bereich.

    Zur weiteren Ehrenrettung der Autoren: Ich hab’ mir das “vorraus”/”Vorraus” auch in den Textzusammenhängen angesehen (das geht nämlich _doch_!)und habe den Fehler meist nur _ein_mal in einem Buch gefunden. Für “Standart” und “Stehgreif” gilt dasselbe – die tauchen in meiner Stichprobe max. ein- bis dreimal pro Buch auf.

    Aber is’ ja auch wurscht. Ich wollte hier keineswegs einen auf Kulturpessimismus machen, indem ich die orthographische (-fische?) Kompetenz der Bücherschreiber anzweifle. Ich kann ja selber die ss/ß-Regeln nicht. Zumindest nicht, wenn ich gerade den literarischen Pegasus reite und ich meine Füsse (-ße?) in Stegreif seines Sattels stemme, derweil er mich in wildem Galopp …(blafasel)

  8. @ Helmut: ss/ß-Regeln

    Ich kann ja selber die ss/ß-Regeln nicht.

    Selber oder selbst? 😉

    Die neuen Rechtschreibregeln wollten sie mir damals kurz vor dem Abitur noch eintrichtern; abgesehen von dem Wirrwar unverstandener Regeln, stellt der neue Umgang zum scharfen S/Doppel-S (hoffentlich denkt hier keiner, wir hätten es schon wieder mit den Nazis) tatsächlich mal eine systematische Verbesserung (meines Wissens ohne Ausnahmen! außer vielleicht bei Namen) dar.

    Nach einem kurzen Vokal (wie in dass, Fass, Fluss) folgt ein Doppel-S, nach einem langen (Maß, saß, Spaß) ein scharfes.

    So weit mein Beitrag zur Vermeidung von Fehlern im Promillionstelbereich deiner zukünftigen Bücher; und finde ich darin doch einen, dann benutze ich sie alternativ zur Stabilisierung wackelnder Tische. Basta!

  9. Dreckfuhler und echte Stolpersteine

    Normale Druckfehler/Tippfehler machen mir nichts aus. Die passieren doch immer – früher waren es Setzfehler; da konnten in Zeitungen sogar mal Zeilen vertauscht sein. Heute wohl Computerfehler…
    Aber was mich echt stört, das ist, dass viele Leute ungeniert das Das und das Dass verwechseln. Man spreche es ja gleich aus. Der ganze Satz kommt so durcheinander. Konstruiere ich mal ein zugespitztes Beispiel:
    Das dass Kind, dass das Wasser nicht kannte, und das nicht wusste, das dass Ufer zu abschüssig ist, dass war Ursache für das Unglück.

  10. @ Aichele das- daß

    Ich selbst hab’ gemeinhin kein Problem damit, die Konjunktion und das Pronomen/den Artikel _orthographisch_ auseinander zu halten.

    Wenn ich mir selbst aber beim Reden zuhöre, bemerke ich, dass – sorry, Stephan, ich bleib’ bei der Orthographie für Minderbemittelte – bemerke ich, dass ich “das” und “dass” fast identisch intoniere, wenn ich nicht gerade in allerhöchster Hochsprache langsam deklamiere. Ich verkürze in der Alltagsrede – die noch nicht Dialekt ist – das “a” des “das” und schärfe sein “s”, so dass es fast wie “dass” klingt. _Phonetisch_ werden die zwei sich also zumindest in meinem Munde immer ähnlicher.

    Haben die Angelsachsen mit “that” und “that” nicht eine ähnliche Angleichung eines Pronomens und einer Konjunktion auch orthographisch schon hinter sich? Oder kommen die Worte gar von vorneherein aus einem Stamm?

  11. absichtlich falsch

    Hallo Helmut,

    frohes neues Jahr noch, und gut zu wissen daß Du diesen Wissensblog weiterführst.

    Was bisher vielleicht noch nicht bedacht wurde ist die Masse derer – zu denen ich mich auch zähle – die einfach den Dingen wie der völlig schwachsinnigen Rechtschreibreform überdrüssig sind, einfach wie gewohnt und wie bisher und deswegen sogar bewußt falsch schreiben – und die vorgeschlagenen “Korrekturen” zum Deibel wünschen.

    Wenn ich zum Beispiel sehe, daß aus “Potential” auf einmal “Potenzial” gemacht werden soll oder mir die unglaublich dummen Übersetzungsversuche mancher Worte aus englisch- oder gar französischsprachigen Gegenden ansehe, wird mir regelmäßig übel.

    Früher war ich mal einer der Besten in der Klasse, heute kann mich dieses ganze Gesocks welches meint immer gleich für uns Alle entscheiden zu müssen am liebsten kreuzweise.

    Sorry for the rant.

    Und Gruß,
    Wolfgang

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